Je mehr Labordiagnostik gemacht wird, desto höher die Kosten – auch wenn diese durch Ausnahme-Kennziffern das Laborbudget nicht überschreiten, gehen sie dem hausärztlichen Honorar verloren. “Daran sollten vor allem frisch Niedergelassene oder Angestellte, die direkt aus der Klinik in die Praxis kommen, denken”, sagt Dr. Günther Egidi. Medizin ja, aber evidenzbasiert und ökonomisch: Das sei ein Lernprozess.
Rationale Labordiagnostik fängt bereits bei der korrekten Füllung der Blutröhrchen an. Zuerst sollten Serum- und Citratblut abgenommen, erst nachfolgend Heparin, EDTA und Fluorid – das EDTA aus dem Blutröhrchen kann zur Hämolyse im anschließend entnommenen Serum-Röhrchen führen. Wird nur ein Citratblut-Röhrchen abgenommen, ist bei Verwendung eines Butterfly auf ausreichende Füllung des Röhrchens zu achten – die Luft im Butterfly-Schlauch könnte zu einem anderen Mischungsverhältnis im Röhrchen und damit falschen Ergebnissen führen.Blutproben sollten verschlossen sowie stehend gelagert werden. EDTA-Blut für das kleine Blutbild ist bei Raumtemperatur 24 Stunden stabil und sollte nicht im Kühlschrank gelagert werden. Auch Citratblut sollte bei Raumluft gelagert werden. Serum gehört wiederum in den Kühlschrank. Es darf nicht über Nacht gelagert werden, es sei denn, es wird abzentrifugiert. Eine Lagerung übers Wochenende ist bei keiner Blutprobe möglich. Nüchtern müssen Patienten nur sein, wenn der Nüchternzucker oder Triglyceride bestimmt werden sollen. Für die Bestimmung eines Cholesterinwerts dürfen Patienten vorher gegessen haben.
Welche Werte zu bestimmen ist sinnvoll?
In der Regel so wenige wie möglich. Kommt ein gesunder Patient zur Gesundheitsuntersuchung, sind nach GU-Richtlinie nur Cholesterin, HDL, LDL, Triglyceride und Glukose erlaubt. Egidi: “Es gibt keine Evidenz, dass immer alle Werte zu bestimmen sinnvoll ist.” Auch die Bestimmung von LDL und Triglyceriden gibt keine relevanten Zusatz-Informationen, um das kardiovaskuläre Risiko abschätzen zu können. Unter Behandlung mit einem Statin sind nach Auffassung der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) keine Lipid-Kontrollen mehr erforderlich.
Bei Patienten mit viralen und bakteriellen Atemwegsinfekten muss der Nutzen der Labordiagnostik abgewogen werden. “Der Stellenwert der CRP-Diagnostik zur Differenzierung einer Pneumonie ist gering”, sagt Egidi. Laut einer Studie, in die 3.106 hustende Hausarztpatienten eingeschlossen waren, stellten klinische Zeichen die sichersten Parameter für die Prognose; ein zusätzlicher CRP-Wert über 30 verbesserte diese nur minimal. Nur zwei Prozent der Patienten ohne klinische Zeichen und einem CRP über 30 hatten eine Pneumonie, 31 Prozent hatten eine Pneumonie bei der Kombination “hohes Risiko” und CRP über 30. Keine zusätzliche Relevanz für die hausärztliche Praxis scheint das Procalcitonin zu haben: eine über die Aussage des CRP hinausgehende Prädiktion konnte nicht gefunden werden.
Studien, in denen der Einsatz des Procalcitonin zur Senkung der Antibiotika-Verschreibungen führten, verglichen nicht den Nutzen mit dem des CRP. Wer ohnehin zurückhaltend verordnet, wird durch CRP und Procalcitonin nicht viel Hilfe erfahren. Mit 9,60 Euro pro Diagnostik ist die Bestimmung von PCT mehr als 38 Mal so teuer wie die Bestimmung der BSG und mehr als acht Mal so teuer wie das CRP. Die neue Kennziffer 32004 schützt zwar das Labor-Budget – aber nicht davor, dass die 9,60 Euro für das Procalcitonin vom hausärztlichen Honorar abgezogen werden.