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G-BAUmstrittenes DMP Adipositas beschlossen

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den Weg für ein DMP Adipositas geebnet. Doch ob dies sinnvoll ist, davon sind nicht alle Fachgesellschaften überzeugt. Insbesondere die DEGAM liefert gute Argumente gegen die Einführung.

Wann ist Übergewicht ungesund? Das hängt von vielen Faktoren ab, sagt die DEGAM.

Berlin. Künftig sollen auch Menschen mit Adipositas an einem Disease-Management-Programm (DMP) teilnehmen können. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss am Donnerstag (16.11.) entschieden. Folgen soll zudem noch ein DMP Adipositas, das altersgerecht auf Kinder und Jugendliche eingeht, kündigte das Gremium an.

Wer kann teilnehmen?

Ziel des DMP sei es, die Menschen beim Abnehmen zu unterstützen oder zumindest ihr Gewicht zu stabilisieren. Einschreiben dürfen sich künftig

  1. Personen mit einem BMI 30-35 plus einer Begleiterkrankung (etwa Hypertonie, Diabetes Typ 2)
  2. Personen mit einem BMI über 35.

Wie bei anderen DMP bestehen die Leistungen aus einem individuellen an Leitlinien orientierten Behandlungsplan, Schulungen sowie Empfehlungen zur Umstellung der Ernährung und mehr Bewegung.

Hingegen gehörten appetitzügelnde Arzneimittel oder Formuladiäten nicht dazu, da der Gesetzgeber diese aus dem Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen habe, erklärt der G-BA.

DEGAM spricht sich gegen DMP aus

Innerhalb der Ärzteschaft wird ein DMP Adipositas teilweise kritisch gesehen, etwa von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM). Eine alleinige individuelle Therapie greife zu kurz, vielmehr müsste auch die Verhältnisebene einbezogen werden. Denn die Abgrenzung von gesundem und ungesundem Übergewicht sei schwierig, es komme auf Alter, Komorbidität und Sozialstatus an, um das Risiko des Einzelnen abschätzen zu können.

Anders als das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hält die DEGAM die Evidenz für ein DMP nicht ausreichend, da es international lediglich eine Leitlinie gebe, die sich auf die hausärztliche Versorgung beziehe. Alle anderen bezögen sich auf Subgruppen wie Schwangere oder eine nicht-primärärztliche Behandlung wie die bariatrische Op. „Auch das IQWIG selbst stuft den Evidenzgrad der Leitlinien für primärärztliche Diagnostik und Therapie als niedrig ein“, schreibt die DEGAM.

Therapie kaum wissenschaftlich fundiert

Weitere Kritik äußert die Fachgesellschaft zu den Behandlungsmaßnahmen. Zwar sei belegt, dass Abnehmprogramme Gewicht und Körperfett senkten. Aber epidemiologisch und individuell sei der Nutzen davon unklar. Ebenso müsse infrage gestellt werden, wie nachhaltig die kurzen Interventionen tatsächlich wirkten.

Wahrscheinlich sei auch, dass das DMP eher nicht die Risikopersonen aus unterprivilegierten Verhältnissen erreiche, allein deswegen weil in diesen Vierteln weniger Ärztinnen und Ärzte seien. Die DEGAM plädiert daher dafür, den Blick neben dem Verhalten des Einzelnen auch auf die Veränderung von Verhältnissen zu richten, um soziale Ungleichheit anzubauen und so langfristig Erfolge zu erzielen. Hausärztinnen und Hausärzte seien die richtige Anlaufstelle, weil sie nicht nur die Adipositas allein im Blick hätten, sondern diese als Symptom und Risikofaktor im Kontext des ganzen Menschen – mit seinen anderen Beschwerden – betrachten und behandeln würden.

DMP-Start noch unklar

Bis das DMP in der Praxis ankommt, dürfte ohnehin noch einige Zeit vergehen. Zunächst prüft das Bundesgesundheitsministerium den Beschluss. Dann müssen regional Kassen, Kassenärztliche Vereinigungen und Kliniken noch entsprechende Verträge verhandeln.

Ebenso war am Donnerstag noch nicht absehbar, welchen Aufwand und welche Pflichten das DMP für Hausärztinnen und Hausärzte mit sich bringen wird. Wie bei anderen DMP wird es darum gehen, die Fortbildungspflichten und Dokumentationsbürokratie in einem angemessenen Rahmen zu halten. Zumindest hat der Hausärztinnen- und Hausärzteverband diese Punkte immer wieder bei den bereits existierenden DMP angemahnt.

 

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