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"Corona-Datenspende"RKI will Corona-Ausbreitung mit App besser verstehen

An der Veränderung von Puls oder Aktivitätsniveau kann man auch typische Covid-19-Symptome erkennen. Das Robert Koch-Institut ruft deshalb Nutzer auf, Daten aus ihren Smartwatches und Fitness-Trackern zu teilen.

Das RKI ruft Nutzer auf, Daten aus ihren Smartwatches und Fitness-Trackern zu teilen.

Berlin. Das Robert Koch-Institut (RKI) will mit Hilfe von Fitness-Armbändern und Computeruhren neue Erkenntnisse zur Ausbreitung von Coronavirus-Infektionen in Deutschland gewinnen. Dafür veröffentlichte das RKI am Dienstag die App “Corona-Datenspende”, die auf Daten aus den Geräten zugreifen kann.

Das RKI will sich zunutze machen, dass Smartwatches und Fitness-Armbänder unter anderem den Ruhepuls sowie Informationen zum Schlaf und dem Aktivitätsniveau ihrer Nutzer aufzeichnen können.

“Bei einer akuten Atemwegserkrankung ändern sich diese Vitalzeichen in den meisten Fällen deutlich. Daher können auch typische Covid-19-Symptome wie Fieber durch die App erkannt werden”, erläuterte das Institut. Die Nutzung der App sei freiwillig, betonte das RKI.

Infektionsschwerpunkte besser verstehen

Die am Dienstag vorgestellte App diene nicht der Nachverfolgung von Kontaktpersonen, betonte das RKI. Sie solle aber helfen, Infektionsschwerpunkte besser zu verstehen.

Das RKI kenne zu keinem Zeitpunkt persönliche Daten wie Name oder Anschrift der App-Nutzer. Man müsse lediglich einmalig die Postleitzahl eingeben. Ortungs- und Standortdaten aus den Geräten würden nicht abgefragt. Die Teilnehmer werden auch gebeten, Geschlecht, Alter sowie Größe und Gewicht anzugeben – auf 5 Zentimeter bzw. Kilogramm genau.

Laut RKI werden die Daten wissenschaftlich aufbereitet und fließen im Anschluss in eine Karte ein. Diese zeige die regionale Verbreitung potenziell Infizierter bis auf Ebene der Postleitzahl. Die Karte solle veröffentlicht und regelmäßig aktualisiert werden.

Die Corona-Datenspende sei keine Anwendung, um COVID-19 im Einzelfall zuverlässig zu diagnostizieren. Sie ersetze keinesfalls die regulären Tests auf das Virus. Ebenso wenig ersetze sie den öffentlichen Meldeweg zur Erfassung der Infektionszahlen.

Daten werden pseudonymisiert gespeichert

Das RKI hofft darauf, dass zehn Prozent der schätzungsweise zehn Millionen Nutzer von Fitness-Bändern und Computeruhren in Deutschland die App verwenden. Aber auch schon eine kleinere Stichprobe – mit 10.000 Nutzern – wäre gut für den Erkenntnisgewinn, sagte RKI-Experte Dirk Brockmann.

Die freiwillig zu nutzende App kann bisher auf Daten der Plattformen AppleHealth, wo auch Daten der Apple Watch landen, und Google Fit zugreifen – sowie auf Daten aus Geräten und Diensten der Anbieter Fitbit, Garmin, Polar und Withings.

Auch zusätzliche Daten wie Blutdruck, Temperatur oder Herzratenvariabilität werden aus den Plattformen abgerufen. Die Informationen werden unter einem Pseudonym – einer langen Abfolge von Buchstaben und Zahlen – gespeichert.

Die App wurde für das RKI von der Berliner Firma mHealth Pioneers programmiert, die auch die Gesundheitsdaten-Plattform Thryve betreibt. Die Fitnesstracker-Daten werden vom Smartphone verschlüsselt zu ausschließlich in Deutschland laufenden Servern übertragen, wie das RKI betonte. Personenbezogene Daten würden spätestens nach zehn Jahren gelöscht.

Am Dienstagvormittag gab es angesichts der vielen Zugriffe zunächst technische Probleme unter anderem bei der Eingabe der Postleitzahl, wie das RKI bei Twitter einräumte. Wenig später funktionierte die Anmeldung reibungslos.

Europäische Corona-Warn-App soll Ende der Osterferien kommen

Die in Europa entwickelte Technologie zur Eindämmung der Covid-19-Epidemie mit Hilfe von Smartphones wird voraussichtlich bis zum Ende der Osterferien in Deutschland als konkrete App zur Verfügung stehen. Das kündigte Chris Boos an, einer der führenden Forscher des Projektes PEPP-PT.

“Ich gehe davon aus, dass wir zwischen 15. und 19. April die erste App tatsächlich live haben”, sagte der IT-Unternehmer, der im Digitalrat der Bundesregierung sitzt. Das Konzept war in den vergangenen Wochen von 130 Experten aus acht europäischen Ländern entwickelt und von Soldaten der Bundeswehr in Berlin getestet worden.

Konzept verfolgt drei Ziele

Boos betonte, bislang gebe es noch keine fertige Tracking-App, sondern ein offenes technisches Konzept, das drei Ziele verfolge. Zum einen müsse das System eine saubere Messung ermöglichen. “Wir wollen nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.”

Das zweite Ziel sei die Sicherung der Privatsphäre. “Wir verwenden keinerlei Ortungsdaten und auch keine Daten, die einen Menschen identifizieren können.” Dabei setze man auf eine komplette Anonymisierung und reine Freiwilligkeit.

Der dritte Punkt sei die Interoperabilität zwischen den Ländern. “Wir haben dann eine Art Roaming, damit man auch wieder wirklich die Grenzen öffnen kann und trotzdem informiert Infektionsketten nachverfolgen kann.”

Wer die Anwendung nun konkret in die App-Stores bringe, sei eine politische Entscheidung, betonte Boos. Er persönlich sehe das Robert Koch-Institut (RKI) als “natürliche Quelle für eine App in Deutschland”. Das RKI sei bei dem PEPP-PT-Projekt von Anfang mit dabei gewesen.

Als Betatester für die PEPP-PT-Plattform habe man aber auch der Start-up-Community Zugriff gewährt, sagte Boos. “Wir wissen von vielen, die schon an Apps bauen, auch für unterschiedliche Länder.”

Bluetooth-Technologie

Technisch setzt das Projekt auf der Bluetooth-Technologie auf. Hat man eine entsprechende App installiert, sendet das Smartphone regelmäßig per Bluetooth eine ID, quasi wie ein kleiner mobiler Leuchtturm. Gleichzeitig lauscht die App auf die ID-Signale der anderen Nutzer, die sich in der Nähe aufhalten.

Befinden sich zwei Anwender in der Reichweite des anderen, tauschen sie ihre IDs aus und speichern sie verschlüsselt lokal ab.

Hannes Amtesreiter, der Deutschland-Chef von Vodafone, sprach von einem “gut durchdachten und präzisen Projekt”, das man von Beginn an unterstützt habe. “Spezifische Situationen und Krisen brauchen spezielle Innovationen. Und das ist eine.”

Der Digitalkonzern hatte sein Testzentrum in Düsseldorf, das größte von Vodafone in Europa, zur Verfügung gestellt, um die Bluetooth-Sensorik für das Projekt weiterzuentwickeln und in der Praxis zu testen.

Quelle: dpa

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