Berlin. GOÄ und EBM sollen auch künftig nebeneinander bestehen bleiben. Die Leistungslegenden und die Kostenkalkulation sollen aber angeglichen werden. Diese „partielle Harmonisierung“ der Vergütungsstrukturen schlägt die Kommission für ein modernes Vergütungssystem (KOMV) in ihrem Abschlussbericht vor.
Ein weiteres verbindendes Element sollen gemeinsame Mindestqualitätsstandards sein. Auf dieser Basis könnten für gesetzlich und Privatversicherte aber weitere unterschiedliche Qualitätsvorgaben vereinbart werden. Zudem sollten künftig Bundesärztekammer (BÄK) und PKV die GOÄ verhandeln, meint die Kommission. Denn der jetzige Weg per Rechtsverordnung sei langwierig und behindere somit oft, dass neue Leistungen zeitnah abgebildet werden.
Umverteilungen unter Arztgruppen?
Im Sommer 2018 hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) das 13-köpfige Gremium eingesetzt und sich deren Arbeit rund 846.000 Euro kosten lassen. Zu den Experten zählen auch zwei Ärztinnen (Prof. Marion Haubitz, Prof. Saskia Drösler) und ein Arzt (Prof. Ferdinand Gerlach), die alle an Universitäten tätig sind. Die SPD hatte diese Kommission bei den Koalitionsgesprächen durchgesetzt und sich dadurch einen ersten Schritt hin zu einer Bürgerversicherung erhofft.
Nach Auffassung der Honorarkommission wäre eine komplette einheitliche Vergütung für ambulante ärztliche Leistungen zwar mit einer Reihe von Vorteilen im Hinblick auf die Anforderungen an ein modernes Vergütungssystem verbunden, zugleich aber mit erheblichen Herausforderungen belastet. So würde eine Umverteilung von Arztgruppen mit eher technischen zu Arztgruppen mit eher nicht-technischen Leistungen stattfinden.
Daher schlagen die Experten nur eine teilweise Angleichung vor: Diese greife die positiven Aspekte einer Vereinheitlichung des Vergütungsrechts partiell auf, trage dabei den geschilderten Herausforderungen jedoch Rechnung.
Ein neuer Honorarausschuss soll entstehen
Wie erwähnt sollen die Leistungslegendierungen (GLL) in der GOÄ und dem EBM angeglichen und eine gemeinsame relative Kostenkalkulation (GRK) zugrunde gelegt werden. Zu diesem Zweck wollen die Experten eine Art „Superbehörde“ schaffen, den „Gemeinsamen Leistungsausschuss“ (GLA). Diesem sollen GKV-Spitzenverband, PKV-Verband, BÄK und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) unter der Rechtsaufsicht des BMG angehören.
Die gemeinsame Kostenkalkulation soll die Kostenverhältnisse der einzelnen Leistungen untereinander festlegen. Die (absoluten) Preise der so geschaffenen Einheitsleistungen sollen dann aber für EBM und GOÄ getrennt verhandelt werden – also weiterhin von GKV und KBV für gesetzlich Versicherte und BÄK und PKV für Privatversicherte. Dabei könnten zum Beispiel auch regionale, fachspezifische oder mengenbezogene Aspekte einfließen. Die Kalkulation soll das Institut des Bewertungsausschusses (InBA) übernehmen.
Einzel- und Pauschalleistungen mehr kombinieren
Losgelöst vom eigentlichen Auftrag, ein Vergütungsmodell für die Zukunft zu entwickeln, schlägt die Kommission auch einige Änderungen am bestehenden GKV-Vergütungssystem vor. Sie will Fehlanreize abbauen, die mit einer überwiegend pauschalierten (EBM) oder an Einzelleistungen orientierten Vergütung (GOÄ) verbunden sind. Stattdessen soll es stärkere Mischvergütungen aus Einzel- und Pauschalleistungen geben. Zusätzlich sollen diese mit qualitätsorientierten Vergütungselementen kombiniert werden.
Abschied vom Quartalsbezug
Den Quartalsbezug im GKV-System will die Kommission weitgehend streichen. Insbesondere Hausärzte sollen vorrangig jährliche, auf Einschreibung beruhende Versichertenpauschalen mit monatlichen Abschlagszahlungen erhalten.
Darüber hinaus sollen kooperative Teamleistungen gefördert werden. Für sie sollen Leistungskomplexe definiert werden, die auch durch interdisziplinäre oder interprofessionelle Teams von Leistungserbringern oder durch Delegation innerhalb des Praxisteams erbracht werden können.