Berlin. Im weiteren Umgang mit der Corona-Epidemie in Deutschland seien „massenhafte Tests“, wie sie zu Beginn der Ausbreitung angebracht waren, nicht mehr die richtige Strategie. Das erklärt Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands, in seinem Rundbrief am Dienstag (24. März) und fordert von den politischen Entscheidungsträgern, den hausärztlichen Rat beim Überdenken der offiziellen Teststrategie mit einzubeziehen. “Im großen Stil teils asymptomatische, klinisch stabile Verdachtsfälle und Kontaktpersonen zu testen, ist bei der aktuellen Fallzahlentwicklung und angesichts der weltweiten Lieferengpässe von Testmaterial und Schutzkleidung bei endlicher Laborkapazität eine unverantwortliche Ressourcenverschwendung”, sagt er. “So wird zunehmend die ambulante Versorgung gefährdet.”
Bereits am Vortag hatte auch Dr. Markus Beier, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbands, einen solchen Strategiewechsel im Umgang mit Covid-19 angemahnt.
Es gelte, personelle Ressourcen für schwere Fälle zu bündeln. Dazu gehöre auch weiter die Aufforderung, dass Patienten bei einem Covid-Verdachtsfall nicht in die Praxis kommen sollen. Schon zuvor hatte der Deutsche Hausärzteverband aufgerufen, die Zahl sowohl der Arzt-Patienten-Kontakte als auch der Patienten-Patienten-Kontakte in Hausarztpraxen konsequent zu minimieren. Seit Dienstag (24. März) sind – passend dazu – auch telefonische Krankschreibungen für eine Dauer von bis zu 14 Tagen möglich, sofern es sich um eine leichte Erkrankung der oberen Atemwege handelt. Für diese Änderung hatte der Hausärzteverband sich starkgemacht.
RKI sieht Tests in mehr Fällen angezeigt
Auch das Robert Koch-Institut (RKI) hat sein Flussschema dahingehend angepasst, dass Tests bei symptomatischen Patienten OHNE Kontakt zu einem bestätigten Covid-19-Fall in erster Linie bei Risikogruppen und Gesundheitsberufen stattfinden sollen (Stand 24. März, s. Kasten). Liegt doch ein Kontakt vor, hält das RKI weiterhin einen Test bei symptomatischen Patienten für angezeigt. Insgesamt spielt der Aufenthalt in einem Risikogebiet also jetzt eine untergeordnete Rolle.
Probleme könnte die RKI-Vorgabe zur Testung von Gesundheitsberufen bereiten. Da sie sich bei Symptomen testen sollen, würde bei positivem Ergebnis konsequenterweise der Infizierte häuslich isoliert. Er würde für die Versorgung ausfallen, bis er mindestens zwei Tage beschwerdefrei ist und zwei negative Testergebnisse im Abstand von 24 Stunden hat. Da dies das Personal in der ambulanten Versorgung rasch verknappen könnte, schildert das RKI auch Szenarien für eine eingeschränkte Weiterarbeit oder verkürzte Isolation.
Enge Zusammenarbeit mit der DEGAM
Wohl weil sich damit Unterschiede zeigen in den Empfehlungen des Hausärzteverbands einerseits und des RKI andererseits, aber auch weil “der Hausärzteverband aktuell die (politischen) Entscheidungsträger noch stärker adressiert”, hat die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) die jüngste Ausgabe des Rundbriefs nicht mit unterzeichnet. Eigentlich hatte man immer dienstags aus dem neu eingerichteten Krisenstab mit dem Deutschen Hausärzteverband berichten wollen.
“Wir sind sehr froh, dass Berufsverband und wissenschaftliche Fachgesellschaft in dieser Zeit noch enger zusammenrücken, sich über die Ereignisse austauschen und über gemeinsame Empfehlungen und Schritte nachdenken”, betont DEGAM-Präsident Prof. Martin Scherer in einem parallel versendeten Rundschreiben gleichwohl.