München. Die aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO), lediglich über 70-Jährige und Menschen in Pflegeheimen, Menschen mit Immunschwäche ab fünf Jahren und medizinisches Fachpersonal ein zweites Mal mit einer Covid-Impfung zu boostern, halten Fachleute in der aktuellen Situation für völlig ausreichend. Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) hatte kürzlich für einen zweiten Booster für alle Personen ab 18 Jahren plädiert.
„Was wir in Studien gesehen haben: Bei immungesunden Menschen haben wir nach zwei Dosen eine sehr gute Antikörper-Antwort, die nach wenigen Monaten wieder abnimmt, das ist aber ein normaler Vorgang. Zudem haben wir nach zwei Impfdosen eine robuste T-Zell-Antwort über einen Zeitraum von etwa einem Jahr“, berichtete Prof. Christoph Neumann-Haefelin vom Universitätsklinikum Freiburg.
Eine dritte Dosis trage zu einem dauerhaften Schutz bei, hier würden langlebige Gedächtniszellen gebildet. „Wir sehen aber nicht, dass eine vierte Dosis bei Immungesunden den Impfschutz wesentlich verbessert“, so Neumann-Haefelin bei einer Veranstaltung des „Science Media Center“ (SMC) am Donnerstag (21.4.).
“Wir können bis zum Herbst warten”
Andreas Radbruch, Wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums in Berlin, fügte hinzu: „Man muss ja auch sehen, dass das Immunsystem für die Affinitätsreifung, also die Optimierung des Immunsystems, Zeit braucht. Hier gilt: Qualität vor Quantität, es kommt nicht auf die Menge der Immunzellen an.“
Dies dauere bei Immungesunden mindestens ein halbes Jahr, eher länger. „Bei gesunden Menschen, die einen zweiten Booster erwägen, können wir also gut bis zum Herbst warten. Damit kann man nicht viel falsch machen.“
Deutschland ist in einer guten Lage
Deutschland sei grundsätzlich in einer guten Lage. „Wir können optimistisch sein: Die jetzigen Impfstoffe führen zu einem langfristigen, wahrscheinlich einem jahrzehntelangen Schutz vor schweren Verläufen, und mit der mRNA-Technologie haben wir eine Technik, die wir schnell auf mögliche neue Varianten anpassen können“, so Radbruch.
Prof. Christine Falk, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, machte darauf aufmerksam, dass nicht davon auszugehen sei, dass die derzeitigen Impfstoffe nicht mehr vor einem schweren Verlauf durch neue Virusvarianten schützen.
„Bisher sind alle SARS-CoV-2-Varianten in den Genbereichen, gegen die die T-Zellen gerichtet sind, sehr stabil geblieben. Damit die langlebige T-Zell-Antwort, die wir durch die derzeitigen Impfstoffe erreichen, gegen mögliche neue Virusvarianten nicht mehr wirkt, müsste sich das Corona-Virus schon grundsätzlich verändern. Davon ist nicht auszugehen.“