Köln. Verlässliche Gesundheitsinformationen für Patienten gebündelt: Das soll ein neues nationales Gesundheitsportal bieten. Dafür hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) am Mittwoch (14. Februar) einen ersten Entwurf vorgelegt. Das Portal könnten dann zum Beispiel auch Hausärzte ihren Patienten guten Gewissens empfehlen, mit der Chance, dass sich das Arzt-Patienten-Gespräch verbessert und gut informierte Patienten im Praxisalltag auch Zeit sparen können.
Mit der neuen „Navigationshilfe” sollen Menschen im Netz leichter evidenzbasierte, laienverständliche Informationen rund um Gesundheit finden. Dazu gibt es bereits im Internet zahlreiche Angebote, die Patienten meist über Suchmaschinen ansteuern (80 Prozent). Die qualitätsgesicherten Angebote gehen dabei aber oft unter, weil vielen Patienten (40 Prozent) die ersten zehn Treffer genügten und darunter oft Anzeigen kommerzieller Anbieter sind, verweist das IQWiG auf Analysen der Bertelsmann Stiftung und der Barmer.
Stufenweiser Ausbau
Das neue Portal soll daher als erstes eine eigene Suchmaschine anbieten, die Patienten nur bereits bestehende evidenzbasierte Angebote vorschlägt. Diese „Content-Partner” müssen nach dem IQWiG-Entwurf bestimmte Qualitätskriterien erfüllen. Dafür kämen zum Beispiel Patientenleitlinien der AWMF infrage, genauso wie Angebote des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ), des IQWiG oder von Cochrane.
Das Portal würde dann stufenweise ausgebaut, sodass es selbst Informationen zur Verfügung stellt, für die dann nochmals höhere Qualitätsmaßstäbe gelten. So soll dort zu Erkrankungen, Therapien, Prävention, Nachsorge aber auch den Umgang mit Erkrankungen aufgeklärt werden. Bisher hake es bei einigen Anbietern daran, dass die Angebote nicht allgemein verständlich oder teils kostenpflichtig seien, so das IQWiG. Diese Barrieren sollen dann in der zweiten Stufe ausgeräumt werden. So muss man bisher für die Medikamenten-Datenbank der Stiftung Warentest bezahlen. Das IQWiG schlägt hier vor, die Finanzierung der Stiftung zu erhöhen, sodass man die Datenbank kostenfrei über das Gesundheitsportal nutzen kann.
Arzt- und Kliniksuche
Ein weiterer wichtiger Baustein des Portals soll die Navigation zu Ärzten, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen werden. 60 Prozent der Nutzer von Bewertungsportalen haben sich aufgrund der dort gefundenen Informationen schon einmal für einen Arzt entschieden, schreibt das IQWiG. Die Qualität der vielen Bewertungsplattformen sei aber sehr unterschiedlich: das Verfahren zu Beurteilung und die Auswahl der Leistungserbringer sei oft nicht transparent, die Bewertungskriterien nicht aussagekräftig oder viele Bewertungen basierten auf Selbstangaben der Nutzer, die nicht geprüft würden, bemängelt das Institut.
Für das neue Portal sollen solche Arzt- oder Klinik-Navis nach den Standards für Bewertungsportale akkreditiert werden, die das ÄZQ 2009 erarbeitet hat. Laut IQWiG könnte das Portal etwa die App „Bundesarzt-Suche” oder den Terminservice der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die einheitliche Nummer für den Bereitschaftsdienst 116 117 oder die Arzt- und Kliniksuche der Weißen Liste einbinden.
Gesundheitswesen erklären
Zudem soll das Portal den Aufbau des Gesundheitswesens erklären. Dieser Bereich soll sich besonders an Fragen von Patienten orientieren. Aus den anonymen Beratungsdaten der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) sollen die Bedürfnisse und Informationsdefizite abgeleitet werden, schlägt das IQWiG vor. Daraus gehe etwa hervor, dass die Deutschen vor allem in rechtlichen Fragen unsicher sind – diese machen fast zwei Drittel (60 Prozent) der Anfragen bei der UPD aus.
Zudem soll der Zugang zu klinischen Studien leichter werden: Nicht jede Erkrankung könne zufriedenstellend behandelt werden, so das IQWiG, Studien, die neue Behandlungsmethoden untersuchen, würden aber nur schwer gefunden. Hier soll das Portal Ärzte und Patienten helfen, die für Patienten infrage kommenden Studien zu identifizieren. Aufbauen solle dies das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), das bereits das Deutsche Register Klinischer Studien (DRKS) betreut. Auch die Daten der Krebsregister könnten in diesen Portal-Bereich einfließen.
Portal soll sich an Nutzerbedürfnissen ausrichten
Damit die Deutschen das nationale Gesundheitsportal nutzen, kommt es laut IQWiG darauf an, dass die Finanzierung gesichert ist und die Inhalte konsequent an den Bedürfnissen der Nutzer ausgerichtet wird, etwa auch was neue Formate angeht, schreibt das IQWiG. So gebe es hierzulande bisher zum Beispiel kein Angebot, das zu vielen gesundheitlichen Themen Videos erstellt und aktuell hält. Video- und Audioformate würden online aber immer mehr konsumiert.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte das IQWiG im Juni 2017 beauftragt, ein Konzept für ein nationales Gesundheitsportal zu erarbeiten. Es ist ein Teil der von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) initiierten „Allianz für Gesundheitskompetenz”. Denn einer Studie zufolge verfügt mehr als die Hälfte der Deutschen nur über eine „eingeschränkte Gesundheitskompetenz”, was drei bis fünf Prozent der Gesundheitsausgaben verursacht, schätzt die Weltgesundheitsorganisation. Auf Deutschland umgerechnet wären dies neun bis 15 Milliarden Euro, so das BMG. Das IQWiG arbeitet nun noch Stellungnahmen in seinen Konzeptvorschlag ein. Über das finale Konzept entscheidet dann die Trägerorganisation.