Die gegenwärtigen Distanzvorschriften bewegen viele Patienten, den Hausarzt per Video zu konsultieren. Das klingt nach Fortschritt. Betriebswirtschaftlich ist es ein Rückschritt.
Etwas “halbherzig” wurde Video-Kontakte bereits am 1. April 2017 in den EBM aufgenommen (“Der Hausarzt” 6/17). Mittlerweile haben Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Kassen die Finanzierung für Videosprechstunden deutlich verbessert und auch in einige Hausarztverträge wurde dieses Element aufgenommen. Die COVID-19-Pandemie hat das alles beschleunigt. Was aber ist mit der betriebswirtschaftlichen Seite – lohnt sich das Angebot wirklich in der hausärztlichen Praxis?
Bei der rein betriebswirtschaftlichen Beurteilung der Videosprechstunde muss man zunächst unterscheiden zwischen den aktuell dauerhaft möglichen Abrechnungsmöglichkeiten und denen, die bisher nur temporär als Anreiz geschaffen wurden.
So berechtigt seit dem vierten Quartal 2019 bereits ein einziger Videokontakt zur Abrechnung der hausärztlichen Versichertenpauschale, obwohl es hier zu keinem unmittelbaren Arzt-Patientenkontakt (APK) kommt. Vorher konnte nur die mit 9,27 Euro vergütete 01439 EBM berechnet werden. Bei der am häufigsten in einer Videosprechstunde zu erwartenden Patientengruppe zwischen 19 und 54 Jahren ist die Versichertenpauschale nach 03003 EBM mit 12,53 Euro bewertet und unter Berücksichtigung des vorher auch schon zusätzlich berechnungsfähigen Zuschlags 01450 EBM (4,39 Euro) der Unterschied zum ursprünglichen Honorar marginal. Vernachlässigen kann man bei der betriebswirtschaftlichen Beurteilung, dass die Zahl der Video-Behandlungsfälle auf 20 Prozent aller Behandlungsfälle im Quartal beschränkt ist, zumal diese Regelung wegen COVID-19 für das zweite Quartal 2020 ausgesetzt wurde.
Zusätzliche Pauschalen
Etwas substantieller wird die Einnahmeseite, indem zu dieser Summe von 16,92 Euro (03003 + 01450 EBM) die Vorhaltepauschale 03040 EBM (15,16 Euro), ggf. die NäPA-Pauschalen 03060/03061 (3,74 Euro) sowie die zeitlich bis 30. September 2021 begrenzte Anschubförderung nach 01451 EBM (10,11 Euro) hinzukommen. Das ergibt Gesamthonorar von 45,93 Euro für einen einzigen Kontakt im Quartal.
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