Anamnese: Die 75-jährige Frau E. beobachtet seit einem halben Jahr, dass sie häufiger Dinge vergisst und auch mit dem Datum nicht immer aktuell ist. Letzteres fällt ihr vor allem in Gesprächen auf. Sie lebt allein, ihre Tochter wohnt 20 Kilometer entfernt und besucht sie dreimal die Woche. Auch ihr ist die Vergesslichkeit aufgefallen, aber bisher wollte die Mutter nicht mit ihrem Hausarzt darüber sprechen, den sie einmal im Quartal aufsucht. Es bestehen eine medikamentös behandelte Hypercholesterinämie und Hypothyreose; vor 20 Jahren Cholezystektomie; keine Unfälle.
Befund: 75-jährige Frau in ausreichendem AZ, BMI 31,2 kg/m2 KOF. Haut und sichtbare Schleimhäute ausreichend durchblutet, keine Zyanose, keine Dyspnoe. Herz und Lunge klinisch unauffällig. RR 130/80 mmHg, HF 84/min. Abdomen weich, adipöse Bauchdecke, keine Resistenzen, Gelenke und Wirbelsäule altersentsprechend gut beweglich, neurologisch orientierend unauffällig. Im DemTect acht Punkte, im Mini-Mental-Status-Test 20 Punkte, Uhren-Test mit leichten Unregelmäßigkeiten. Labor: TSH unter Substitutionstherapie bei 2,0 µU/l. Blutbild, Vitamin B12 und Leberwerte im Normbereich.
Diagnose und Beurteilung: Aufgrund der Vorgeschichte, der Fremdanamnese durch die Tochter sowie der Befunde geht der Arzt von einer leicht- bis mittelgradigen Alzheimer-Demenz* bei ansonsten medikamentös ausreichend behandelter Hypothyreose aus.
Therapie und weiteres Prozedere: Der Hausarzt leitet eine Therapie mit einem Acetylcholinesterasehemmer ein. Zudem überweist er Frau E. zum Ausschluss einer signifikanten zerebralen Durchblutungsstörung zur Doppler-Sonografie und zerebralen MRT. Beide zeigen keine wesentlichen Auffälligkeiten. Bei der Kontrolle nach drei Monaten zeigt der Mini-Mental- Status-Test einen Wert von 23, der DemTect zehn Punkte. Unter fortgeführter Therapie bei regelmäßigen Laborkontrollen kommt es nach drei Jahren zum deutlichen Progress der Erkrankung.
*Die Diagnose wurde nachträglich von Demenz auf Alzheimer-Demenz korrigiert, da Acetylcholinesterasehemmer nur für die Therapie der Alzheimer-Demenz zugelassen sind.
Geriatrische Patienten (s. Kasuistik) nehmen viel Raum in der Hausarztpraxis ein. Mit der EBM-Reform wird deren Betreuung jedoch nicht weiter gefördert.
EBM
Bei Erstkontakt rechnet der Hausarzt die Versichertenpauschale 03000 EBM ab, wobei die KV die Pauschalen (03040,03060,03061 und 32001) zufügt. Die Blutabnahme ist in der Pauschale enthalten, die Analysen rechnet die Laborgemeinschaft ab. Für das geriatrische Basisassessment setzt er die 03360 EBM am Folgetag und gleichzeitig die 03362 EBM für die geriatrische Betreuung im laufenden Quartal an. Beim nächsten Kontakt im Beisein der Tochter wird die Fremdanamnese erhoben und es findet ein ausführliches Gespräch (03230 EBM) mit beiden über 25 Minuten statt.
GOÄ
Für die Erstkonsultation werden die Nrn. 1, 7, 800 und 857 GOÄ in Rechnung gestellt. Blutabnahme (Nr. 250) und Laboranalyse werden als Einzelparameter abgerechnet, außer dem vom Laborarzt erbrachten Parameter (TSH, Vitamin B12). Für das 25-minütige Gespräch am Folgetag kommt die Nr. 3 mit Faktor 3,5 zum Ansatz, für die Fremdanamnese bei der Tochter die Nr. 4.
HZV
Bei den Verträgen zur Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) am Beispiel Braunschweig werden geriatrische Leistungen als Einzelleistung 03360 EBM entsprechend der in der Honoraranlage enthaltenen alten 03240 EBM mit 17 Euro abgerechnet. Die Betreuung gemäß 03362 EBM ist ebenso wie bei der TK (mit der HZV-Pauschale) auch in den beiden anderen Verträgen mit der Quartalspauschale verrechnet: “Ersetzung der Ziffer 03240 durch die Ziffern 03360 und 03362 im Ziffernkranz”.
Schwerpunkt: Geriatrie vor und nach der EBM-Reform
Seit 1. Oktober 2013 dürfen Hausärzte ihre geriatrischen Leistungen mit der GKV abrechnen. Dabei ist zweimal im Krankheitsfall (zwölf Monate) ein hausärztlich-geriatrisches Basisassessment (03360 EBM) zulässig, wobei die beiden Leistungen auch in zwei aufeinander folgenden Quartalen berechnungsfähig sind. In jedem Quartal kann dagegen die geriatrische Betreuung nach 03362 EBM angesetzt werden. In den Quartalen, in denen kein Basisassessment berechnet wird, können zudem Demenz-Tests angesetzt werden (03242/19 Punkte, ab 1.4.: 23 Punkte), und zwar dreimal pro Behandlungsfall, soweit die Indikation gegeben ist, etwa zur Verlaufskontrolle der Medikation.