Den entscheidenden Durchbruch für die symptomatische Therapie des idiopathischen Parkinsonsyndroms lieferten die Erkenntnisse des striatalen Dopaminmangels und der Wirkung von Reserpin als Dopaminentspeicherer auf die Akinese [2, 3]. Die Therapie mittels L-Dopa (immer in Kombination mit einem Decarboxylasehemmer) und/oder Dopaminagonisten lieferte über mehrere Jahrzehnte die Basis der Therapie. Die Substitution des striatalen Dopamindefizits ist auch weiterhin der Grundpfeiler in der Therapie des idiopathischen Parkinsonsyndroms. Dabei zielen die dopaminergen Therapiestrategien darauf ab, Zeiten schlechter Beweglichkeit (Off-Phasen) zu reduzieren und Zeiten guter Beweglichkeit (On-Phasen) ohne störende Dyskinesien oder Wirkfluktuationen zu ermöglichen. Gerade in mittleren oder fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung wird versucht, dies durch eine verlängerte Wirkung der Präparate oder eine kontinuierliche Gabe zu erreichen. Eine Verlängerung der Wirkdauer von L-Dopa kann unter anderem durch die Blockade von L-Dopa abbauenden Enzymen gelingen.
Verlängerte L-Dopa-Wirkung
Mit Opicapon (Ongentys®) steht seit Mitte 2016 ein neuer COMT-Hemmer zur Verfügung, der abends eingenommen eine 24-stündige Wirkung aufweist und in zwei Phase-III-Studien eine dem Entacapon vergleichbare Reduktion der Off-Zeiten erreichte [5]. Der Vorteil von Opicapon gegenüber den etablierten COMT-Hemmern (Entacapon, Tolcapon) ist in der einmal täglichen Einnahme zu sehen.
Bereits 2015 wurde Safinamid (Xadago®) zugelassen [6]. Das Wirkprinzip dieser Substanz verfolgt einen dualen Ansatz, bei dem eine reversible MAO-B-hemmende Eigenschaft mit der Reduktion der glutaminergen Überaktivität über eine Blockade von spannungsabhängigen Natriumkanälen kombiniert wird. Safinamid ist allerdings nur in Kombination mit L-Dopa bei Patienten mit motorischen Fluktuationen zugelassen.
Kontinuierliche dopaminerge Therapie
Für die kontinuierliche Gabe sind seit Langem retardierte Dopaminagonisten in oraler Form oder für die transdermale Applikation über 24 Stunden verfügbar. Zusätzlich existieren Medikamentenpumpen, die das jeweilige Präparat meist über den Tag kontinuierlich subkutan (Apomorphin) oder nach gastroskopischer Versorgung mit einer JET-PEG-Sonde (Levodopa/Carbidopa als Duodopa®) applizieren [7, 8].
In der Entwicklung sind neue Applikationen von L-Dopa. Für inhalatives L-Dopa (CVT-301) konnte in einer Phase-III-Studie eine Besserung der motorischen Symptome gezeigt werden [9]. CVT-301 wurde von der FDA als Inbrija® zur Behandlung von Off-Phasen zugelassen.
Bereits 2015 wurde in den USA Rytary® und in Europa Numient® zugelassen. Dabei wird schnell lösliches und lang wirksames L-Dopa in einer Kapsel in einem Verhältnis von 1 : 4 kombiniert, wodurch ein stabiler L-Dopa-Spiegel aufrechterhalten wird. Im Vergleich zu Standard-L-Dopa und L-Dopa/Entacapon zeigte sich eine Reduktion der Off-Zeiten und Zunahme der On-Phasen [10]. Allerdings wurde die Zulassung von Numient® im April 2019 auf Wunsch des Herstellers widerrufen [11]. Eine genauere Dosierung des L-Dopa mit 5 mg Mikrotabletten soll mit einem neuen System erreicht werden welches in Schweden unter dem Namen Flexilev/MyFID bereits Verwendung findet [12].
Tiefe Hirnstimulation
Die tiefe Hirnstimulation beim idiopathischen Parkinsonsyndrom ist seit ihrer Einführung Anfang der 1990er-Jahre ein etabliertes funktionell-stereotaktisches Verfahren. Die drei Zielgebiete sind der Nucleus subthalamicus, der Globus pallidus internus und der ventrale intermediolaterale Kern des Thalamus bzw. das posteriore subthalamische Areal. Die tiefe Hirnstimulation wurde zur Behandlung der motorischen Symptome insbesondere nach dem Auftreten von motorischen Fluktuationen oder eines therapieresistenten Ruhetremors entwickelt. Der Behandlungserfolg und die Besserung der Lebensqualität durch die tiefe Hirnstimulation konnte bei gut ausgewählten Patienten verschiedener Alterskategorien in großen Studien vielfach gezeigt werden [13, 14]. Weltweit wurden mittlerweile schätzungsweise mehr als 150.000 Patienten mit idiopathischem Parkinsonsyndrom damit behandelt, wobei aktuell mehr als 10.000 tiefe Hirnstimulationen pro Jahr durchgeführt werden [15].
Die Entwicklung der tiefen Hirnstimulation zielte in den letzten Jahren vor allem auf technische Neuerungen (längere Elektroden, segmentierte Elektrodenkontakte zur besseren Steuerung des applizierten elektrischen Feldes, wiederaufladbare Stimulatoren) und verbesserte Bildgebungsverfahren zur Zielpunktlokalisation ab.
Eine spannende Herausforderung sind Closed-loop-Systeme. Dabei sollen sich die Stimulationsparameter in Echtzeit auf die Anforderungen des Patienten einstellen. Bislang können Änderungen nur durch eine klinische Testung auf Wirkung und Nebenwirkung des Patienten und entsprechendes Umprogrammieren des Hirnstimulationssystems durchgeführt werden (kontinuierliche Open-loop-Stimulation).
Neue medikamentöse Ansätze
Neue medikamentöse Ansätze für eine symptomatische Therapie motorischer und/oder nichtmotorischer Parkinsonsymptome zielen auf Präparate ohne direkte dopaminerge Wirkung ab.
Istradefyllin (Nouriast®) als Adenosin-2A-Rezeptor-Antagonist zur Behandlung von Wearing off oder Dyskinesien ist seit 2013 als zusätzliche Behandlung zu L-Dopa in Japan zugelassen. Allerdings stehen die endgültigen Ergebnisse von weltweiten Phase-III-Studien noch aus oder haben bislang keine überzeugenden Ergebnisse geliefert.
Der Noradrenalin-Precursor Droxidopa (L-Threo-Dops, Northera®) wurde aufgrund von positiven Studienresultaten zur Behandlung der neurogenen orthostatischen Hypotonie bei Patienten mit idiopathischem Parkinsonsyndrom 2014 in den USA zugelassen. Ob und wann eine Zulassung in Europa oder Deutschland erfolgt, ist nicht bekannt.
Krankheitsmodifizierende Behandlungen
Die bisherigen Ansätze einer krankheitsmodifizierenden Therapie erfüllten bislang nicht die großen Hoffnungen, die in sie gesetzt wurden (z. B. Isradipin oder Rasagilin) [16, 17]. Dies liegt neben den nicht auf den Patienten übertragbaren Zell- und Tiermodellen auch an der Frage, wann eine krankheitsmodifizierende Therapie idealerweise beginnen sollte. Hier kann spekuliert werden, dass diese schon Monate bis Jahre vor dem Auftreten von motorischen Symptomen gegeben werden müsste.
Ein neuroprotektiver Effekt von Koffein und Nikotin auf das idiopathische Parkinsonsyndrom wurde in vielen epidemiologischen Studien beschrieben [18], wobei hier die Ergebnisse der Phase-III-Studien noch ausstehen. Ob die erst vor Kurzem veröffentlichten grundlagenwissenschaftlichen und epidemiologischen Ergebnisse zu einem möglichen neuroprotektiven Effekt von Beta-2-Mimetika in Studien einfließen, ist noch nicht abzusehen [19].
Interessant sind Studien, bei denen Erkenntnisse aus der Genetik und grundlagenwissenschaftliche Ansätze in die Therapie eingebracht werden sollen. Ein bei Parkinson-Patienten recht häufig verändertes Gen ist LRRK2. Für eine Phase-II-Studie werden bis Ende 2019 Patienten rekrutiert, bei denen Lovastatin eingesetzt wird, nachdem diese Substanz neuroprotektive Effekte in einem LRRK2-Drosophila-Modell gezeigt hatte [20].