Der Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson wird in Deutschland künftig analog zu jenem von Astrazaneca eingesetzt: In der Regel sollen ihn Menschen ab 60 erhalten, nach ärztlicher Aufklärung können sich aber auch Jüngere dafür entscheiden. Das haben die Gesundheitsminister von Bund und Ländern beschlossen, wie am Montagmorgen (10. Mai) publik wurde.
Die Priorisierung für den Impfstoff wird in Arztpraxen und bei Betriebsärzten zugleich aufgehoben. Die Regelung gilt bereits ab diesem Montag (10. Mai).
Noch ist Johnson & Johnson in den Praxen aktuell nicht verfügbar: Von den 34,4 Millionen verabreichten Impfdosen stammen bisher nur rund 18.000 von Johnson & Johnson. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kündigte zu Wochenbeginn zwar ein Anwachsen der Liefermengen auf zehn Millionen bis Ende Juli an; noch können Ärztinnen und Ärzte ihn bei den wöchentlichen Bestellungen jedoch nicht mit angeben (s. Tipp 1).
Hohes Interesse führt zu Rückfragen
Das Interesse bei Patientinnen und Patienten dürfte jedoch groß sein: Denn das Besondere am Impfstoff von Johnson & Johnson ist, dass anders als bei den bisher zum Einsatz kommenden Impfstoffen nur eine Dosis nötig ist. Gerade mit Blick auf die nahende Urlaubssaison, in der Geimpfte Vorteile erfahren, dürfte dies viele locken. Vor diesem Hintergrund hatte Spahn am Freitag erst angekündigt, den medizinisch umstrittenen Schritt eines verkürzten Impfabstands möglich zu machen: In Absprache zwischen Arzt und Patient sei bei einer Impfung mit Astrazeneca ein Abstand zwischen vier und zwölf Wochen zu wählen, was bereits zu Rückfragen in zahlreichen Praxen geführt hatte.
Die nun publik gewordene Freigabe von Johnson & Johnson für alle dürfte dies noch verstärken. Wie auch beim Astrazeneca-Impfstoff waren Fälle von Hirnvenenthrombosen im Zusammenhang mit einer Johnson & Johnson-Impfung publik geworden.
Aus Rückmeldungen zahlreicher Hausärztinnen und Hausärzte und mit Blick auf die nächsten Impfstoff-Bestellungen lassen sich daher vier Praxistipps formulieren, um Abläufe zu optimieren und zumindest ein wenig Zeit zu gewinnen.
Tipp 1: Dem Team Standard-Antworten an die Hand geben
Der Großteil der Hausarztpraxen hat mittlerweile ein für die eigenen Abläufe passendes Impf-Prozedere entwickelt: Beispielsweise werden zunächst nur ältere Patientinnen und Patienten geimpft, oder Patienten sind dazu aufgerufen, sich per Online-Formular auf die Warteliste zu setzen.
Ganz gleich, wie das eigene Prozedere aussieht: Wird dieses klar kommuniziert, etwa über eine vorformulierte Standard-Antwort der Medizinischen Fachangestellten (MFA) oder gar als vorgeschaltete Bandansage für Anrufer, so kann dies helfen, Rückfragen im Zaum zu halten.
Tipp 2: Kalender als wichtiges Praxis-Tool
Den Bestellprozess können Hausarztpraxen mitunter erleichtern, indem sie – als Auswertung aus dem Praxisverwaltungssystem (PVS), aber auch einfach handschriftlich im Tischkalender – die verabreichten Biontech/Pfizer-Dosen für eine Kalenderwoche notieren. Alternativ können erfolgte Impfstoff-Bestellungen einfach archiviert werden.
Denn: Aufgrund der weiterhin begrenzten Liefermengen von Biontech/Pfizer (für die Woche vom 17. bis 23. sowie voraussichtlich auch 24. bis 30. Mai) soll die Vakzine hauptsächlich für Zweitimpfungen geordert werden.
Für Zweitimpfungen mit Comirnaty® geben Ärzte auf einem separaten Rezept also möglichst nur die Anzahl der Dosen an, die sie in der Woche vom 6. bis 11. April verimpft haben (6 Wochen Abstand), rät die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Es gebe dafür keine Obergrenze. Für Erstimpfungen können maximal zwei Vials pro Arzt bestellt werden, die aber nicht zugesagt werden können.
Wichtig: Die Bestellung für die Woche vom 17. bis 23. Mai erfolgt bis Dienstag, 12 Uhr (11. Mai).
Tipp 3: Aufklärung mündlich (ergänzen)
Die schriftliche Aufklärung ist zwar keine Pflicht, jedoch nutzen zahlreiche Hausarztpraxen die vom Robert Koch-Institut (RKI) zur Verfügung gestellten Aufklärungsmerkblätter. Diese sind nach den jüngsten Beschlüssen zu Astrazeneca und Johnson & Johnson veraltet; das RKI arbeitet aktuell an der Ergänzung, wie “Der Hausarzt” auf Anfrage erfuhr.
Bis die aktualisierten Versionen zur Verfügung stehen, sollte die Aufklärung mündlich ergänzt werden. So hat das Bundesgesundheitsministerium laut KBV explizit darauf hingewiesen, dass eine Verkürzung des Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung bei Astrazeneca auf vier Wochen möglich ist; der Arzt soll den Patienten jedoch über die steigende Wirksamkeit bei einem möglichst langen Impfintervall aufklären!
Darüber hinaus ist eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes vorgesehen, wonach Geimpfte im Falle eines Impfschadens einen Versorgungsanspruch gegenüber dem Staat geltend machen können – auch Personen unter 60 Jahre, die sich für den Impfstoff von Astrazeneca bzw. dann auch Johnson & Johnson entscheiden. Der Gesetzentwurf soll laut KBV voraussichtlich Ende Mai beschlossen werden.
Tipp 3: Urlaub rechtzeitig planen
Nicht nur die Patientinnen und Patienten blicken in Sachen Impfungen auf ihre erhofften Urlaube, auch die Praxen selbst sehnen die Urlaubssaison herbei. Wichtig für sie zu wissen: Zweitimpfungen bei Praxisschließungen, etwa wegen Urlaub, sind in der Vertretungspraxis möglich. In diesem Fall kann der Arzt die Impfstoffbestellung auch schon früher als an dem Dienstag in der Apotheke einreichen – auch wenn die Impfstoffmengen möglicherweise noch nicht bekannt sind. Ärzte und Apotheker sollten dies im Vorfeld besprechen, rät die KBV.
Für die Bestellung des Impfstoffs bei kollegialer Vertretung empfehlen die KBV und die Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA) folgendes Vorgehen:
- Der Vertreter bestellt die Zahl der Impfstoffdosen, die ihm der zu vertretende Arzt übermittelt hat.
- Er verwendet dazu ein gesondertes Formular (Muster 16), auf dem er ausschließlich die Dosen für den Vertretungsfall aufführt. Er gibt auf diesem Rezept seine eigene Lebenslange Arztnummer (LANR) an sowie den Namen des Vertragsarztes, den er vertritt.
- Das ausgefüllte Rezept reicht der Vertretungsarzt bei derselben Apotheke ein, bei der er den Impfstoff für „seine“ Patienten bestellt. Die Bestellung für die “eigenen” Patienten erfolgt auf einem separaten Rezept.
Wichtig: Die Bestellung dieser Impfstoffdosen darf nicht mit der Bestellung der Impfstoffdosen für den Vertretungsfall in einem Auftrag zusammengefasst werden.