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Dewanbegi KlinikHausarzt gibt Afghaninnen neue Hoffnung

Gerade für Frauen und Kinder ist die Dewanbegi Klinik in Kabul ein wichtiger Anlaufpunkt – auch dank vieler Ernährungs- und Impfprogramme. Hausarzt Dr. Yahya Wardak unterstützt regelmäßig vor Ort. Seine größte Baustelle: die lückenlose Dokumentation.

Schon am Empfang soll die Dokumentation in der individuellen Patientenakte beginnen - und dann durch die Abteilungen begleiten.

Die Sorge um ihre stark unterernährte Tochter hat Qamar Gula in die Dewanbegi Klinik geführt. Die Afghanin ist vor drei Jahren aus Pakistan nach Kunduz gekommen – und musste kurz darauf aufgrund anhaltender Unruhen wieder fliehen, dieses Mal nach Kabul, gemeinsam mit ihren vier Söhnen und drei Töchtern. Wie alt sie ist, weiß Qamar Gula nicht. Ihr Mann ist vor sieben Monaten an einem Gehirntumor gestorben. Nach ersten Untersuchungen haben wir Mutter und Tochter in das Ernährungsprogramm für Schwangere und Frauen in der Stillzeit aufgenommen. Nur einen Tag später bringt sie eine Nachbarin mit einem Baby für die Anmeldung zum Programm in die Klinik: Bibi Zar ist 30 Jahre alt und hat fünf Kinder zwischen acht Monaten und 13 Jahren.

Die Schicksale von Qamar Gula und ihrer Nachbarin Bibi Zar sind keine Einzelfälle. Laut Unicef leben über zwei Millionen unterernährte Kinder in Afghanistan. Auch in der Dewanbegi Klinik haben wir immer wieder unterernährte Frauen und Kleinkinder beobachtet. Aus diesem Grund hat der Verein “Afghanic e.V.” das Ernährungsprogramm ins Leben gerufen. Schwangere, Frauen in der Stillzeit und Kleinkinder, die an Unterernährung leiden, werden in der Klinik untersucht und erhalten bei Bedarf rund alle zwei Monate über ein Jahr lang kostenfreie Lebensmittelpakete. Enthalten sind Mehl, Getreide, Bohnen, Kichererbsen, Öl, jodiertes Salz, Milch und Vitaminpräparate. Das Ernährungsprogramm wurde mit finanzieller Unterstützung der Kinderhilfe-Afghanistan Anfang 2019 gestartet.

80 Prozent sind Patientinnen

Momentan suchen ungefähr 40 Patienten pro Tag die Klinik auf, davon sind rund 80 Prozent Frauen. Dies liegt am Angebot, das sich stark an ihren Bedürfnissen orientiert – von Gynäkologie und Geburtshilfe bis hin zum Ernährungs- oder Impfprogramm. Außerdem suchen fast alle Frauen die Klinik auch ohne männliche Begleitung auf, da sich diese mitten im Wohngebiet befindet. Alle Patientinnen werden untersucht, die Ergebnisse dokumentiert. Am Programm teilnehmen können allerdings nur diejenigen, die Anzeichen von Unterernährung aufweisen oder als gefährdet gelten.

Für bedürftige Menschen gibt es einen Solidarfonds. So wurden – nach entsprechender Prüfung ihrer Lage – bisher rund 3.000 Euro für die Versorgung armer Patientinnen zur Verfügung gestellt. Für solche Fälle sucht “Afghanic e.V.” in Deutschland weitere Unterstützung (s. Kasten).

Deutsches Know-how hilft

17 Kollegen sind aktuell in der Klinik beschäftigt, von Apothekern über Krankenschwestern mit dem Schwerpunkt Impfen bis hin zu Wachmännern und Reinigungskräften. Als Hausarzt mit afghanischen Wurzeln und in Deutschland erlangter Expertise tausche ich mich regelmäßig mit meinen afghanischen Kollegen über weitere Schritte aus. Der Verein “Afghanic” unterstützt den Wissenstransfer. Ebenso fördern die Else-Kröner-Fresenius-Stiftung und das Bundesentwicklungsministerium das Programm mit der Initiative “Klinikpartnerschaften – Partner stärken Gesundheit” (“Der Hausarzt” 14/18).

Sie sichern damit auch das Überleben vieler Familien. Denn weder der Staat noch internationale Organisationen unterstützen Binnenflüchtlinge. Patientinnen wie Sherin Gul ringen daher jeden Tag ums Überleben. Die 40-Jährige hat sieben Kinder. Ihr Mann sammelt Papier auf den Straßen, um es zu verkaufen. Keines der Kinder geht zur Schule, weil es die Familie nicht zahlen kann.

Was viele Frauen eint: Sie kommen aus dem Distrikt Char Dara in der Provinz Kunduz nach Kabul, weil es hier günstige Lehmhütten zur Miete gibt. Häuser und Ackerland in der Heimat mussten sie aufgrund des Kriegs verlassen. Zum Hintergrund: In Kunduz waren über zehn Jahre lang Soldaten der Bundeswehr stationiert, die dort für Sicherheit und Entwicklung sorgen sollten. Heute wird lediglich der Stadtkern von der Regierung kontrolliert, die restlichen Regionen stehen unter dem Einfluss der Taliban. Die Lage ist sehr instabil.

Diabetes-Pass zur Dokumentation

Die regelrechte Flut von Patientinnen stellt die Dewanbegi Klinik mitunter vor Probleme. Eine 60-jährige Patientin, die der Wachmann kurzerhand nach Hause schicken wollte, erzählte mir jüngst etwa von ihrer Diabeteserkrankung. Sie komme seit drei Jahren regelmäßig in die Klinik. Ihre Patientenakte jedoch konnte nicht gefunden werden und auf meine Anfrage hin wurde mir gesagt, dass sie nur zur Blutzuckermessung kommt und Medikamente von einem Arzt aus Pakistan bezieht. In solchen Fällen spreche ich direkt mit meinen afghanischen Kollegen: So hat der Allgemeinmediziner der Klinik eine Akte für sie angelegt, sie hat einen eigenen Diabetes-Pass bekommen und ein weiterer Pass wurde in ihrer Akte hinterlegt. Künftig sollen alle Blutzuckermessungen sowohl in ihrem Pass als auch in dem Pass in der Akte eingetragen werden. Des Weiteren hat sie einen Diabetes-Kleinausweis bekommen, den sie immer tragen soll, damit sie im Notfall entsprechend versorgt werden kann.

Patientenakte fehlt oft

An diesem Beispiel wird deutlich, dass leider immer noch nicht alle Patienten richtig dokumentiert werden. Hier besteht weiterhin großer Bedarf an Erklärungen, Training und Monitoring, bis die Dokumentation lückenlos funktioniert.

In einem anderen Fall konnte eine Akte nicht gefunden werden, obwohl der Patient mehrmals in der Klinik war. Daraufhin wurde eine zusätzliche Mitarbeiterin für die Rezeption zur Aushilfe eingestellt und ein PC angeschafft, um alle bisherigen Patienten in Akten anzulegen und neue Patienten digital zu erfassen. So hoffen wir, dass die Registrierung, Dokumentation und das Wiederfinden der Akten besser funktionieren werden. Dies soll auch ein erster Schritt in Richtung einer noch zu installierenden Praxissoftware sein.

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