Wichtige Energie kommt nicht Patienten zugute
Betreff: EBM-Beilage in HA 6/20 vom 5.4.20
Ich bin froh, dass ich vor drei Jahren meine kassenärztliche Zulassung zurückgegeben habe. Wenn ich auch über die Richtigkeit (…) gezweifelt habe, weil ich der Meinung war, meine Patienten im Stich gelassen zu haben, wird mir durch den neuen EBM der letzte Zweifel weggeblasen.
Was in den letzten 30 Jahren in der Allgemeinmedizin (und wohl in den anderen Fachbereichen) geschehen ist, ist die Abkehr von der humanen Medizin hin zu einem Zwang, zuerst für die monetäre Basis der Praxis zu sorgen. Wichtige Energien, die wir für die Behandlung und somit für das Wohlergehen und der Gesundheit unserer Patienten benötigen, gehen jetzt in die Aufrechterhaltung der Vergütung verloren.
Im Fallbeispiel 2 benötige ich drei Patientenkontakte, um lächerliche 13,29 Euro zu erwirtschaften. Um den dargestellten Umfang der Behandlung mit gleichem Ergebnis zu erreichen, benötigt man bei guter Planung einen, maximal zwei Patientenkontakte. Die Folge ist doch, dass die Wartezeiten in der Praxis künstlich verlängert werden und umgerechnet auf die benötigte Zeit, ist auch das ein Verlustgeschäft. In Fallbeispiel 5 ist trotz dreimaligem Patientenkontakt ein Minus von rechnerisch 0,33 Euro zu verzeichnen, was in Wirklichkeit unter Berücksichtigung der benötigten Zeit (auch die der MFA) zu einem noch größeren Minus zwangsläufig führt. Und wenn ich dazu noch einige “Tricks” zum “Aufholen” benötige, drängt sich die Frage nach der Rechtmäßigkeit unbedingt auf.
So bin ich zufrieden mit der Behandlung meiner mir verbliebenen Privatpatienten, denen meine volle Zuwendung sicher ist. Zu meinen, dass interessierte junge Kollegen jetzt motiviert diesen an sich wunderbaren Beruf ergreifen werden, ist ein Trugschluss. Daran können auch die verschiedensten Anreize wohl nicht viel ändern. Und die KVen, in denen die Kassenärzte Zwangsmitglied sein müssen, stehen auch nicht auf Seiten der Hausärzte. Die Funktionäre der KVen sind a) machtlos und haben b) wohl zum Teil auch andere Interessen.
Thomas Weisbarth, Facharzt f. Allgemeinmedizin, Straubing
Praxishilfen helfen uns sehr
Ich möchte mich ganz herzlich bedanken und Sie sehr loben für die sehr hilfreichen Praxishilfen, vor allem die sehr aktuellen Covid-19-Informationsblätter, die auch regelmäßig aktualisiert werden. Die haben uns schon sehr im Praxisalltag geholfen und wir verwenden viele Dokumente regelmäßig für unseren Ablauf und die Patienten. Weiter so! Vielen Dank!
Dr. Gerrit Kuprat, Facharzt f. Innere Medizin, Rain am Lech
Keine zweite Meinung anzuhören, ist fatal
Die zweite Meinung Das Virus macht mir keine Sorgen. Es ist kein Killer. Im Gegenteil, seine Virulenz ist gering und es betrifft eine kleine empfängliche Population älterer und von schweren Krankheiten gezeichneter Menschen, die wir liebevoll umsorgen und schützen müssen. Bei Kindern gibt es gottlob nur wenige Todesfälle, denen wir in der Medizin seit Menschengedenken als schicksalhafte Verläufe immer wieder begegnen und für die wir keine Erklärung haben. Corona-Viren sind Teil der Natur und der Evolution. Ja, Viren können Krankheiten hervorrufen, von Herpes bis Gelbfieber. Sie sind aber andererseits auch ein Motor des menschlichen Immunsystems. Dank der stimulierenden Wirkung diverser Mikroorganismen hat es sich im Verlauf der Evolution zu einem nahezu perfekten System entwickelt. Es reagiert sogar auf künstliche Stoffe, die es im Kosmos gar nicht gibt, und schenkt uns auch dagegen eine starke Abwehr. Wie gegen das Corona-Virus, was die inzwischen vielen genesenen Menschen beweisen. Das neue Virus wird uns in jedem Fall immunologisch stärker verlassen, als es gekommen ist. Ein Naturgesetz. Viele Menschen erkranken gar nicht. Weil sie eine sogenannte Hintergrund-, oder wie Fachleute sagen, eine Kreuzimmunität besitzen, die von Begegnungen mit ähnlichen Viren davor stammt.
Daneben gibt es die natürliche Resistenz, von vielen verschiedenen Mikroorganismen im Verlauf der Evolution erzeugt. Dank solcher Phänomene bleibt die Apokalypse auch diese Mal aus. Wenngleich wir noch eine Weile in Geisterstädten leben müssen, wie es die Risikogruppe Rolling Stones so eindrücklich besingt. Sorgen machen mir die Maßnahmen, die gegen das Virus gerichtet sind, die auch viele psychische Krankheiten nach sich ziehen. Sie sind folgenschwerer als das Virus selbst. Eine wegen Corona geschlossene Hautklinik nutzt nur der Neurodermitis oder dem Hautkrebs. Dem Betroffenen nicht. Es gibt auch keinen Mangel an Intensivbetten und medizinischen Kräften, ein starkes Argument für die ergriffenen harten Maßnahmen der Viruseindämmung. Im Gegenteil, viele Kollegen sind im Homeoffice. Aber willens und bereit, mit exzellenten Krankenschwestern und Pflegern an ihrer Seite, im Falle einer Katastrophe auch physisch über sich hinauszuwachsen.
Im Landkreis Altenburg, wo meine Mutter lebt, die ich wie meine Enkelkinder seit Monaten nicht mehr sah, weil ich mich an die Regeln halte, sind bislang 47 Personen mit dem Coronavirus infiziert. Davon sind 26 Personen genesen. Drei Personen befinden sich in stationärer Behandlung, wovon eine Person auf der Intensivstation liegt. Im Landkreis leben über 90 000 Menschen. Müssen angesichts dieser Zahlen Senioren ohne Besuch der geliebten Urenkel bleiben, die vielleicht einzig noch verbliebene Lebensqualität? Muss das beliebte vietnamesische Restaurant im Ort geschlossen werden, ebenso der Friseur und die Fußpflegepraxis, währen anderswo Menschen kilometerlang abstandslos anstehen, um eine kostenlose Maske zu ergattern?
Verstorben sind im Altenburger Land bislang 3 Personen. Wobei nicht klar ist, ob sie mit oder an dem Virus gestorben sind. Differenziert wird hier schon lange nicht mehr. Das bedeutende Robert-Koch-Instituts riet sogar von Obduktionen ab. Es ist die einzige wissenschaftliche Methode, um die Todesursache festzustellen. Außerdem werden Begriffe miteinander vermischt, was für Angst, aber nicht für Aufklärung sorgt. Eine Infektion ist eben nicht gleich Krankheit und Krankheit bedeutet nicht gleich den Tod. Ebenso hat die pandemische Ausbreitung eines Erregers nichts mit seiner Virulenz zu tun.
Nicht immer frei von Panik ist zuweilen auch die Sprache der Politik, es ginge um Leben und Tod, nur um die drastische Maßnahmen der Viruseindämmung zu rechtfertigen. Der Stillstand treibt nicht nur Gastronome und Künstler in den Ruin. Jeder ist in irgendeiner Form betroffen. Keine Reisen, keine würdevollen Hochzeiten und Beerdigungen, keine Kongresse, auf denen sich Ärzte fortbilden können, was nicht immer online geht, fehlende Konzerte und Sportevents, eingeschränkte Gottesdienste. Ein hoher Preis für ein vergleichsweise schwach virulentes Virus. Doch sein Wesen wird gar nicht mehr diskutiert und als bösartig hingenommen.
Die Politik sollte Mut machen. Goldrichtig setzt man endlich auf Masken. Ein sehr probates Mittel, wenn man das Virus ausbremsen möchte. Wie zielführend hätte es sein können, von Anfang an darauf zu setzen. Wir wären Meilen weiter. Wie motivierend würde es sein, Frau Merkel in einem Spot mit Einkaufswagen und Maske im Supermarkt schlendernd im Fernsehen zu bewundern. Dann wäre vielleicht auch bald wieder ein Besuch bei Oma und Opa möglich, und alles wird gut.
Meine größte Sorge ist, dass unter Corona die Demokratie und die hierzulande so hart erkämpften Freiheitsrechte leiden. Dass in der Virusbekämpfung keine zweite Meinung gehört wird, ist fatal. Nördlich des Weltuntergangs setzt man auf eine rasche natürliche Immunisierung der Gesellschaft, ohne depressive Maßnahmen. Auch bei uns wäre das aufgrund glücklicher Umstände ein gangbarer Weg. Stattdessen werden Szenarien heraufbeschworen, wonach die Sache erst mit einem Impfstoff ausgestanden sei, den es vielleicht gar nicht oder erst zu spät geben wird, wenn das Virus bereits verschwunden ist. Wie im Falle der Schweinegrippe, wo die gleichen Protagonisten den Shut down damals vergeblich versucht haben, jetzt mit Erfolg. Dabei die Infektionskurve möglichst auch deshalb flachzuhalten, um vom Impfstoff oder einer App wirtschaftlich profitieren zu können, mag eine Verschwörungstheorie sein, sie muss es aber nicht.
Hinterher werden wir vieles besser wissen und uns manches zu verzeihen haben, wie unser Gesundheitsminister vorausschauend formulierte. Beispielsweise anders denkende Experten als böswillige Schwätzer oder gar Corona-Leugner herabzuwürdigen. Im schlimmsten Fall droht Ärzten Strafe, wenn sie sich nicht konform zu den Maßnahmen äußern. Eine zweite Meinung wäre aber wichtig, wie die der Virologin Frau Prof. Mölling, eine Ikone der Medizinischen Mikrobiologie und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse, und vieler anderer.
Leben bedeutet Risiko, dessen man sich jetzt noch mehr bewusst sein sollte. Vor allem um eigenverantwortlich zu handeln, zum Schutz anderer. Also werden wir in Berlin vernünftiger Weise ab heute Masken tragen und hoffentlich auch Lehren ziehen. Denn das nächste Virus kommt bestimmt. Man kann nicht jedes Mal die Gesellschaft in Haft nehmen. Gefährdete Risikogruppen umsorgen und schützen. Und sei es nur durch das Tragen einer Maske beim Besuch von Oma und Opa. Viren gehen und hinterlassen eine starke Immunität, die menschliche Gesellschaft bleibt.
Wie tröstlich und zuversichtlich sind in diesem Zusammenhang die Worte der Queen: “We will overcome it. Better days will return. We will meet again”. Wünschen wir der Politik eine gute Hand, um die Krise möglichst bald zu meistern, unter Hinzunahme vieler klugen Köpfe.
Thomas Weisbarth, Facharzt f. Allgemeinmedizin, Straubing Dr. Gerrit Kuprat, Facharzt f. Innere Medizin, Rain am Lech Prof. Hans-J. Tietz, Facharzt f. Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Berlin