Hinterher ist man immer schlauer. Entscheidend ist jedoch, Gelerntes auch anzuwenden. Dazu scheinen wir nur teilweise in der Lage zu sein. Wie sonst ist es zu erklären, dass bei den Corona-Regelungen immer dieselben Fehler passieren?
Nehmen wir als jüngstes Beispiel die Tests für Reiserückkehrer, Schul- und Kitapersonal (s. “Corona-Tests: Notfalls alte Formulare verwenden“). Im Frühjahr haben wir gelernt: 6 von 7 Corona-Infizierten wurden ambulant betreut. Besonders die hausärztlichen Teams leisteten als erste Ansprechpartner Hilfe in allen Fragen. Angesichts dessen wäre es nur logisch, Hausärzteverband und DEGAM endlich frühzeitig in die Pandemie-Planung einzubeziehen.
Stattdessen werden für Praxen wichtige Regelungen wieder ohne hausärztliche Expertise beschlossen und müssen mühsam nachgebessert werden. “Ärzte sind verantwortlich für die Versorgung von Patienten, nicht für die Durchführung von par ordre du mufti angesetzten Testserien”, sagt Dr. Barbara Römer, Verbandsvorsitzende in Rheinland-Pfalz. Erneut über Nacht mussten sich Praxen organisieren.
Erschwerend kommt hinzu: “Abstrich-Stunden” sind aufwändig. Es braucht mindestens zwei Arbeitskräfte. Hygiene sowie Aufklärung über die Ergebnisse müssen gewährleistet sein. Schließlich gewinnen bei ungezielten Massentests auch die “Falsch positiven” an Bedeutung. Die Frist von 72 Stunden erhöht den Organisationsdruck. Kommunikationspannen bei Ergebnissen waren da doch programmiert. Kein Wunder, dass Hausärzte-Chef Ulrich Weigeldt die Vergütung von 15 Euro für diesen immensen Aufwand als “schlechten Scherz” kritisiert. Um dem Ansturm jetzt Herr zu werden, rät der Bayerische Hausärzteverband (BHÄV) zu priorisieren (s. Box).
Die Erkältungszeit steht vor der Tür, spätestens jetzt ist unsere Schonfrist vorbei: Hoffentlich hat bald jeder begriffen, dass an AHA (Abstand, Hygiene, Alltagsmaske) kein Weg mehr vorbeiführt!
Corona-Tests in Praxen
Der BHÄV rät, die Tests mit folgender Abstufung zu priorisieren:
- Symptomatische Patienten
- Personen mit Kontakten zu COVID-19 (sofern nicht durch ÖGD oder Reihentest)
- Potentielle Risikopersonen wie Urlauber aus Risikogebieten, Menschen mit beruflichem Risiko, etwa Tätigkeit in Medizin und Pflege oder im pädagogischen Bereich
- alle übrigen Urlaubsrückkehrer (und in Bayern Wunschabstriche bei Symptomfreiheit)
Johanna Dielmann-von Berg