Berlin. Für Betroffene, die an Long-Covid erkrankt sind, gibt es bislang kaum Unterstützung. „Wir haben noch keine Heilung und keine guten Therapiekonzepte. Die Lage ist schlechter, als wir es uns vor einem halben Jahr erhofft hatten“, sagte Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch (12.7.) bei einer Pressekonferenz, bei der er seine Initiative zur Unterstützung von Long-Covid-Erkrankten vorstellte. Diese besteht aus drei Bausteinen:
- Informationsportal für Erkrankte, Ärztinnen und Ärzte, Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter https://www.bmg-longcovid.de/. Dieses, erklärte Lauterbach, sei in Kooperation mit der Charité entwickelt worden und werde von Prof. Carmen Scheibenbogen, Leiterin der Immundefekt-Ambulanz an der Charité, stetig weiterentwickelt. Auf der Seite sollen alle Informationen zu Long-Covid (auch spezialisierte Kliniken und Praxen) an einer Stelle gebündelt werden, erklärte Lauterbach.
- Versorgungsforschung ankurbeln. Trotz prekärer Haushaltslage sagte Lauterbach vom Bundesgesundheitsministerium 20 Millionen Euro für die Versorgungsforschung zu. Außerdem habe er sich mit dem Gemeinamen Bundesausschuss (G-BA) auf 20 Millionen Euro geeinigt, die vom Innovationsfonds in Modellprojekte zur Erforschung von Long-Covid fließen soll. Sobald sich die Haushaltslage verbessere, sollen die Gelder für die Forschung auf 100 Millionen Euro aufgestockt werden, so Lauterbach.
- Runder Tisch mit Betroffenen, Wissenschaftlern, Ärzteschaft, Spitzenvertreter der Krankenkassen, Vertreter von Selbsthilfeorganisationen. Dieser Runde Tisch werde am 12. September das erste Mal im Bundesgesundheitsministerium zusammentreffen. Ziel sei, sich ein Bild zu machen: Welche Bedürfnisse gibt es? Wo muss und kann etwas getan werden? „Diese Treffen werden wir regelmäßig wiederholen“, kündigte Lauterbach an.
Ende nicht in Sicht
Die gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei enorm, auch aus ökonomischer Sicht, bekräftigte Lauterbach und verwies auf eine Studie der Universität Frankfurt. Demnach umfasse die Gesamtbelastung, die auf Deutschland wegen Long-Covid zukomme, jetzt schon 5,7 Milliarden Euro. Dabei würden die Patientenzahlen mit Long-Covid voraussichtlich weiter steigen.
Viele der Erkrankten, die unter Long-Covid und deren Folgeerkrankungen ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom) leiden, seien nicht mehr arbeitsfähig, mahnte Scheibenbogen. In Zukunft sei noch viel mehr Forschung nötig. Das Teuerste sei, unterstrich Scheibenbogen, nichts zu tun.
„Auch, wenn unsere Praxen bei vielen der betroffenen Patientinnen und Patienten mit der Zeit einen Rückgang der Symptombelastung feststellen, gibt es dennoch seltene Fälle, die auch nach langer Zeit noch unter anhaltenden Symptomen leiden. Sie sind, wie wir behandelnden Ärztinnen und Ärzte, darauf angewiesen, dass die Forschung schnell neue Erkenntnisse gewinnt und diese dann auch strukturiert in die Versorgung integriert werden. Daher begrüßen wir es, dass Prof. Karl Lauterbach neue Initiativen für eine bessere Versorgung von Long- und Post-Covid-Patientinnen und -Patienten plant”, erklärt Dr. Markus Beier Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes.
Die primäre Anlaufstelle für die betroffenen Patientinnen und Patienten müsse auch weiterhin die Hausarztpraxis bleiben, in der die Versorgung, in enger Zusammenarbeit mit unseren fachärztlichen Kolleginnen und Kollegen und weiteren Gesundheitsfachberufen, stattfinde, fügte Beier hinzu.