Wien. Die österreichische Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein hat Rauchverbote in der Gastronomie als „grauslich” bezeichnet. Damit werde „den Gastwirten die Gastfreundlichkeit verboten”, sagte die Politikerin von der rechtspopulistischen FPÖ am Mittwoch (28. Februar) während einer Debatte im Nationalrat [1]. Vertreter aller Oppositionsparteien zeigten sich entsetzt.
Die seit Dezember regierende Koalition von konservativer ÖVP und FPÖ will ein geplantes Rauchverbot in Lokalen noch vor dessen Inkrafttreten im Mai kippen. Es war Anfang 2015 von der Vorgängerregierung aus sozialdemokratischer SPÖ und ÖVP beschlossen worden.
Nach dieser Regelung im „Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz” (TNRSG) wäre in der Alpenrepublik ab Mai Rauchen unter anderem in der Gastronomie komplett verboten [2]. Bislang gibt es zahlreiche Ausnahmen. In vielen Lokalen wird nach wie vor gequalmt.
Die Rückabwicklung des geplanten Rauchverbots ist eine Forderung der FPÖ und Teil des Koalitionspakts. Die Rechtspopulisten gelten als raucherfreundlich. Parteiobmann und Vizekanzler Heinz-Christian Strache ist selbst Raucher.
Gesundheitsministerin Hartinger-Klein sagte am Mittwoch, man dürfe Gäste in Lokalen nicht bei ihren „kleinen Schwächen maßregeln”. Mit Blick auf ein derzeit laufendes Volksbegehren meinte sie, wenn eine Mehrheit (Nichtraucher) eine „Minderheit normiere”, werde das „den sozialen Frieden nicht bringen”. Das von der Wiener Ärztekammer und der Krebshilfe gestartete Volksbegehren „DONT’T SMOKE” hat bereits über 430.000 Unterzeichner. Der Nationalrat muss sich daher damit befassen.
“Eine Schande”
Hartinger-Klein warf außerdem der SPÖ vor, selbst nicht hinter dem Verbot zu stehen: „Weil Sie gewusst haben, wie grauslich dieses Gesetz ist, haben Sie eine Übergangsfrist beschlossen, damit Ihre Regelungen erst bei der nächsten Regierung in Kraft treten”, sagte sie. Allerdings wäre die damalige SPÖ-ÖVP-Regierung regulär noch bis zum Herbst 2018 im Amt, hätte es nicht vergangenen September vorgezogene Neuwahlen gegeben.
Die SPÖ-Gesundheitssprecherin und Vorgängerin Hartinger-Kleins, Pamela Rendi-Wagner, nannte deren Einlassungen „eine Schande”. Jährlich stürben 13.000 Menschen in der Republik an den Folgen des Rauchens und Passivrauchens. Der Klubobmann (Fraktionsvorsitzender) der liberalen NEOS, Matthias Strolz, warf Hartinger-Klein vor, „bewusst Tote in Kauf” zu nehmen. „Frau Gesundheitsministerin, was ist mit Ihnen? Sie sind für die Gesundheit verantwortlich”, rief er im Plenum. Die Ministerin stelle Parteipolitik über Menschenleben. Strolz forderte eine Volksbefragung.
FPÖ-Chef Strache, in der Oppositionszeit noch ein lautstarker Befürworter von „direkter Demokratie”, sprach sich zuletzt ebenfalls für eine solche Befragung aus – jedoch nicht vor 2021. Dann wäre das Rauchverbot längst gekippt.
Die FPÖ hat außerdem Vorsorge getroffen, dass für die Rückabwicklung keine kritischen Stimmen angehört werden müssen. Anders als sonst üblich hat sie den Gesetzesentwurf nicht als Regierungsvorlage sondern als Initiativantrag ins Parlament eingebracht [3]. Damit erspart sie sich das aufwändige Begutachtungsverfahren, in dem Experten Stellungnahmen einreichen können.
Quellen: