DispensierrechtHausärzte sollen Paxlovid® direkt abgeben

Ein neues Gesetz aus dem Gesundheitsministerium sieht vor, dass Hausarztpraxen antivirale Covid-19-Arzneien selbst bevorraten und abgeben dürfen – für 15 Euro pro Packung. Der Deutsche Hausärzteverband lobt den Fortschritt für Risikopatienten. Worauf es bei Verordnung und Abrechnung zu achten gilt.

Hoffnung in Tablettenform: Bei Risikogruppen senkt Paxlovid das Risiko für sehr schwere Krankheitsverläufe um 89 Prozent.

Berlin. Hausärztinnen und Hausärzte sollen künftig die Möglichkeit haben, antivirale Arzneimittel zur Behandlung von Covid-19 wie beispielsweise Paxlovid® direkt an ihre Patientinnen und Patienten abzugeben. Das sieht der Referentenentwurf für eine abermalige Überarbeitung der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung vor, der der Redaktion von „Der Hausarzt“ vorliegt. Dafür ist eine Vergütung von 15 Euro pro abgegebene Packung vorgesehen.

Der Deutsche Hausärzteverband lobt das vorgesehene Dispensierrecht für antivirale Covid-19-Arzneien als „großen Fortschritt für die Versorgung von Corona-Risikopatientinnen und -Patienten“. Es gehe nun darum, praktikable Konzepte zu entwickeln, wie diese nach einer Infektion möglichst früh identifiziert werden können, erklärte Bundesvorsitzender Ulrich Weigeldt am Dienstag (2. August). Hier spielen Hausarztpraxen, die ihre Patientinnen und Patienten genau kennen, naturgemäß eine Schlüsselrolle.

Der Referentenentwurf ist mit einem auf den 1. August datierten Schreiben des Bundesgesundheitsministeriums in das Stellungnahmeverfahren gegangen. Die Verbände können nun bis Freitag (5. August) tätig werden.

Hausarztpraxen und Pflegeeinrichtungen

Das im Referentenentwurf vorgesehene Dispensierrecht bezieht sich auf zwei Bereiche:

  • Hausarztpraxen: Hausärztinnen und Hausärzte erhalten die Möglichkeit, vom Bund beschaffte Covid-19-Arzneien selbst zu bevorraten und direkt abzugeben. Die Bestellung und Belieferung läuft über die Apotheke.
  • Pflegeeinrichtungen: Auch vollstationäre Pflegeeinrichtungen dürfen Paxlovid bevorraten und „auf Grundlage einer ärztlichen Verordnung“ an Bewohnerinnen und Bewohner abgeben.

Großer Schritt für Risikopatienten

In der Tat kommt das Dispensierrecht vor allem Risikopatientinnen und Risikopatienten wie Hochbetagten in Pflegeheimen oder Menschen mit Vorerkrankungen zugute. Bei ihnen soll die Arznei des US-Herstellers Pfizer das Risiko für sehr schwere Krankheitsverläufe laut Europäischer Arzneimittelagentur (EMA) um 89 Prozent senken.

Die EMA hatte im Januar 2022 grünes Licht für das antivirale Medikament zum Einsatz bei Erwachsenen, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren COVID19-Verlauf zu entwickeln, gegeben.

Ein großer Vorteil von Paxlovid® ist, dass das antivirale Medikament als erstes Corona-Medikament oral zu Hause in Tablettenform eingenommen werden kann (täglich sechs Tabletten, vier mit dem Wirkstoff Nirmatrelvir und zwei mit dem Wirkstoff Ritonavir). Das ähnlich wirkende Remdesivir muss dagegen vom Arzt als Infusion verabreicht werden.

Hohe Herausforderungen in der Verordnung

Die Verordnung bringt im Praxisalltag mitunter aber hohe Anforderungen an Hausärztinnen und Hausärzte mit sich. Denn Paxlovid® muss möglichst früh während der Erkrankung, spätestens jedoch fünf Tage nach Symptombeginn, verabreicht werden. „Daher ergibt es absolut Sinn, dass die Hausärztinnen und Hausärzte die Möglichkeit erhalten sollen, die Behandlung sehr zeitnah zu beginnen“, unterstreicht Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes.

Denn: Oft sind Hausärztinnen und Hausärzte bekanntermaßen erste Anlaufstellen.

„Bei der Verschreibung müssen die Hausärztinnen und Hausärzte verschiedene Wechselwirkungen berücksichtigen und unter Umständen andere Arzneimittel für kurze Zeit absetzen“, erklärt Weigeldt weiter. Der Einsatz sei nicht trivial und müsse im Einzelfall abgewogen werden, mahnt er. So sind Medikation, aber auch der Genuss von Drogen, explizit zu erfragen.

“Nun geht es darum, praktikable Konzepte zu erarbeiten und umzusetzen, wie die Patientinnen und Patienten, die von einer Therapie mit antiviralen Arzneimitteln zur Behandlung von Covid-19-Erkrankungen in besonderem Maße profitieren, sehr früh nach einer Infektion identifiziert werden können”, unterstreicht Hausärzte-Chef Weigeldt. Das betreffe auch die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen.

Vergütung von 15 Euro geplant

Für den „Aufwand, der den Ärztinnen und Ärzten im Zusammenhang mit der Bevorratung und der Abgabe (…) entsteht“, sieht der Referentenentwurf eine Vergütung in Höhe von 15 Euro vor.

Wichtig in der Praxis: Die Ärztinnen und Ärzte rechnen monatlich, spätestens bis zum Ende des dritten auf den Abrechnungszeitraum folgenden Monats, mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ab, heißt es im Entwurf. Die Vergütung für die Monate August und September 2022 sind spätestens bis zum 31. Oktober 2022 abzurechnen.

 

 

 

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