Liebe Leserinnen und Leser,
vor ein paar Wochen machte der BARMER-Krankenhausreport darauf aufmerksam, dass immer mehr über 70jährige multimorbide Patienten im Krankenhaus liegen. Von 2006 bis 2015 stieg ihre Zahl um 80 Prozent auf 2 Millionen Menschen. Mit schuld an dieser Entwicklung könnte das starre Vergütungssystem in den Kliniken sein, was falsche finanzielle Anreize setzt. Allein durch den demografischen Wandel der Gesellschaft lässt sich dieser Anstieg jedenfalls nicht erklären.
Alte Menschen sind eine wachsende Patientengruppe
- das weckt Begehrlichkeiten, findet unser Autor Wolfgang Meunier (siehe Seite 18). Senioren sind eine „attraktive Klientel“. Im Streit um die Versorgung älterer Patienten finden zur Zeit einige „Grabenkämpfe“ statt; es wird versucht, eine ambulante Zwischenebene einzuziehen, indem Patienten in spezialisierte geriatrische Zentren geschickt werden mit der Folge, dass die Betreuung dieser Patientengruppe weiter zersplittert wird. Die Auswirkungen solcher Entscheidungen hätte in allererster Linie der Patient selbst zu tragen, denn die Gefahr wächst, dass er zwischen die Räder eines solchen Systems gerät, weil niemand mehr den Überblick über das gesamte Krankheitsgeschehen hätte.
Für die Hausärzte bedeutet dies, dass ihnen ihre ureigenste Kompetenz als Erstversorger geriatrischer Patienten entzogen wird. Spezialisten werden mit Sonderziffern für die Abrechnung gelockt, während die Hürden für Hausärzte immer höher werden. Ganz zu schweigen davon, dass dies an den Bedürfnissen der Patienten völlig vorbeigeht (vgl. dazu auch Kossow et al. ab S. 28). Es geht also auch hier wieder einmal nur ums Geld. Wenn aber dann die oft nötigen Hausbesuche gemacht werden müssen, steht der Hausarzt meist allein auf weiter Flur. Dann halten sich die meisten Spezialisten vornehm zurück.
Die Betreuung geriatrischer Patienten findet immer noch zuhause statt, in ihrem familiären Umfeld. Statistiken zeigen, dass über 90 Prozent der Senioren in Deutschland einen Hausarzt oder eine Hausärztin haben – und mehr als 80 Prozent sind mit dieser Betreuung sehr zufrieden. Warum also daran unbedingt etwas ändern wollen?
Lassen Sie sich als Hausärztin/Hausarzt und erstem Ansprechpartner der Patienten Ihre Kompetenz nicht wegnehmen, ganz im Gegenteil: Versuchen Sie Ihre Kenntnisse zu vertiefen, z.B. auf der diesjährigen practica, die wieder im Oktober vom 25.10. – 28.10. in Bad Orb stattfindet. Was genau alles geboten wird, finden Sie im beiliegenden Programmheft oder unter www.practica.de. Ich freue mich darauf, Sie in Bad Orb zu treffen.
Es grüßt Sie herzlich Ihre
Dr. Monika von Berg, Chefredakteurin „Der Hausarzt“