Haarausfall belastet viele Betroffene sehr. Welche Schritte bei der Diagnosestellung unterstützen und wie Sie die verschiedenen Formen therapieren können.
Die Ursachen für Haarausfall sind vielfältig. Einheitlich ist jedoch die oft starke psychische Belastung der betroffenen Patienten sowie deren Wunsch nach fachgerechter Diagnostik und Therapie. Zu differenzieren ist dabei zwischen dem Vorgang des verstärkten Haarausfalls selbst (Effluvium) und dem Zustand der sichtbaren Haarlosigkeit (Alopezie).
Effluvium oder Alopezie?
Die meisten Patienten klagen über lichter werdendes Haar oder zahlreich ausfallende Haare. Basierend auf den Phasen des Wachstumszyklus der Haare (s. Kasten rechts) unterscheiden wir anagenes und telogenes Effluvium. Beim telogenen Effluvium gehen die Haare vorzeitig in die Telogenphase über.
Gründe sind meistens körperliche Stresssituationen wie schwere Infekte, Schwangerschaft, Anämie, intensive Diäten, vegetarische oder vegane Ernährung, Schilddrüsenerkrankungen, Medikamente, große Operationen oder Verletzungen. Die klinische Manifestation erfolgt dabei zwei bis drei Monate später. Daher sollten Sie immer auch nach zurückliegenden Ereignissen fragen.
Das anagene Effluvium hingegen bezeichnet ein vermehrtes Ausfallen der Haare schon in der Wachstumsphase. Ursachen hierfür sind vor allem Chemo- und Strahlentherapien.
Konsultiert Sie nun ein Patient aufgrund verstärkten Haarausfalls, empfiehlt es sich, neben einer ausführlichen Anamnese eine Labordiagnostik durchzuführen (Ferritin, VitB12, VitD3, CRP, Zink, TSH) und nach Möglichkeit ein Trichogramm (Haarwurzelstatus) anzufertigen.
Findet sich laborchemisch eine mögliche Ursache des Haarausfalls – etwa eine Schilddrüsenfunktionsstörung, ein Ferritinmangel oder eine Hypovitaminose –, gilt es, diese zu therapieren. Ist das nicht der Fall, sollten Sie den Patienten über mögliche Ursachen wie zurückliegende Infekte oder Stresssituationen aufklären. Eine Therapie mit Nahrungsergänzungsmitteln oder Mikronährstoffen kann hilfreich sein.
Bei einer Alopezie sollten Sie das betroffene Areal zunächst auf verbliebene Haarfollikel untersuchen. Hierbei erleichtert ein Dermatoskop die Diagnostik. Sind noch Haarfollikel sichtbar, handelt es sich um eine nicht-vernarbende Alopezie. Sind keine Haarfollikel mehr sichtbar und erscheint die Haut spiegelnd oder atroph, ist die Alopezie vernarbend.
Alopecia areata: Oft Remission
Die wohl markanteste nicht-vernarbende Alopezie ist die autoimmun-getriggerte Alopecia areata, der kreisrunde Haarausfall (s. Abb. 1 und 2). Häufig sind Kinder oder junge Erwachsene betroffen. Sie berichten über das plötzliche Auftreten einer oder mehrerer kahler Stellen, vor allem am Kopfhaar.
Betroffen sein können aber auch die Bartregion, Augenbrauen oder Wimpern. Bei einer Alopecia areata totalis ist das gesamte Kopfhaar betroffen, bei einer Alopecia areata universalis fällt sämtliche Körperbehaarung aus. Diagnostisch imponiert im betroffenen Bereich eine reizlose Haut mit erhaltenen Haarfollikeln sowie ein Ausgehen der Haare im Randbereich der Läsion schon bei leichtem Zug.
Oft finden sich “Ausrufezeichenhaare”: Nach Austritt aus der Kopfhaut verjüngt sich der Haarschaft, bevor ein kräftigerer distaler Anteil folgt. Zu beobachten sind auch Veränderungen an den Fingernägeln in Form von Grübchen oder Rillen.
Therapeutisch empfiehlt sich die lokale Applikation oder intrakutane Injektion eines Glukokortikoids. Bei ausgeprägten Befunden kann auch eine systemische Glukokortikoidtherapie erwogen werden.
Die Prognose der Alopecia areata hängt ab von der Anzahl der Läsionen (je weniger, desto besser), deren Lokalisation (je frontaler, desto besser) und dem Alter des Patienten (je älter, desto besser). Bei vielen Patienten tritt eine komplette Remission ein.
Differenzialdiagnose Pilzinfektion Eine wichtige Differenzialdiagnose der Alopecia areata ist die Tinea capitis, eine Infektion mit einem Fadenpilz (Dermatophyt). Auch hier können sich kreisrunde haarlose Herde präsentieren, wobei im Gegensatz zur Alopecia areata im betroffenen Bereich häufig Schuppung, eventuell auch Rötung, Pusteln, Juckreiz, Lymphadenopathie sowie abgebrochene Haare in Form multipler schwarzer Punkte (Black dots) zu erkennen sind.
Neben dieser oberflächlichen Form (Tinea capitis superficialis) existiert als Maximalvariante die Tinea capitis profunda, bei der es zu knotigen Abszessbildungen mit narbiger Abheilung kommt. Bei Verdacht auf eine Tinea capitis sollten Sie entnommene Haare mykologisch und mikroskopisch untersuchen lassen.
Wichtig ist zudem eine Untersuchung und Mitbehandlung von Haustieren, die häufig Überträger sind (vor allem Meerschweinchen und Katzen). Die Therapie des Patienten erfolgt sowohl mit oralen Antimykotika wie Terbinafin (Off-Label-Use bei Kindern) als auch mit lokalen Antimykotika (zum Beispiel Clotrimazol).