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Regress9 Ratschläge gegen Einzelfallprüfungen der Kassen

Regressforderungen der Krankenkassen aufgrund einzelner Verordnungen sind ein Ärgernis für viele Ärzte. In einigen Regionen nehmen die Zahl der Prüfungen im Einzelfall und zu beachtende Hinweise zu. Neun Regeln helfen, eine Prüfung und den möglichen Regress zu umgehen.

Neben den regelhaften statistischen Auffälligkeitsprüfungen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zur wirtschaftlichen Verordnungsweise können Ärzte auch im Einzelfall – meist auf Antrag einer Krankenkasse – geprüft werden.

Bei Prüfungen im Einzelfall stellen Krankenkassen aus verschiedenen Gründen Prüfanträge, etwa bei nicht erstattungsfähigen Arzneimitteln oder von den Kassen vermutetem Off-Label-Use.

Von wegen Einzelfall

Einige KVen haben angegeben, dass die Zahl der Einzelfallprüfungen in den letzten Jahren zugenommen hat oder sich auf einem hohen Niveau befindet. Beispielsweise gab es in Nordrhein pro Jahr (von 2017 bis 2019) 20.000 Prüfanträge der Krankenkassen [1].

Die hohe Zahl an Einzelfallprüfungen deckt sich mit einer Umfrage des DeutschenArztPortals: Demnach gaben 62 Prozent der 393 teilnehmenden Ärzte an, bereits im Einzelfall geprüft worden zu sein (s. Abb. 1; Erfahrungsberichte: s. unten) [2].

Grundlegende Hinweise

1. Wirtschaftliche Verordnung (Paragraf 9 der Arzneimittel-Richtlinie, AM-RL):

  • Bei mehreren gleichwertigen Therapien ist die wirtschaftlichste Alternative zu bevorzugen.
  • Bei mehreren gleichwertigen Darreichungsformen ist die preisgünstigste Alternative zu bevorzugen.
  • Die Verordnungsmenge ist an die Art und Dauer der Erkrankung anzupassen.

2. Verordnung außerhalb der Zulassung:

Ein verschriebenes Präparat muss für die gestellte Indikation zugelassen sein, Kassen vermuten sonst einen Off-Label-Use. Es gibt aber Ausnahmen, die einen Off-Label-Use legitimieren:

  • Es handelt sich um einen zulässigen Off-Label-Use nach Anlage VI der AM-RL.
  • Es liegt eine lebensbedrohliche Erkrankung vor (Paragraf 2 Abs. 1a SGB V).
  • Es liegt eine Nachforderungsverzichtserklärung für den Einzelfall von der betreffenden Krankenkasse vor.

3. Hinweise zur Therapie:

Anlage IV der AM-RL gibt Informationen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von Arzneimitteln (Therapiehinweise), die zu beachten sind.

4. Frühe Nutzenbewertung:

Beachten Sie die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung, die Sie zu einigen Präparaten seit dem 1. Oktober 2020 auch in Ihrer Arztsoftware abrufen können (“Der Hausarzt” 8/20).

5. Übersichten der KVen:

Einige KVen veröffentlichen beispielhafte Übersichten der Bescheide zu Einzelfallprüfanträgen, die Ärzten als Orientierung dienen können.

6. Stationärer Aufenthalt:

Während eines stationären Aufenthaltes des Patienten sollte keine Verordnung ausgestellt werden.

7. Verordnung einer Rezeptur:

Beachten Sie die Voraussetzungen zur Verordnung einer Rezeptur (Hinweis: Eine Praxishilfe dazu finden Sie auf www.deutschesarztportal.de).

8. Verordnung von Impfstoffen:

Achten Sie bei der Verordnung von Impfstoffen auf den richtigen Bezugsweg (Einzelverordnung oder Sprechstundenbedarf).

9. Medizinprodukte:

Medizinprodukte mit arzneimittelähnlichem Charakter (wie Läusemittel, Laxantien, Inhalationslösungen) sind nur nach Anlage V AM-RL zu verordnen.

Einzelfallprüfungen: Erfahrungsberichte aus der Arztpraxis

Praxisbeispiel 1: Folgeverordnung von Pioglitazon

Ein Arzt berichtet dem DeutschenArztPortal von einem Regressantrag in Höhe von 1.900 Euro aufgrund der Folgeverordnung von Pioglitazon bei fünf verschiedenen Patienten (Hinweis: Der Wirkstoff ist nur in Einzelfällen mit Begründung zulasten der GKV verordnungsfähig). Laut dem Arzt hätten diese Patienten sehr gut auf das Medikament angesprochen, sodass es ethisch nicht vertretbar gewesen wäre, den Patienten diese Behandlung zu verweigern.

Nach Widerspruch des Arztes entsprach ein Sozialgericht seiner Argumentation, sodass der Regress aufgehoben wurde. Jedoch berichtete der Arzt von einem erneuten Regressbescheid, da der Prüfungsausschuss der Argumentation des Arztes nicht folgt. Dieser Fall könnte somit erneut an das Sozialgericht gehen.

Praxisbeispiel 2: Einstellung auf eine nicht zugelassene Therapie

Ein schwer kranker Patient wurde von einer Spezialklinik auf eine nicht zugelassene Therapie eingestellt. Die Klinik empfahl, die Behandlung nach der Entlassung fortzusetzen, sodass der ambulant behandelnde Arzt im akuten Fall die empfohlene Medikation verschrieb.

Ein zeitgleich bei der Krankenkasse gestellter Antrag auf Kostenübernahme wurde später von der Kasse abgelehnt. Ein Einzelfallprüfantrag folgte. Der Fall befindet sich derzeit im Widerspruchsverfahren.

Hinweis: Weitere Erfahrungsberichte finden Sie auf dem DeutschenArztPortal – dem Ratgeber zur wirtschaftlichen Verordnung – unter dem Reiter Wirtschaftlichkeit / Einzelfallprüfungen

Vermeidung von Einzelfallprüfungen

Zwar können die Gründe für eine Prüfung im Einzelfall sehr unterschiedlich sein, doch lässt sich das Risiko durch Beachtung einiger Hinweise reduzieren (s. Tab. 1).

Besonderer Bedeutung kommt der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu, die die allgemeinen Grundsätze für die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung festhält.

Hinweis: Im hektischen Praxisalltag ist es selbstredend nicht möglich, sich sämtlichen Hilfen stets gewahr zu sein, sodass die Hinweise zuvorderst als Orientierungshilfe zu verstehen sind.

Falls es zu einer Prüfung kommen sollte, erleichtert eine Dokumentation in der Patientenakte die Argumentation. In vielen Fällen lohnt sich der Widerspruch gegen einen Bescheid.

Neuerungen seit Mai 2020: Regress bei Einzelfallprüfungen

Die seit Mai 2020 gültigen, zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband getroffenen neuen Rahmenvorgaben zur Wirtschaftlichkeitsprüfung beeinflussen auch Einzelfallprüfungen: [3, 4]

  • Reduzierte Regresssummen: Bei eventuellen Nachforderungen müssen nicht mehr die gesamten Kosten der als unwirtschaftlich erachteten Leistungen erstattet werden, sondern der Differenzbetrag zwischen unwirtschaftlicher und wirtschaftlicher Leistung (Ausnahmen: etwa bei generellen Verordnungsausschlüssen wie bei Lifestyle-Arzneimitteln). Zur Feststellung der Kostendifferenz soll die Krankenkasse im Prüfantrag die wirtschaftliche Leistung oder indikationsbezogene durchschnittliche wirtschaftliche Verordnungskosten benennen und begründen. Dabei ist unter anderem der Stand der evidenzbasierten medizinischen Erkenntnisse zu berücksichtigen.
  • Bessere Planbarkeit: Wirtschaftlichkeitsprüfungen müssen zwei Jahre nach Ende des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet wurden, abgeschlossen sein.

Quellen:

1. Deutsches Ärzteblatt: Große regionale Unterschiede bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen (18.6.2020), online: www.aerzteblatt.de/nachrichten/113630/Grosse-regionale-Unterschiede-bei-Wirtschaftlichkeitspruefungen

2. Arztumfrage im Praxis-Newsletter des DeutschenArztPortals vom 5.-12.11.2019

3. Praxisnachrichten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vom 7.5.2020, online: www.kbv.de/html/1150_46064.php (abgerufen am 9.12.2020)

4. GKV-Spitzenverband und Kassenärztliche Bundesvereinigung: Rahmenvorgaben nach Paragraf 106b Abs. 2 SGB V für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen vom 1. Mai 2020 (Stand: 1.10.2020)

Mögliche Interessenkonflikte: Der Autor ist Mitarbeiter des DeutschenArztPortals.

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