Berlin. Bei leichten Atemwegserkrankungen dürfen Ärztinnen und Ärzte wieder die telefonische Krankschreibung nutzen. Das soll von 4. August bis 30. November gelten, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag (4.8.) entschieden.
Die Reaktivierung der Sonderregel, die zum 1. Juni ausgelaufen war, lobt der Deutsche Hausärzteverband als “grundsätzlich gute Nachricht für die Hausärztinnen und Hausärzte, insbesondere aber für die Patientinnen und Patienten”. So müssten sie sich mit leichten Atemwegsinfekten nicht mehr in ein volles Wartezimmer setzen, “nur weil sie ihren Arbeitgebern eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen müssen”, so Bundesvorsitzender Ulrich Weigeldt.
Der Deutsche Hausärzteverband fordert darüber hinaus jedoch, dass die Telefon-AU unabhängig von der Corona-Pandemie für Patientinnen und Patienten, die in der Praxis bekannt sind, “dauerhaft und mit einer fairen Vergütung in die Regelversorgung überführt wird”. Darüber will die Selbstverwaltung bis Ende November entscheiden.
Telefon-AU künftig für weitere Patienten?
Der Deutsche Hausärzteverband hatte sich in den vergangenen Wochen intensiv dafür eingesetzt, die Telefon-AU zu reaktivieren, um unter anderem die Praxisteams und die vulnerablen Patienten vor den zunehmenden Atemwegsinfekten besser zu schützen. So würde Personalausfällen vorgebeugt und auch die Bürokratie für Praxen reduziert.
Der G-BA begründet die Sonderregelung unter anderem damit, dass Videosprechstunden noch nicht überall angeboten werden. Bis Ende November will die Selbstverwaltung entscheiden, ob künftig unabhängig von Corona bei bekannten Patientinnen und Patienten erstmalige Krankschreibungen für einen begrenzten Zeitraum von bis zu sieben Kalendertagen auch per Telefon möglich sein sollen. Hierzu hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) eigenen Angaben zufolge einen entsprechenden Vorschlag bereits im Juli in den G-BA eingebracht.
Das sieht die Sonderregel vor
Der G-BA greift bei der Telefon-AU auf die bisherige Sonderregel zurück. Das heißt, es gelten folgende Vorgaben:
- Versicherte mit leichten Atemwegserkrankungen
- eingehende telefonische Befragung durch Ärztin oder Arzt
- Krankschreibung für 7 Tage
- Einmalige Verlängerung für 7 Tage telefonisch erlaubt
- AU wegen Erkrankung eines Kindes (Muster 21) ebenso wieder telefonisch möglich
In der Vergangenheit war die Telefon-AU mitunter auf in der Praxis bekannte Patienten begrenzt. Von dieser Vorgabe findet sich in der aktuellen G-BA-Mitteilung allerdings nichts. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) weist jedoch darauf hin, dass die Telefon-AU “zurückhaltend” und “insbesondere bei bekannten Patienten” genutzt werden sollte.
Wichtig: Die KBV teilt ergänzend mit, dass Patienten mit einer Coronainfektion, aber ohne Beschwerden in der Regel nicht arbeitsunfähig sind! Die Isolation sei allein infektionsrechtlich begründet und Betroffene sollten sich daher an die Gesundheitsämter wenden.
Vergütung teilweise noch offen
Ob mit der Wiederkehr der Telefon-AU auch die bisherigen Vergütungsregeln für Ärztinnen und Ärzte zurückkehren, ist zum Teil noch ungeklärt.
Klar ist, dass Praxisteams für den Versand der AU wieder die Portoziffer 88122 EBM abrechnen dürfen. Die KBV will zudem im Bewertungsausschuss am Freitag (5.8.) erreichen, dass auch die Zuschläge für telefonische Beratungen 01433 und 01434 EBM wieder in Rechnung gestellt werden dürfen.
“Es muss sichergestellt werden, dass die Kassen das nicht direkt wieder als Kostensparmodell missbrauchen, sondern die bisher gültigen Vergütungsregeln auch in Zukunft angewendet werden”, forderte Hausärzte-Chef Ulrich Weigeldt am Donnerstag (4.8.).
Keine Beanstandung zu erwarten
Die Neuregelung zur Telefon-AU gilt ab sofort – vorausgesetzt, das Bundesgesundheitsministerium beanstandet den Beschluss nicht. Dies ist aber unwahrscheinlich, weil sich Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) bereits im Vorfeld für die Wiedereinführung der Telefon-AU ausgesprochen hatte.