Zu guter LetztMichael Balint

Michael Balint wurde als Mihaly Maurice Bergsmann in Budapest geboren, wo er auch Medizin studierte, bevor er ab 1920 bei Hanns Sachs in Berlin und ab 1924 bei Sandor Ferenczi in Budapest eine psychoanalytische Ausbildung erhielt. Dort war er ab 1926 als Lehranalytiker am Psychoanalytischen Institut tätig. Seine Publikationen befassten sich ab 1929 mit den Zusammenhängen zwischen klinischen Krankheitsverläufen und psychoanalytischen Behandlungen. Hierdurch wurde er zu einem der Pioniere der psychosomatischen Medizin und prägte dadurch allgemeinmedizinisches Denken. Er darf als einer der Entdecker der somatoformen Störungen bei Angsterkrankungen und Depressionen gelten.

Balint wanderte 1939 – wie auch Siegmund Freud – wegen des zu dieser Zeit noch zunehmenden Antisemitismus in Deutschland und des Machtzuwachses der Faschisten auf dem Kontinent nach England aus. Dort arbeitete er zunächst in Manchester und dann ab 1947 mit seiner späteren Frau Enid Balint an der Tavistock-Klinik und am „Family Discussion Bureau“.

In den 1950er Jahren schuf er mit seiner Frau Enid die wissenschaftlichen Grundlagen für die sogenannten Balint-Gruppen und wurde 1968 zum Präsidenten der Britischen Psychoanalytischen Gesellschaft gewählt. Sein Hauptwerk erschien bereits 1957 unter dem Titel „The doctor, his patient and the illness“ und fand in vielen Auflagen internationale Verbreitung (1. Auflage 1960). In 10. Auflage ist es bei Klett-Cotta in Stuttgart 2001 in deutscher Übersetzung erschienen unter dem Titel „Der Arzt, sein Patient und die Krankheit“ [1].

Balint untersuchte die Auswirkungen frühkindlicher Konflikte und Traumata auf unbewusste Verhaltens- und Kommunikationsstile im späteren Erwachsenenleben und analysierte deren Mitwirkung auf den Verlauf von Krankheiten. Die Beobachtungen fasste er zu einer Lehre der psychologischen Dynamik zusammen, auf deren Grundlage er die sogenannte „Focaltherapie“ entwickelte.

Das ist eine tiefenpsychologisch fundierte Therapieart, die in kürzerer Zeit therapeutische Erfolge ermöglicht als die Psychoanalyse, aber auf deren Erkenntnissen und Grundlagen aufbaut.

Daraus sind auch die Balint-Gruppen entstanden. Auch in der Patient-Arzt-Beziehung wirken frühkindliche Erfahrungen sowohl des Arztes als auch des Patienten mitgestaltend auf den Krankheitsprozess, auf den der Arzt wirkt wie eine Droge. Diese kann erwünschte und unerwünschte Wirkungen haben. Balint-Gruppen sollen diese „Dynamiken“ dem Arzt bewusst machen, um erwünschte Wirkungen zu verstärken und unerwünschte soweit wie möglich zu vermeiden.

Enid Balint hat daran durch ihre Entdeckung mitgewirkt, dass fünf Minuten pro Konsultation ausreichen können, dem Patienten durch Zuwendung und aufmerksames Zuhören Zuversicht im Umgang mit seiner Krankheit zu vermitteln, damit er die Angst und Unsicherheit in den Griff bekommt, die durch das Krankheitsgeschehen entsteht.

Balint-Gruppen

„1950 fand das erste Seminar für Allgemeinmediziner statt, eine Fallbesprechungsgruppe, in der es um die Auseinandersetzung mit den in der allgemeinärztlichen Praxis auftretenden psychologischen Dynamiken ging. Als sogenannte Balint-Gruppen haben diese Seminare inzwischen weltweite Verbreitung gefunden.“ [2]

Quelle

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