Hausärzte stellen ihr Licht unter den Scheffel
Das vergangene Jahr war für viele Kollegen in den Hausarztpraxen sehr belastend und anstrengend. Ich würde mir wünschen, dass der Hausärzteverband diese Situation noch mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen würde. In den letzten Wochen wird sehr viel über die Situation in den Pflegeheimen und Krankenhäusern berichtet, wenig über die Belastungen in den Hausarztpraxen.
Während viele Facharztpraxen im Lockdown ihre Präsenz herunterfahren, verlängern die Hausarztpraxen häufig ihre Öffnungszeiten, um die Wartezeit zu reduzieren und Warteschlangen zu vermeiden. Gerade Praxen, die einen hohen Anteil an hochbetagten Patienten oder Heimbewohnern haben, sind erheblich belastet.
Ich kann zumindest an meinen MFA beobachten, wie der anhaltende Stress Spuren bei den Mitarbeiter(inne)n hinterlässt.
Als Zeichen der gesellschaftlichen Anerkennung und Motivation möchte ich vorschlagen, dass unsere MFA auch bei den Corona-Boni berücksichtigt werden. Geld ist leider manchmal die einzige Möglichkeit, eine breitere Aufmerksamkeit zu wecken.
Ich finde ohnehin, dass wir Hausärzte in der Pandemie unser Licht etwas unter den Scheffel stellen, wenn viele andere Berufsverbände täglich in der Presse sind. Wir sitzen an den Schnittstellen von Primärversorgung und öffentlichem Gesundheitswesen, erleichtern dem ÖGD die Arbeit, unterstützen die Pflegeheime und schützen in der Krise die stationären Einrichtungen vor zusätzlichen Belastungen.
Eine Möglichkeit kann zum Beispiel sein, dass das Urlaubsgeld für die MFA steuer- und sozialversicherungsfrei ausgezahlt werden kann. Auch die VERAH® und NäPA, die die älteren Patienten in den Heimen versorgen oder gemeinsam mit den ambulanten Pflegediensten betreuen, sollten in der Priorisierungsempfehlung des RKI zur COVID-19-Impfung in der Stufe 1 offiziell gelistet werden.
Dr. Christine Rose, Fachärztin f. Allgemeinmedizin, Goslar
Warum werden Hausärzte nur nachrangig geimpft?
Betreff: “Hausärzte kritisieren drohende Attestflut”, www.hausarzt.digital, 7.12.20
Es ist unglaublich, was wir Hausärzte schon wieder alles attestieren sollen, und das ggf. noch im Budget. Warum gibt es eigentlich seitens der Politik/STIKO nicht klare Richtlinien mit Diagnoselisten, welche Patienten zur Impfung zugelassen sind (Anm.d.Red.: Zum Zeitpunkt des Leserbriefs hatte sich die STIKO hierzu noch nicht geäußert).
Wenn ich als Hausarzt ein Attest schreibe, kostet das sowohl Zeit als auch Geld (z.B. ist ein junger Hypertoniker auch der Meinung, dass er chronisch krank und zu impfen sei); damit geht er zum Impfzentrum. Dort trifft er ggf. wieder auf mich, wenn ich mich als Impfarzt gemeldet habe, und dann muss nochmal neu entschieden werden, ob geimpft wird oder nicht. Geht‘s noch?
Dazu wird die Putzfrau im Altenheim vor uns Hausärzten geimpft! Wir halten schon seit März 2020 in erster Reihe die Stellung, machen täglich Coronaabstriche, bekommen dafür, wenn der Tag lang ist, dreimal täglich neue Vorschriften, Abrechnungsvorschriften und Ziffern, stehen aber erst in zweiter Reihe zur Impfung und finanziell… davon reden wir mal hier nicht.
Es muss sich also kein Politiker wundern, wenn sich die Hausärzte, die man “jetzt in erster Reihe” zum Impfen braucht, jetzt auch mal sagen: “Mit uns so nicht mehr!”
Bettina Zinser, Fachärztin f. Allgemeinmedizin, Frankenthal
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