London. Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA hat den sofortigen Rückruf eines Medikaments gegen Multiple Sklerose empfohlen. Das Mittel Zinbryta (Daclizumab) stehe im Verdacht, bei zwölf Patienten weltweit schwere und teils tödliche (drei) Hirnentzündungen ausgelöst zu haben. Die meisten unerwünschten Wirkungen traten innerhalb der ersten acht Monate der Therapie auf. Auch starke Immunreaktionen in anderen Organen könnten mit dem Medikament in Verbindung stehen, wie die Behörde am Mittwoch (7. März) mitteilte.
Patienten sollten das Mittel demnach sofort absetzen und ihren Arzt kontaktieren. Vice versa sollen Ärzte “so schnell wie möglich” ihre Patienten kontaktieren, wenn diese Zinbryta anwenden, um die Therapie umzustellen oder zu beenden. Nach dem Absetzen sollen Patienten laut EMA monatlich für mindestens sechs Monate nachbeobachtet werden – vor allem sollen Serum-Transaminasen- und Gesamtbilirubin-Werte geprüft werden, heißt es in der Fachinformation. Bisher wurde demnach das Absetzen schon empfohlen, wenn ALT- und AST-Werte auf das mehr als Dreifache der Normalwert-Obergrenze (ULN) gestiegen sind, unabhängig von den Bilirubin-Werten.
Ärzte sollen ihre Patienten darauf hinweisen, sich sofort bei ihnen zu melden, wenn Symptome einer Leberschädigung auftreten wie andauerndes Fieber, schwere Kopfschmerzen, Müdigkeit, Gelbfärbung der Haut und Bindeshaut im Auge (Ikterus), Übelkeit sowie Erbrechen. Leider äußert sich eine Schädigung zunächst oft unspezifisch. Zudem sollen Ärzte keine Patienten neu auf Zinbryta einstellen, empfiehlt die EMA.
Die Hersteller Biogen und AbbVie hatten bereits vergangene Woche angekündigt, das Medikament weltweit vom Markt zu nehmen und laufende Studien abzubrechen. Ob der EMA-Empfehlung ein rechtlich verbindlicher Rückruf folgt, entscheidet nun die EU-Kommission.
Seit der Zulassung 2016 wurden weltweit rund 8.000 Patienten mit Zinbryta behandelt. In Deutschland wurde das Medikament EU-weit am häufigsten eingesetzt. Das Mittel wurde schon seit 2017 wegen möglicher Leberschäden nur noch als letztmögliche Alternative für Patienten mit Multipler Sklerose genutzt. Im Herbst 2017 hatten die Hersteller bereits in einem Rote-Hand-Brief erinnert, dass Zinbryta bei Leberschädigungen kontraindiziert ist.
Quelle: dpa