© Der HausarztRed Flags und schwerwiegende Differenzialdiagnosen
Bei fehlenden Red Flags werden nach der Anamnese und körperlichen Untersuchung ein Lungenfunktionstest und ein Lungenröntgen für eine strukturierte Abklärung empfohlen.
Besteht der Verdacht auf ein Bronchialkarzinom, sollten Sie direkt eine CT des Thorax durchführen lassen. Falls der Patient einen ACE-Hemmer einnimmt, kann dieser als erster diagnostischer (und ggf. therapeutischer) Schritt direkt abgesetzt oder auf ein anderes Antihypertensivum umgestellt werden.
Häufig bleiben diese Untersuchungen ohne Auffälligkeiten, sodass Sie raumfordernde Läsionen und zum Beispiel eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung ausschließen können.
Die häufigsten Differenzialdiagnosen bei Fehlen von abnormen Lungenfunktions- und Röntgenbefunden sind bronchiale Hyperreagibilität, Upper-Airway-Cough-Syndrom und gastroösophagealer Reflux. Diese sollten Sie bei klinischem Verdacht in Betracht ziehen und probatorisch behandeln.
Probatorische Therapien
Die bronchiale Hyperreagibilität tritt häufig nach einem Infekt auf und ist durch anhaltenden trockenen Reizhusten bei normaler Lungenfunktion gekennzeichnet. Der angelsächsische Begriff “cough-type asthma” weist darauf hin, dass eine bronchiale Obstruktion im Methacholin-Provokationstest nachweisbar ist.
Dieser diagnostische Test ist jedoch nicht immer wohnortnah und meist nur nach langer Wartezeit verfügbar. Daher wird eine direkte probatorische Therapie mit einem inhalativen Kortikosteroid empfohlen, die in der Regel innerhalb der ersten Woche, spätestens aber nach zwei bis vier Wochen anspricht.
Analog wird ein solches Vorgehen auch bei persistierendem Husten nach einer Covid-Infektion in der Long/Post-Covid-Leitlinie empfohlen. [2]
Beim Upper-Airway-Cough-Syndrom wird der Husten durch eine Erkrankung der oberen Atemwege, zum Beispiel eine chronische Sinusitis, ausgelöst.
Besteht der Verdacht auf eine chronische Sinusitis, können Sie einen Therapieversuch mit einem Kortison-Nasenspray unternehmen. Alternativ ist auch eine HNO-Vorstellung zur Diagnosesicherung und Therapieeinleitung möglich.
Nicht jede Refluxsymptomatik ist ursächlich für einen chronischen Husten. Eine Probetherapie mit Protonenpumpenhemmern sollte über zwei Monate durchgeführt werden, um zu sehen, ob der Husten aufhört oder sich deutlich bessert.
Ursache noch unklar?
Auch nach Ausschöpfung aller probatorischen Therapiemöglichkeiten sowie der HNO-ärztlichen und pneumologischen Diagnostik findet sich bei einem Teil der Patienten keine Husten-Ursache.
Aktuelle Überlegungen gehen davon aus, dass es sich um einen überempfindlichen Hustenreflex handelt, der möglicherweise zunächst durch eine Erkrankung ausgelöst wurde, aber ohne anhaltende Pathologie weiterbesteht.
Für Betroffene ist es wichtig, deutlich zu kommunizieren, dass keine ernsthafte Erkrankung als Ursache vorliegt. Hierfür sind die klare Diagnosestellung eines ungeklärten chronischen Hustens und das Erklärungsmodell des überempfindlichen Hustenreflexes hilfreich.
Da ein hartnäckiger Husten nicht nur körperliche Belastungen (wie Belastungsinkontinenz, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Halsschmerzen), sondern auch psychische Belastungen (zum Beispiel Schlafmangel, soziale Ausgrenzung oder sozialer Rückzug) verursacht, ist oft eine langfristige Unterstützung und Betreuung nötig.
Die Patienten sollten zum Selbstmanagement beraten werden (Hustenunterdrückung durch Ablenkung, Süßigkeiten oder Kaugummi, freie Nasenatmung, ausreichendes Trinken, Inhalation mit Salzwasser).
Medikamentöse und nichtmedikamentöse Therapieansätze wurden in kleinen Studien untersucht und können möglicherweise helfen.
Zu den nichtmedikamentösen Behandlungsmöglichkeiten gehören die Physiotherapie der Atemwege und die Logopädie, die jedoch in dieser Indikation nicht flächendeckend verfügbar sind und die Sie auch nicht in allen Fällen als Heilmittel verschreiben können.
Medikamentöse Therapieansätze (Morphin, Gabapentin) haben in Studien eine potenzielle Wirksamkeit gezeigt, sind aber wahrscheinlich nur so lange wirksam, wie sie eingenommen werden. Beide Medikamente können Nebenwirkungen und Abhängigkeit verursachen und müssen off-label verschrieben werden. Ob ein Therapieversuch unternommen wird, sollten Sie gemeinsam mit den Betroffenen entscheiden.
Fazit
- Nach spätestens acht Wochen sollten Sie Husten strukturiert abklären.
- Wenn eine strukturierte Diagnostik inklusive probatorischer Therapien und gebietsfachärztlicher Abklärung keine Ursache ergibt, ist von einem ungeklärten Husten auszugehen.
- Das Erklärungsmodell eines überempfindlichen Hustenreflexes kann zur Patientenedukation und bei der Beratung zum Selbst- management hilfreich sein.
- Medikamentöse und nichtmedikamentöse Therapieansätze des ungeklärten Hustens können Sie nach einer gemeinsamen Entscheidungsfindung mit den Betroffenen versuchen.
Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.
Literatur:
- Chung KF, Pavord ID. Prevalence, pathogenesis, and causes of chronic cough. The Lancet. 2008;371(9621):1364–74.
- Koczulla AR, Ankermann, T, Behrends, U et al. S1-Leitlinie Long/ Post-COVID, Registernummer 020 – 027. Abrufbar unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-027