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BaurechtBarrierefrei: So geht’s

Um (mehr) Barrierefreiheit zu bieten, müssen Hausärztinnen und Hausärzte ihre Praxis nicht komplett umbauen. An manchen Stellen können auch kleine Maßnahmen Hürden senken. Ein Besuch in einer Vorbild-Praxis – mit Tipps zu den fünf wichtigsten Bereichen für mehr Barrierefreiheit.

Erst taktile und akustische Hinweise machen einen rollstuhlgerechten Aufzug barrierefrei.

Dr. Christian Brodbeck und Dr. Christoph Scharpf hatten Glück. Als die beiden Fachärzte für Allgemeinmedizin 2018 in die Praxis von Dr. Christoph Kommerell einstiegen, plante dieser gerade neue Praxisräume.

Denn die alten waren wie aus der Zeit gefallen – zumindest mit Blick auf die Barrierefreiheit: Das Haus, in dem die Praxis seit mehr als 30 Jahren beheimatet war, stammt aus den späten 1970-er Jahren. Die Praxis selbst lag im ersten Stock und war nur über eine schmale Steintreppe zu erreichen. “Unüberwindbar für Rollstühle, Rollatoren oder den Krankentransport via Liege”, wie sich Dr. Christoph Scharpf erinnert.

Doch die alte Praxis ist bei weitem kein Einzelfall: Noch heute finden sich bundesweit Praxen, für die bei der Umsetzung der Barrierefreiheit aus verschiedenen Gründen noch Luft nach oben ist. “Es fehlt an vielem”, sagt Daniel Mudroh, der mit Kommerell die neuen Praxisräume geplant hat.

Wissen um Baurecht-Standards

Der Geschäftsführer der Palm KG mit Sitz in Schorndorf bei Stuttgart ist der Praxisvermieter und weiß, welche baurechtlichen Standards hinsichtlich Barrierefreiheit gelten. Heute, fünf Jahre nach dem Umzug, ist die Hausarztpraxis Hegnach – einem Ortsteil von Waiblingen in Württemberg – ein gelungenes Beispiel, wenn es um die wörtliche Niederschwelligkeit geht.

Insofern hatten die beiden Nachfolger Glück, als sie die Praxis vor drei Jahren komplett übernahmen. “Das Highlight ist unser Flur”, findet Scharpf. Er lässt mit einer Breite von 2,50 Meter genügend Platz, damit notfalls zwei Rollstühle aneinander vorbeifahren können. “Aber auch darüber hinaus sind die Räume durchdacht”, findet Bautechniker Mudroh.

Beispiel WC: Das liegt nur wenige Schritt vom Eingang entfernt und ist damit sofort für Ankommende begeh- und befahrbar.

In Zukunft elektrische Türen?

Aber auch schon vor dem Eintritt in die Praxis haben die Planer auf die Bedürfnisse älterer und Menschen mit und ohne Behinderung geachtet. So liegt der Behindertenparkplatz ebenerdig direkt neben dem Hauseingang. Alle Türen sind mindestens 90 Zentimeter breit und werden damit Rollstuhlfahrern gerecht.

Die Praxis ist im Erdgeschoss und ohne Stufe vom Gehweg vor dem Haus erreichbar. Scharpf merkt aber an, dass eine elektronische Türöffnung den Zugang noch mehr erleichtern würde.

Gleiches gilt für den Eingangsbereich der Praxis. Der ist zwar wie der Flur im Treppenhaus und die insgesamt 130 qm große Praxis gut ausgeleuchtet, allerdings etwas eng. “Ein, zwei Quadratmeter mehr Fläche an der Rezeption wären unter dem Aspekt Barrierefreiheit sicher hilfreich”, sagt Scharpf.

Gleiches gilt laut den beiden Hausärzten für die Zimmer. Diese hätten mit knapp 12 qm einen Hauch größer ausfallen dürfen, damit sie und die fünf medizinischen Fachangestellten (MFA) sich noch besser bewegen können.

Praxis liegt neben Seniorenheim

“Wir behandeln pro Quartal mehr als 1.000 Menschen”, verdeutlicht Brodbeck. Denn wie vielerorts ist die Gemeinschaftspraxis die einzige in der rund 5.000 Menschen zählenden Teilgemeinde. Günstig ist die Lage der Immobilie gewählt. Denn die Hausarztpraxis ist der direkte Nachbar des Alexanderstifts, einer Wohneinheit für rund 40 Seniorinnen und Senioren mit vollstationärer Pflege und betreuten Appartements.

Die Menschen, die von dort in die Praxis kommen, sind fast alle motorisch eingeschränkt. “Für sie ist die Barrierefreiheit enorm wichtig”, sagt Brodbeck. Hierdurch sparen die beiden Ärzte nicht zuletzt Zeit: Denn die Hausbesuchsquote sei mit dem Umzug in den Neubau erheblich gesunken.

Doch was genau können Hausarztpraxen für (mehr) Barrierefreiheit umsetzen? Hierzu sieht Bautechniker Mudroh insgesamt fünf Aspekte, die auch die Stiftung Gesundheit in einer praktischen Handreichung für Praxen vorgibt (siehe Link-Tipps links).

1. Umgebung: Wege und Beschilderung prüfen

“Schon der Weg in eine Hausarztpraxis kann für kranke Menschen beschwerlich sein”, weiß Mudroh. Die meisten Praxen in Deutschland begnügten sich mit einem Schild am Gebäudeeingang – oder mit einem kleinen Hinweis auf der Klingel.

“Wer nicht mehr gut sieht, für den ist wichtig, dass Hausnummer, Praxisschild und Klingel gut sichtbar sind”, erläutert der Immobilienexperte. “Dabei kann ein ausgeschilderter Weg, etwa aus einer Tiefgarage oder einer ÖPNV-Haltestelle, die Suche nach der Praxis erleichtern.”

Barrierefreiheit betrifft daher nicht nur die Praxis selbst, sondern beginnt auf dem Weg dahin. Furchen, Senken, Pfützen, lose Pflastersteine oder Sandflächen sind gefährlich. Und schließlich: Gibt es vor dem Gebäude Behindertenparkplätze?

Für diese gelten wiederum bestimmte Regeln:

  • Die Bordsteine müssen in der gesamten Breite auf drei Zentimeter abgesenkt, taktil und optisch wahrnehmbar sein.
  • Bei einem Doppelstellplatz gilt eine Breite von sechs Metern und eine Länge von fünf Metern, wenn diese quer zur Fahrbahn sind.
  • Ein einfacher Stellplatz sollte mindestens 3,50 Meter breit sein.
  • Parkplätze in Fahrtrichtung (Längsparkplätze) müssen laut DIN 18024-1 mindestens 2,50 Meter breit und 7,50 Meter lang sein sowie eine Bewegungsfläche neben dem Fahrzeug von 1,50 Meter aufweisen.

2. Eingang: Schwellen und Stolperfallen beseitigen

Beim Betreten des Gebäudes lauern für Menschen mit Behinderung weitere Hürden. Es ist wichtig, dass sich die Eingangstür leicht öffnen lässt. Hinderlich sind speziell am Ein- und Ausgang Schwellen. “Gerade für ältere und gebrechlichere Menschen können zwei Zentimeter Türschwelle ein unüberwindbares Hindernis darstellen”, findet Mudroh.

Alle, die schon einmal einen Rollator gefahren haben, wissen, dass die kleinen Räder an diesen 20 Millimetern scheitern können, zumal das gesamte Körpergewicht der Rollator-Fahrenden oft auf den Vorderrädern lastet. Sind die Leute dann im Gebäude – und noch nicht einmal in der eigentlichen Praxis – angekommen, ist der Fußbodenbelag wichtig. Rutschfest sollte er sein und ohne weitere Stolperfallen wie in den Boden eingelassene Gitter.

Im Hausflur selbst sowie im Eingangsbereich einer Praxis hilft helles Licht, um sich mit einer Sehschwäche zurechtzufinden. Zudem kann eine erste Sitzmöglichkeit für Menschen wichtig sein, die der Weg in die Praxis erschöpft hat. Schließlich sollte eine Garderobe mit genug Platz vorhanden sein – die auch für Rollstuhlfahrer erreichbar ist. “Menschen mit Stock und Gehstützen freuen sich über einen Gehhilfenhalter”, weiß Mudoh.

3. Aufzug: Nicht immer gleich “barrierefrei”

Achtung: Ist ein Aufzug im Gebäude vorhanden, bedeutet das nicht automatisch, dass der Zugang zur Praxis als behindertengerecht gilt. Wichtig ist die lichte Türbreite von 90 Zentimetern. Die Bewegungsfläche im Aufzug sollte mindestens 150 mal 150 Zentimeter sein.

Klug ist es, wenn die Fahrstuhltür nicht direkt gegenüber einer abwärtsführenden Treppe und Rampe liegt und Bedienungstableau sowie Haltestangen vom Rollstuhl aus gut bedienbar sind. Ist zudem die Schrift des Bedienfeldes erhaben, kontrastreich und blendfrei lesbar sowie zwischen 15 und 40 Millimeter groß und gibt es einheitlich taktile und akustische Hinweise auf die Geschossebene – dann erst gilt der Aufzug als barrierefrei.

Alternativ zum Aufzug können vorhandene Stufen mittels Rampe oder Treppenlift überbrückt werden. Im Ausnahmefall könne aber auch ein Nebeneingang hilfreich sein, ergänzt Mudroh.

4. Praxisräume: Platz und Orientierung sind gefragt

Eine Praxis gilt als rollstuhlgerecht, wenn sie stufenlos oder durch einen für Rollstühle geeigneten Aufzug erreichbar ist. Das Patienten-WC muss bedingt barrierefrei sein und alle Türen mindestens 90 Zentimeter breit.

Ferner muss der Zugang stufenlos oder über eine Rampe mit bis zu sechs Prozent Steigung möglich sein. Gänge und Flure in der Praxis sollten nicht weniger als 120 Zentimeter in der Breite aufweisen. Und die Möbel sollten so stehen, dass die Durchfahrt mit einem Rollstuhl möglich ist.

Grundsätzlich gilt: Eine kontrastreiche und blendfreie Gestaltung von (Glas-)Türen, Griffen und Schildern hilft Menschen, sich besser zu orientieren.

Doch nicht nur baulich gibt es in Praxen Hürden. So nimmt eine Terminvergabe via Fax oder online eine Schwelle für Menschen mit Hörschwäche. Eine weitere Möglichkeit ist eine induktive Höranlage. Sie ermöglicht es Personen, die Hörgeräte tragen, Musik oder Wortbeiträge störungsfrei und drahtlos direkt über das Hörgerät zu empfangen.

5. Sanitär: Den Rollstuhl immer mitdenken

Viele Menschen müssen nach der Ankunft in der Praxis auf die Toilette. Gut, wenn diese gekennzeichnet und schnell über einen kurzen Weg zu finden ist. In der Hegnacher Arztpraxis etwa reihen sich Empfang, Wartezimmer und der WC-Raum aneinander, sie sind alle drei eindeutig und leicht erkennbar gekennzeichnet und rasch erreichbar.

Auf der Toilette selbst ist es wichtig, genügend Bewegungsfreiheit vorzufinden. 1,50 Meter Platz zum Rangieren ist sinnvoll. Wenn dann ebenfalls Rollstuhlfahrer und kleinwüchsige Menschen Waschbecken und Papiertücher zum Hände abtrocknen benutzen können, ist das WC fast perfekt. Eine helle Beleuchtung und eine Tür, die sich im Notfall nach außen öffnen lässt, sind ideal.

Noch ein paar Fakten von Mudroh:

  • Der WC-Sitz sollte eine Höhe zwischen 46 und 48 Zentimetern haben.
  • Haltegriffe sind idealerweise neben dem WC angeschraubt, auf beiden Seiten befinden sich WC-Papierhalter.
  • Der Waschtisch ist höchstens 80 Zentimeter hoch und unterfahrbar. Dafür beträgt die Kniefreiheit 30 Zentimeter in der Tiefe und 67 Zentimeter in der Höhe.
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