Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) feiert ihr dreißigjähriges Jubiläum. Passend dazu konnte die Jahrestagung unter dem Motto “Schlafmedizin hautnah” nach zwei Jahren endlich wieder als Präsenzveranstaltung in Wiesbaden stattfinden.
Long-Covid beschäftigt auch die Schlafmedizin
Die Corona-Pandemie hatte und hat negative Auswirkungen auf die Nachtruhe. Es wurde zwar oftmals mehr, dafür jedoch deutlich schlechter geschlafen. Während die Schlafqualität zurück ging, nahmen Schlafstörungen zu. Und bei jenen, die bereits vor dem Beginn der Pandemie unter einer Insomnie litten, nahm diese an Stärke zu.
Nun steht die Medizin jenseits der Covid-Erkrankung vor einem weiteren Problem: Dem Long-Covid-Syndrom, einem Konglomerat von Beschwerden. Zu ihnen gehören unter anderem Kopfschmerzen, Geruchs- und Geschmacksstörungen sowie kognitive Beeinträchtigungen und herabgesetzte Belastbarkeit.
Zu den Kernsymptomen gehören Fatigue und Müdigkeit sowie Schlafstörungen und nicht-erholsamer Schlaf, was die Fatigue zusätzlich verstärkt.
Da Schlafprobleme nach einer überstandenen Corona-Infektion angesichts ihrer Häufigkeit einen hohen Stellenwert haben, ist Long-Covid nun ebenfalls ein Thema für die Schlafmedizin geworden. Zumal auch deshalb, da derzeit vermutet wird, dass es sich bei dem Syndrom möglicherweise um eine Autoimmunreaktion handelt.
Denn die Schlagkraft des Immunsystems hängt auch sehr stark vom Schlaf ab. Zu wenig und gestörter Schlaf setzen die Immunantwort herab. Das erklärt, warum erholsamer Schlaf laut Prof. Dr. Tanja Lange, Psychoneuroimmunologin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, nachweislich den Erfolg der Corona-Impfung unterstützt und vor schweren Verläufen der Covid-Erkrankung schützt.
Der enge Zusammenhang zwischen guter Schlafqualität und Aktivität des Immunsystems ist auch die Basis eines in Studien nachgewiesenen Fakts: Wer bereits vor einer Corona-Infektion unter einer Insomnie gelitten hat, besitzt ein erhöhtes Risiko für das Long-Covid-Syndrom.
Angesichts dieser Interaktionen hat die AG Neuropsychiatrische Schlafstörungen am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim ein Forschungsprojekt zu den schlafmedizinischen Auswirkungen von Long-Covid gestartet. Weitere an anderen Standorten dürften folgen.
Die unausgeschlafene Gesellschaft fordert Verkehrsopfer
Schlafmangel und damit verbundene Tagesschläfrigkeit birgt immense Risiken für den Straßenverkehr. Bereits nur eine Stunde zu wenig Schlaf erhöht das Unfallrisiko um satte dreißig Prozent, gibt DGSM-Vorstandsmitglied Dr. Hans-Günther Weeß, Leiter des Interdisziplinären Schlafzentrums des Pfalzklinikums zu bedenken.
Noch prekärer können die Folgen eines kurzen Einnickens am Steuer sein. Was absolut keine Seltenheit ist, so Dr. Weeß: “Rund jeder vierte Bundesbürger gibt zu, dass er bereits einmal kurz am Lenkrad eingeschlafen ist, bei LKW-Fahrern ist es sogar jeder Zweite”.
So verwundert es leider nicht, dass schätzungsweise jeder vierte Unfall mit Todesfolge auf deutschen Autobahnen durch kurzes Einnicken verursacht wird. Alkohol am Steuer fordert laut Dr. Weeß nur halb so viele Opfer.
Apropos, rein rechtlich wird schläfrig genauso als Straftat gewertet wie alkoholisiert hinter dem Lenkrad zu sitzen: “Man kann ebenfalls den Führerschein verlieren”. Der wichtigste rechtsrelevante Hinweis auf Schläfrigkeit am Steuer ist übrigens das Fehlen von Bremsspuren vor dem Unfallort. Nur logisch: Wer schläft, kann nicht bremsen.
Die enorme Bedeutung von Tagesschläfrigkeit für die Verkehrsmedizin rückt – nachdem sie laut Dr. Weeß hierzulande lange verschlafen wurde – nun stärker in den Fokus. Gut so, doch die Experten treibt ein großes Problem um: Es gibt derzeit kein Messverfahren, um Müdigkeit am Steuer zu erfassen.
“Die einzige verlässliche Möglichkeit zu zeigen, wie wach jemand ist, besteht in einem EKG”, so Prof. Dr. Sylvia Kotterba, Chefärztin für Geriatrie am Klinikum Leer. Dringend benötigt wird eine einheitliche, in realen Situationen einsetzbare Testung. Smartwatches & Co. helfen hier nämlich nicht weiter.
Düfte im Schlaf tun der Psyche gut
Das Limbische System hat einen direkten Draht zur Psyche. Der Grund, weshalb Düfte seit langem eine Rolle in der Psychotherapie spielen. Besonders der Duft der Königin der Blumen, der Rose, entfaltet positive Effekte bei psychischen Beschwerden.
Erste Erkenntnisse zur Auswirkung von Dufterfahrungen im Schlaf wurden bereits vor zehn Jahren gefunden und gesammelt. Die AG Schlaf und Mentale Gesundheit am Zentrum für Integrative Psychiatrie in Lübeck untersucht nun, wie Düfte im Schlaf die psychotherapeutische Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen beeinflussen.
Die Probanden schnupperten dabei tagsüber während der Therapiesitzung an einem ihnen angenehmen Duft ihrer Wahl. Während ihres Schlafs wurde genau dieser Duft erneut freigesetzt. Die ersten Ergebnisse zeigen, wie gut sich das Duftgedächtnis im Schlaf auf den Erfolg der Therapie auswirkt.