Heute trinken wir Deutschen jedes Jahr 162 Liter Kaffee pro Kopf – zum Vergleich: der Verbrauch von Heil- und Mineralwasser liegt bei 148 Liter pro Kopf und von Bier bei 104 Liter. 80 Prozent der Deutschen trinken täglich Kaffee, drei von fünf Bundesbürgern sogar mehrmals am Tag. In Deutschland hat sich in den letzten Jahrzehnten eine regelrechte Kaffeekultur entwickelt.
Doch wie gesund ist Kaffee wirklich? Das schwarze Bohnengetränk wurde oft verteufelt. Noch in den 70er Jahren hieß es in Physiologie-Lehrbüchern, dass Kaffee ein Diuretikum sei, Sucht auslösen und die Magenschleimhaut schädigen könne. Folgeerkrankungen von Kaffeekonsum seien Hypertonie und Herz-Nierenkrankheiten. Koffein stand sogar auf der Liste der verbotenen Substanzen der Welt-Doping-Agentur. Erst 2004 wurde Koffein von der Liste gestrichen.
Inzwischen gilt Kaffee als gesund
Kaffee wird als Muntermacher und zur Konzentrationsförderung geschätzt. Viele Studien und Metaanalysen haben die medizinischen Wirkungen von Kaffee objektiviert und neu bewertet: Kaffee gilt inzwischen sogar als gesund.
Kaffee ist ein Lieferant von Antioxidantien. Eine Tasse Kaffee entspricht einem Zehntel des Tagesbedarfs am Vitamin Niacin. Röstkaffee enthält Kohlenhydrate (35 Prozent), Fette (17 Prozent), Proteine (7,5 Prozent), Mineralstoffe (4 Prozent), Chlorogensäuren (2 Prozent) und Koffein (1,3 Prozent).
Die physiologischen und gesundheitlichen Effekte im Einzelnen, die in neueren Studien gezeigt wurden, stellte Dr. Wolfgang Grebe, Wiss. Beirat des Deutschen Grünen Kreuzes, bei der practica vor:
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Nach dem Genuss von Kaffee steigt der Blutdruck kurz an, aber ein Langzeiteffekt auf den Blutdruck konnte bei normotensiven Menschen nicht beobachtet werden.
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Die Kaffee-Inhaltsstoffe Kafestol und Kahweol können den Cholesterinspiegel im Blut indirekt erhöhen. Sie sind in gefiltertem oder löslichem Kaffee jedoch nicht enthalten. Dieser Kaffee hat deshalb keinen Effekt auf den Cholesterinspiegel. Ungefilterter oder aufgebrühter Kaffee kann den Cholesterinspiegel allerdings leicht erhöhen, wenn größere Mengen getrunken werden.
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Moderater Kaffeekonsum (drei bis vier Tassen täglich) ist möglicherweise mit einem niedrigeren relativen Risiko für einen Schlaganfall assoziiert.
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Moderater Konsum erhöht auch nicht das Risiko für Herzrhythmusstörungen. Im Gegenteil: Kaffee scheint einen leicht schützenden Effekt zu haben, der sogar mit der Zahl der getrunkenen Tassen ansteigt.
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Entgegen früherer Warnungen schadet Kaffee Magen und Darm nicht prinzipiell. Manche Reflux-Patienten vertragen Kaffee aber tatsächlich nicht so gut, ebenso wie andere Lebensmittel auch. Kaffee ist zwar nicht die Ursache der Beschwerden, kann sie bei ihnen jedoch verstärken. Keine negativen Wirkungen sind auch bei Darmkrebs gefunden worden. Kaffee scheint sogar eher einen schützenden Effekt zu haben.
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Die positiven Effekte von Kaffee auf die Leber sind zahlreich und wurden in den vergangenen Jahren intensiv erforscht: Er wirkt dem Fortschreiten einer Leberfibrose entgegen und senkt das Risiko für Leberkrebs. Viele Patienten mit chronischen Lebererkrankungen, z. B. mit Hepatitis C, können von Kaffee profitieren.
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Ein Zusammenhang mit Krebs ist grundsätzlich nicht erwiesen. Die Internationale Agentur für Krebsforschung der WHO stuft das Getränk "als nicht karzinogen für den Menschen" ein.
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Große Studien haben gezeigt, dass Kaffee- konsum vor einem Typ-2-Diabetes zu schützen scheint. Das gilt auch für entkoffeinierten Kaffee.
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Kaffeetrinker scheinen ein geringeres Risiko für Demenz und Alzheimer zu haben. Über die möglichen Gründe wird zur Zeit heftig diskutiert. So kann es sein, dass das schwarze Getränk die Liquor-Produktion erhöht, den Spiegel bestimmter Zytokine im Blut anhebt oder den Energiestoffwechsel im Gehirn ankurbelt. Auch auf das Gedächtnis wirkt sich Kaffee günstig aus – wenigstens auf das von Bienen. Bienen, die Koffein-haltigen Nektar getrunken haben, erinnern sich dreimal länger an bestimmte Düfte als Bienen, die Zuckersaft ohne Koffein zu sich genommen haben.
Also, fast ein Wundergetränk?! Doch immer wieder heißt es, Kaffee entziehe dem Körper Wasser, wirke als Diuretikum. Aber das stimmt nicht. Wer Kaffee trinkt, scheidet innerhalb eines Tages 84 Prozent der Flüssigkeit über den Urin aus. Wer reines Wasser trinkt, scheidet 81 Prozent aus. Das ist ein vernachlässigbarer Unterschied. Die Experten gehen sogar so weit, dem Kaffee einen wertvollen Beitrag zur Flüssigkeitszufuhr zuzuschreiben.
Entstehungsgeschichte
Die Heimat der Kaffeepflanze ist wohl die Region Kaffa, im Südwesten Äthiopiens, – daher auch der Name "Kaffee". Nach einer Legende sollen Hirten bemerkt haben, dass Ziegen, die von einem Strauch mit weißen Blüten und roten Beeren gefressen hatten, bis in die Nacht herumsprangen und munter blieben, während die anderen Ziegen müde waren und schliefen. Ein Hirte aß dann selbst von diesen Früchten. Und auch er fühlte sich wach und belebt. Der Hirte fand jedoch die rohen Kaffeekirschen ungenießbar, und er spuckte sie ins Feuer. Daraufhin wurden wunderbare Düfte freigesetzt – so soll die Idee entstanden sein, die Kaffeefrüchte zu rösten.
Nützlich für die Gesundheit
Wie gesund Kaffee ist, haben im November 2017 britische Wissenschaftler aus Southampton und Edinburgh wieder bestätigt. Ihre sehr große Übersichtsarbeit hat ergeben, dass Kaffeegenuss etwa mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, verschiedene Krebsarten sowie neurologische und metabolische Erkrankungen verbunden ist. Den größten positiven Effekt von Kaffee haben die Forscher bei Lebererkrankungen beobachtet.
Dabei reduzieren drei bis vier Tassen Kaffee pro Tag das Risiko für verschiedene Gesundheitsprobleme im Vergleich zu keinem Konsum am stärksten.
Schwangere sollten allerdings auf einen höheren Kaffeekonsum verzichten. Die Kinder von Frauen, die während der Schwangerschaft viel Kaffee tranken, hatten öfter ein niedriges Geburtsgewicht. Auch Früh- sowie Fehlgeburten traten dann vermehrt auf. 200 mg Koffein pro Tag, das entspricht etwa zwei Tassen Kaffee, sind aber unbedenklich. Außerdem fanden die Studienautoren einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Kaffee und einem geringfügig erhöhten Frakturriskio bei älteren Frauen. Ein Schuss Milch im Kaffee kann dem aber entgegenwirken.
In einem so genannten "Umbrella Review" hatten die britischen Wissenschaftler 201 Metaanalysen von Beobachtungsstudien und 17 Metaanalysen von Interventionsstudien zu Kaffee ausgewertet. Ihr Fazit: Wenn man sich an die üblichen Trinkmengen hält, dann ist Kaffee nützlich für die Gesundheit. Ideale Trinkmenge sind drei bis vier Tassen pro Tag.
Quelle: Poole R. et al.: Coffee consumption and health: umbrella review of meta-analyses of multiple health outcomes; BMJ. 2017 Nov 22;359:j5024. doi: 10.1136/bmj.j5024.