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Serie ArzneimittelcoachAuf einen Blick: Pantoprazol

In dieser Serie stellen wir die für Hausärzte wichtigsten Arzneimittel vor. Dieses Mal: Pantoprazol

Je nach Stadium bieten sich bei Magenproblemen unterschiedliche Arzneimittel an.

Wirkung

Pantoprazol, ein Benzimidazol, ist ein Protonenpumpenhemmer (“proton pump inhibitor”, PPI). PPI gelangen über die Blutbahn in die Belegzellen des Magens, wo sie in die aktive Form umgewandelt werden und so die H+/K+-ATPase hemmen.

Dieses Enzym wird durch eine Mahlzeit aktiviert und ist dafür verantwortlich, dass im Austausch gegen Kaliumionen Protonen ins Magenlumen gepumpt werden. PPI können etwa zwei Drittel der maximalen Magensäureproduktion hemmen.

Die Säurehemmung hält viele Stunden lang an, bis wieder genügend H+/K+-ATPase neu gebildet ist. PPI wirken unabhängig von Gastrin-, Histamin- und Acetylcholin-Rezeptoren.

Pharmakokinetik: Substrat von CYP2C19, CYP3A4

Indikationen

PPI wie Pantoprazol sind die wirksamsten Substanzen bei Magensäure-assoziierten Erkrankungen. In der Regel führen sie innerhalb von 2 bis 8 Wochen zur Heilung von Magen- oder Duodenalulzera.

Besonders im Zusammenhang mit einem gastroduodenalen Ulkus kann eine Eradikation einer Infektion mit Helicobacter pylori indiziert sein. Dabei wird der PPI während 1 bis 2 Wochen mit zwei oder drei geeigneten Antibiotika kombiniert.

Bei blutenden Ulzera kommen PPI neben der endoskopischen Therapie zum Einsatz, eventuell intravenös verabreicht. Eine vorbeugende Gabe von PPI senkt das Risiko der Entstehung eines Magenulkus unter einer Behandlung mit nicht-steroidalen Entzündungshemmern.

Bei einem Zollinger-Ellison-Syndrom müssen oft hohe PPI-Dosen gegeben werden. Dagegen ist ihr Nutzen als Prophylaxe von Stressulzera in der Intensivmedizin nicht überzeugend. Bei gastroösophagealer Refluxkrankheit dienen PPI zur Symptomlinderung und zur Abheilung, wenn eine erosive Ösophagitis besteht.

Eine Langzeittherapie mit PPI kann auch bei einem Barrett-Ösophagus erwogen werden. Eine kurze empirische PPI-Therapie bei unspezifischen Oberbauchbeschwerden (“funktionelle Dyspepsie”) ist vertretbar.

Dosierung (Erwachsene)

Unerwünschte Wirkungen

Wie andere PPI kann Pantoprazol Bauchbeschwerden, Durchfall, Obstipation und Kopfschmerzen verursachen. Bisweilen kommen Juckreiz, Exantheme und Urtikaria vor; gefährliche Hautreaktionen (toxische epidermale Nekrolyse, Stevens- Johnson-Syndrom) sind sehr selten.

Vereinzelt ist eine Leber- oder eine Nierenschädigung (interstitielle Nephritis) beobachtet worden. Auch hämatologische Reaktionen (z.B. Agranulozytose) kommen vor. Eine langdauernde PPI-Verabreichung wird insbesondere mit folgenden Problemen in Verbindung gebracht: Vitamin-B12- und Eisenmangel, Hypomagnesiämie, Rebound-Säuresekretion (beim Absetzen), erhöhtes Frakturrisiko, erhöhtes Infektionsrisiko (besonders für Pneumonien, Clostridium-difficile-Kolitis).

Protonenpumpenhemmer führen zu einem Anstieg des Gastrinspiegels, teilweise auch zu einer Hyperplasie enterochromaffinähnlicher Zellen und zu polypösen Schleimhautveränderungen im Magen. Ob PPI auch für Myokardinfarkte und die Entwicklung einer Demenz verantwortlich sein könnten, ist aktuell noch umstritten.

Kontraindikationen:Benzimidazol-Allergie.

Interaktionen: Pantoprazol hat wahrscheinlich eine eher geringfügige Hemmwirkung auf CYP2C19 und P-Glykoprotein. Ob es wie andere PPI die Wirkung von Clopidogrel oder von Venlafaxin beeinflusst, ist nicht definitiv geklärt.

Pantoprazol kann die biologische Verfügbarkeit von Medikamenten vermindern, deren Resorption pH-abhängig ist (z.B. Azol-Antimykotika oder das HIV-Medikament Atazanavir); auch Eisensalze werden eventuell schlechter aufgenommen.

Risikogruppen

Schwangere Frauen: Keine Anhaltspunkte für eine teratogene Wirkung oder andere nennenswerte Gefahren für Mutter oder Kind.

Stillende Mütter: Wird in kleinen Mengen mit der Muttermilch ausgeschieden. Bisher sind jedoch keine Auswirkungen auf den Säugling dokumentiert.

Kinder: Zur Anwendung bei Kindern liegen nur wenig Daten vor. Zugelassen ab 12 Jahren; übliche Dosis: 0,5 mg/kg/Tag (Maximaldosis wie bei Erwachsenen).

Alte Menschen: Die biologische Verfügbarkeit und die Halbwertszeit nehmen mit dem Alter etwas zu. Dennoch ist üblicherweise keine Dosisreduktion notwendig.

Niereninsuffizienz: Keine Dosisanpassung notwendig.

Leberinsuffizienz: Bei verminderter Leberfunktion und langfristiger Anwendung Dosis reduzieren.

Hinweise

Zwecks optimaler Wirkung sollen PPI 1 Stunde vor einer Mahlzeit eingenommen werden.Pantoprazol-Verabreichungsformen dürfen nicht geteilt, zerdrückt oder zerkaut werden. Empirische Therapie bei Dyspepsie: 20 mg täglich für maximal 4 Wochen.

Alternativen: Omeprazol ist bei Kindern besser dokumentiert als Pantoprazol. Allgemein sind bei adäquater Dosierung alle PPI (auch Esomeprazol, Lansoprazol/Dexlansoprazol, Rabeprazol) etwa gleich wirksam. Histamin-H2-Rezeptorenblocker spielen keine nennenswerte Rolle mehr.

Erhältlichkeit: Teilweise ohne Rezept erhältlich. Magensaftresistente Tabletten zu 20 und 40 mg; Beutel mit Granulat zu 40 mg; Trockenpulver (für die Herstellung einer Injektions- oder Infusionslösung) zu 40 mg.

Originalbeitrag: Gysling E, 100 wichtige Medikamente. Infomed Verlag, 2020.

Kommentar des Autor

von Dr. med. Erzen Gysling, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin

Kommentar: Pantoprazol und andere PPI werden ganz außerordentlich häufig und oft auch ohne guten Grund verschrieben. Dennoch verursachen sie vergleichsweise selten größere Probleme und können deshalb als ungewöhnlich gutartige Medikamente bezeichnet werden.

Dies ist jedoch kein Freipass für eine Therapie, die Kosten und in seltenen Fällen doch bedeutsame Komplikationen verursacht. Wichtig ist dies besonders bei einer längerfristigen Verabreichung und bei der Behandlung von älteren Leuten.

Pantoprazol gilt als der PPI mit dem kleinsten Interaktionsrisiko; ob es sich aber sonst nennenswert von anderen PPI unterscheidet, bleibt offen.

Das sagt der Hausarzt

von Dr. med. Joachim Fessler, Facharzt für Allgemeinmedizin

Diese Medikamente werden auch in den richtigen Indikationen zu oft und zu lange verordnet. Aber nach meiner Erfahrung sind sie beliebte “Lifestyle”-Medikamente geworden. Sie helfen ja auch schnell und prompt bei Sodbrennen oder Völlegefühl. Hat man zu viel Alkohol getrunken, zu schnell oder zu scharf gegessen oder gar mal wieder zu viel geraucht, ein PPI hilft und wird so zum regelmäßigen Begleiter, denn wer will schon von seinen Sünden lassen? Und hat dann der Patient lange Zeit gute Erfahrungen mit ihnen gesammelt, wird es schwer, ihm klarzumachen, dass sie auch bei Stress, Unzufriedenheit und sonstigen Auslösern von “Magenschmerzen” keinesfalls das alleinige Allheilmittel sind.

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