Rostock. Wohlhabende Senioren leben einer neuen Analyse zufolge im Mittel deutlich länger als Männer mit geringer Rente. Im Jahr 2016 hatten 65-Jährige mit hohen Renten durchschnittlich noch etwas mehr als 20 Lebensjahre vor sich, Senioren mit niedrigen Bezügen dagegen nur knapp 16, wie aus der Untersuchung des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung in Rostock hervorgeht.
Obwohl die Lebenserwartung in den vergangenen Jahren in allen Einkommensschichten wuchs, öffnete sich demnach die Schere zwischen Arm und Reich weiter: In hohen Einkommensschichten habe sie fast doppelt so schnell zugenommen wie in der Gruppe mit den niedrigsten Einkommen. 1997 habe die Lücke noch bei etwa drei Jahren gelegen. „Vor allem für Menschen am unteren Ende der sozialen und wirtschaftlichen Hierarchie stieg die Lebenserwartung im Alter 65 zuletzt deutlich langsamer – im Westen sogar seit etwa 2007 fast gar nicht mehr“, sagte der Hauptautor der Studie, Georg Wenau.
Im Osten steigt die Altersarmut
Er und seine Kollegen hatten Daten der Deutschen Rentenversicherung (DRV) von 1997 bis 2016 ausgewertet. Die Analyse zeigt, wie sich die Zahl der Menschen in den verschiedenen Einkommensgruppen mit der Zeit veränderte. So stieg der Anteil der Rentner im Osten mit den niedrigsten Einkommen von 20 Prozent im Jahr 2005 bis 2016 auf 36 Prozent, während die Verteilung im Westen praktisch gleich blieb.
„In Ostdeutschland konnten viele Neu-Rentner nur noch wenige Rentenpunkte ansammeln, da sie langzeitarbeitslos oder insbesondere in den letzten Erwerbsjahren geringfügig beschäftigt waren“, so die Autoren. Auch wenn sich die sozioökonomische Situation erst spät im Leben verschlechtere, könne dies erheblichen Einfluss auf die Lebenserwartung haben, schließen sie daraus.
Zusammenhänge unklar
Weshalb niedrige Löhne und damit später auch Renten mit einem im Mittel kürzeren Leben verbunden sind, analysierten die Rostocker Forscher nicht. Wer wenig verdiene, habe oft ungünstigere Lebensumstände, erklärte Hajo Zeeb vom Bremer Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (Bips) dazu. „Niedriges Einkommen führt dazu, dass man in Regionen wohnt, die gesundheitlich benachteiligt sind, etwa durch Lärm oder Schmutz.“ Auch andere Faktoren wie ein niedrigerer Bildungsstand, ungesunde Arbeiten, Übergewicht, Rauchen und Alkohol hätten Auswirkungen. „Man kann das quer durch alle Todesursachen sehen“, sagte Zeeb, der selbst nicht an der Studie beteiligt war.
Weil die Auswertung der DRV-Daten so kompliziert sei, sei die Lebenserwartung nach sozialen Kriterien bisher nur selten untersucht worden, erklärten die Studienmacher. Das bestätigte auch Zeeb: „Wir sind schlecht aufgestellt, was Daten zu Sozialstatus und Todesursachen angeht.“
Quelle: dpa