© IPPNW Dr. Bernhard Lown
Jetzt sei wieder Zeit, dass Ärzte besondere Verantwortung übernehmen und sich für die Verhütung von Nuklearwaffen einsetzen, denn die Sicherheit der ganzen Welt sei zurzeit stark gefährdet. “Wieder droht ein nuklearer Holocaust.” Erst im Januar wurde im “New England Journal of Medicine” dieser dringliche Appell an Ärztinnen und Ärzte veröffentlicht, aktiv den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterstützen.
Unterschrieben ist dieser Appell von drei Ärzten der Universität Harvard in Boston, an erster Stelle von Dr. Bernard Lown. Einen Monat später, im Februar, ist der Kardiologe im Alter von 99 Jahren gestorben. Im Juni wäre er 100 Jahre alt geworden. Bis zum Schluss ist er Aktivist geblieben und hat an die besondere Verantwortung der Ärzte appelliert.
Lown war Professor für Kardiologie an der Harvard-Universität. Er hat die über Jahrzehnte weltweit angewandte Lown-Klassifikation für ventrikuläre Extrasystolen entwickelt. Außerdem geht die Elektroschockbehandlung bei Herzrhythmusstörungen mit Defibrillation und Kardioversion auf ihn zurück. Auch als Autor hat er sich einen Namen gemacht, bekannt ist vor allem sein 2004 erschienenes Buch “Die verlorene Kunst des Heilens”.
Zeitlebens politisch aktiv
Lown war auch politischer Aktivist. Zusammen mit seinem russischen Kollegen, dem Kardiologen Jewgeni Tschasow (geb. 1929), gründete er 1980 die Organisation “International Physicians for the Prevention of Nuclear War” (IPPNW). Beginn war eine gemeinsame Erklärung von je drei sowjetischen und US-amerikanischen Ärzten.
Anfangs gab es nur wenige Mitglieder, die sich in Lowns Wohnzimmer trafen. Doch schon fünf Jahre später hatte die Organisation bereits 200.000 Mitglieder aus 60 Ländern. Die deutsche Sektion entstand 1982 aus der medizinischen Friedensbewegung in der Bundesrepublik heraus.
In Deutschland heißt die Organisation “IPPNW Deutschland – Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.”
Friedensnobelpreis für die IPPNW
1985 kam die ganz große Ehrung: Die Organisation bekam den Friedensnobelpreis für ihre “sachkundige und wichtige Informationsarbeit”, die das Bewusstsein über die “katastrophalen Folgen eines Nuklearkrieges” in der Bevölkerung erhöhe. Lown und Tschasow nahmen den Preis gemeinsam stellvertretend für die IPPNW entgegen.
Eine dramatische, aber bezeichnende Geschichte am Rande: Während der Verleihung erlitt ein Fernseh-Korrespondent einen Herzinfarkt und brach zusammen. Die anwesenden amerikanischen und sowjetischen IPPNW-Ärzte arbeiteten zusammen, um sein Leben zu retten.
Er wurde ins Krankenhaus gebracht, und die Veranstaltung ging weiter. Bernard Lown, sichtlich gerührt, habe die passenden Worte gefunden und einen Vergleich zwischen dem Geschehenen und der Situation der IPPNW gezogen, so die deutsche IPPNW-Sektion:
“Konfrontiert mit der Bedrohung des Todes, arbeiten sowjetische und US-amerikanische Ärzte zusammen, um das Leben eines Menschen zu retten, ohne nach seiner Herkunft, seinen politischen Überzeugungen oder seinem Glauben zu fragen.
So arbeiten die IPPNW-ÄrztInnen auch, um die Menschheit vor ihrer Ausrottung zu bewahren.” Der Patient überlebte dank der schnellen Reaktion.
Die Verleihung des Nobelpreises fand auch einige Kritik, vor allem in der Bundesrepu-blik. Der damalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler bezeichnete es als “Schande”.
Und die deutsche Regierung unter Kanzler Helmut Kohl versuchte gar, die Entscheidung rückgängig zu machen. Doch die Organisation gibt es immer noch, und sie ist weiter weltweit aktiv in der Bemühung um Frieden.
Die deutsche IPPNW-Sektion
In der deutschen Sektion der IPPNW sind etwa 6.000 Ärzte und Ärztinnen, Medizinstudenten und Fördermitglieder organisiert. Damit ist sie die größte berufsbezogene Friedensorganisation in Deutschland.
Zum Engagement der IPPNW Deutschland gehören:
Forschung zu Fakten und Hintergründen der gesundheitlichen,
sozialen und politischen Auswirkungen von Krieg und Atomtechnik
Analyse von Konfliktursachen und Entwicklung friedlicher Lösungen. Dazu werden Studien, Bücher und Broschüren veröffentlicht
Beratung politischer Entscheidungsträger und Wissenschaftler auf nationaler und internationaler Ebene
Information von Öffentlichkeit und Medien
Quelle: www.ippnw.de
*International Physicians for the Prevention of Nuclear War