Kurt Johannes Friedrich Gärtner, so sein vollständiger Name, wurde am 25. März 1915 in Hornhausen (Kreis Oschersleben) geboren. Kindheit und Schulzeit verbrachte er aber vorwiegend in Bautzen, die Oberlausitz wurde seine Heimat. Eigentlich wollte er Ingenieur werden, das verhinderte aber die Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre, sodass er beim Medizinstudium in Berlin an der militärmedizinischen Akademie "strandete". Noch während des Zweiten Weltkriegs promovierte er, 1939 wurde er eingezogen. Dem Kessel von Stalingrad entging er dank einer Ruhrerkrankung, der verheerende Luftangriff auf Dresden und die Kreigsgefangenschaft prägten ihn.
Land- und Betriebsarzt
1950 übernahm Gärtner eine Landarztpraxis in Hainewalde. 1960 wechselte er als Chefarzt eines Betriebsambulatoriums einer Automobilfirma nach Zittau. In diesem Zusammenhang wurde er zum ordentlichen Professor auf den Lehrstuhl für Arbeitswissenschaften an der Ingenieurhochschule in Zittau berufen. Nun hatte er sich doch noch ein Stück in Richtung "Technik" bewegt, ohne die hausärztliche Betreuung aufzugeben: Die betrieblichen Gesundheitseinrichtungen der DDR waren bis 1989 stets auch kurativ tätig. Sie übernahmen in stark von Großbetrieben geprägten Regionen zugleich die Rolle von Landambulatorien und damit alle Aufgaben der gesundheitlichen Betreuung.
Gärtner war Landarzt mit Weitblick: Am 28. April 1959 konstituierte sich die Arbeitsgemeinschaft für praktisch angewandte Medizin unter Leitung von Braun. Mitglieder waren ebenso Hohlfeld, Brandt und Krause, die 1960 in der DDR den "Facharzt praktischer Arzt" initiierten. Gärtner wirkte wesentlich an den Ausbildungs- und Prüfungsstandards des ab 1967 verbindlichen "Facharztes für Allgemeinmedizin" mit.
Er organisierte die Gründungsversammlung am 26./27. September 1959 auf dem Kongress in Wien mit Konstituierung der "Gesellschaft für praktisch angewandte Medizin" mit, die man 1964 in "Internationale Gesellschaft für Allgemeinmedizin" umbenannte. Auf dem Kongress glänzte er mit seinem Referat "Die eigenständigen Grundlagen der allgemein-praktischen Medizin". Folgerichtig war er Beisitzer im Vorstand seit 1960.
Hippokrates-Medaille für Gärtner
Im Weiteren trat er – wohl aufgrund der abgeschiedenen Lebensweise im Südost-Zipfel der DDR – weniger in Gremien als mit Aufsätzen und Vorträgen in Erscheinung. 1961 in "Der Landarzt" und später im "Praktischen Arzt" informierte er zu Fragen der Aus- und Weiterbildung des Praktischen Arztes und über die Entwicklung des Facharztes für Allgemeinmedizin in der DDR. Er beschäftigte sich immer wieder mit Inhalt und Grenzen des Fachs, mit bemerkenswerten Aufsätzen wie kybernetische Betrachtungen zur Therapie in der Allgemeinmedizin, zur Stellung der Allgemeinmedizin im Gesamtsystem der medizinischen Wissenschaften oder in der "Allgemeinmedizin international" (1978) mit der Frage: "Behandeln wir Krankheiten oder Kranke?" Über 70 Arbeiten stehen zu Buche.
1976 ehrte die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) Gärtner (als einzigen Arzt der DDR) mit der Hippokrates-Medaille. Im September 1988 war Gärtner auf dem Internationalen Kongress für Allgemeinmedizin in Klagenfurt mit einem Beitrag "Über die Relativität im medizinisch wissenschaftlichen Denken" vertreten. Eine Woche später starb er am 24. September in Wien.
Johannes K. Gärtner
(15.3.1915, †24.9.1988)*
Prof. Johannes K. Gärtner war ein Pionier der wissenschaftlichen Allgemeinmedizin an der Seite von Robert N. Braun, Aktivist der ersten Stunde im internationalen Raum. Er lebte und arbeitete in der Oberlausitz, im südöstlichsten Zipfel der DDR, als praktischer Arzt, Betriebsarzt und Chefarzt einer Betriebspoliklinik.
Dies ist der letzte Beitrag, den Dr. Diethard Sturm für "Der Hausarzt" verfasst hat.