PflegeheimeNeuer Pflege-TÜV startet

Nicht selten sind Hausärzte auch dann erste Ansprechpartner, wenn Familien auf der Suche nach einem geeigneten Pflegeheim sind. Künftig soll es für diesen Fall verlässliche Bewertungen an die Hand geben - die auch Mängel offenlegen.

Blick ins Pflegeheim: Wie viel Personal steht zur Verfügung, wie gut werden die Bewohner versorgt?

Berlin. Um Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen bei der Wahl eines Pflegeheims zu helfen, sollen ab kommendem Jahr aussagekräftige Informationen über die Qualität der 13.000 Heime in Deutschland zur Verfügung stehen. Am Dienstag (1. Oktober) startete die Sammlung entsprechender Daten für eine grundlegend neue Qualitätsprüfung – genannt “Pflege-TÜV” -, wie der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen in Berlin mitteilte. “Im Fokus steht die Frage: Wie gut ist der pflegebedürftige Mensch versorgt und werden seine individuellen Bedürfnisse angemessen berücksichtigt?”, erklärte der GKV-Spitzenverband die Grundidee der künftigen Bewertung.

Nach jahrelanger Kritik wird das alte Bewertungssystem schrittweise abgelöst. Bis Ende 2020 sollen alle Heime nach dem neuen Verfahren geprüft sein. Bis dahin sind die “alten” Noten weiter einsehbar.

Doch die bisherigen Noten haben ein bedeutendes Problem: Sie sind wenig aussagekräftig. Denn: Bisher erhalten die Heime oft Bestnoten. Man konnte an ihnen kaum ablesen, wie gut die insgesamt 700.000 Heimbewohner jeweils wirklich versorgt werden. So lag der bundesweite Gesamtdurchschnitt im September bei 1,2. Zudem wurde vor allem die Dokumentation der Pflege-Arbeit in Unterlagen geprüft. Nicht selten wenden sich Pflegebedürftige und ihre Angehörigen daher auch an den Hausarzt auf der Suche nach einem für sie passenden Angebot.

Der Gesetzgeber hatte den Mangel verlässlicher Informationen schon vor Jahren bemerkt und Pflegeeinrichtungen, -kassen und Kommunen daher bereits 2015 beauftragt, bis März 2017 ein neues Prüfverfahren zu entwickeln. Aber es gab immer wieder Verzögerungen.

Wundversorgung als ein Kriterium

Nun sollen Qualität und mögliche Missstände in einem zweistufigen Verfahren gemessen werden. Die Heime selbst sollen nun Daten liefern zu zehn Themen – etwa wie gut sie die Mobilität der Bewohner erhalten oder wie selbstständig diese noch Körperpflege und anderes machen können. Dies soll bei jedem Bewohner jedes halbe Jahr gemessen und an eine Datenstelle gemeldet werden.

Alle 14 Monate sollen zudem Prüfer der gesetzlichen und privaten Krankenkassen die Qualität der einzelnen Heime zu 24 Aspekten prüfen und dabei auch die Stimmigkeit der gesammelten Daten bewerten. Geprüft werden soll unter anderem, wie gut die Unterstützung der Bewohner beim Essen und Trinken, die Wundversorgung oder die Unterstützung bei der Strukturierung des Tags ist. Die Heimprüfer sollen angemeldet kommen und jeweils neun Bewohner begutachten – aber die Heime dabei auch beraten.

Veröffentlicht wird zum einen, wie gut die Heime bei den einzelnen Qualitätsthemen im Vergleich zum Durchschnitt abschneiden. Dargestellt wird auch, ob die Prüfer Qualitätsdefizite fanden – für die einzelnen Prüfpunkte jeweils einzeln. Eine Gesamtbewertung ist nicht geplant. Aber alle schwerwiegenden Defizite würden künftig erkennbar, sagte der Geschäftsführer der Medizinischen Dienste der Krankenkassen, Peter Pick.

Ergebnisse sind online einsehbar

Auch weitere Informationen über die Heime sollen geliefert werden, etwa zur personellen Ausstattung. Angaben etwa zur Zimmergröße oder dem Vorhandensein von Balkonen oder einem Garten sind dagegen freiwillig. Die Ergebnisse sollen wie bisher im Internet veröffentlicht werden sowie in den Heimen selbst einsehbar sein.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte: “Der bisherige Pflege-TÜV war leider eine Farce.” Künftig gehe es darum, wie es den Bewohnern wirklich geht. “Das ist ein Riesenschritt für mehr Vertrauen ins System.” Auch die Pflegebeauftragte der SPD-Fraktion, Heike Baehrens, lobte, dass künftig die Qualität der Versorgung im Mittelpunkt stehe.

Die Grünen-Expertin Kordula Schulz-Asche forderte die stärkere Einbeziehung der Angehörigen. Die FDP-Expertin Nicole Westig verlangte einfachere Darstellungen. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, nannte es fraglich, ob die neue Darstellung wirklich eine schnelle Einschätzung bei der Heimsuche bringen werde. Linksparteichef Bernd Riexinger kritisierte, das zentrale Problem des Personalmangels werde nicht gelöst.

 

Mit Material von dpa

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