Künftig sollen Ärzte nur noch bis zu zwei Jahre nach dem Honorarbescheid mit Regressen rechnen müssen, das Ordern von Vakzinen für den Sprechstundenbedarf soll gar (fast) regressfrei werden. Das sieht das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vor, das eine Fülle von Themen adressiert und das der Bundestag jüngst verabschiedet hat (Der Hausarzt 6).
In einer Umfrage unter rund 13.000 Medizinstudenten erklärten zuletzt fast 47 Prozent der Befragten, dass sie die Angst vor Regressforderungen von einer Niederlassung abhalte (https://hausarzt.link/MsJtB). Vor diesem Hintergrund kritisiert der Deutsche Hausärzteverband, dass das TSVG kein Ende der Regresse bringt. Im Gegenteil: Die beschlossene Verkürzung der Prüfzeiten (s.unten) sei zwar positiv zu werten, könnte zunächst jedoch gar zu einer Zunahme der Prüfungen führen. Auch bleibt der große zeitliche Aufwand im Falle einer Prüfung – auch wenn das Gesetz hier Schritte vorsieht, die die Zahl der Prüfungen reduzieren könnten:
- Verordnungen sollen künftig nur noch bis zu zwei statt wie bislang bis zu vier Jahre nach Erlass des Honorarbescheids geprüft werden können. Nachforderungen oder Kürzungen sind auch nur noch innerhalb von zwei Jahren möglich.
- Die Höhe von Nachforderungen wird auf eine Differenzberechnung beschränkt. Die Forderung ergibt sich nicht mehr wie bislang aus der Gesamtleistung (z. B. verordnete Arznei A im Wert von 350 Euro), sondern aus dem tatsächlich entstandenen Schaden zu Lasten des Kostenträgers (verordnete Arznei A 350 Euro minus wirtschaftlichere Alternative B 325 Euro = 25 Euro).
- Bislang werden mindestens zwei Prozent aller niedergelassenen Ärzte im Quartal geprüft – zufällig ausgewählt. Künftig soll es maximal zwei Prozent der Ärzte treffen – und nur dann, wenn mindestens eine Krankenkasse oder KV einen begründeten Antrag stellt.
- Weiterhin können Kassen und KVen Prüfungen nach Durchschnittswerten vereinbaren. Jedoch gelten Ausnahmen: So sollen Durchschnittsprüfungen für Ärzte entfallen, die in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Gebieten arbeiten. Gleiches gilt für Regionen, in denen ein “zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf” festgestellt wurde sowie für Praxisbesonderheiten, zum Beispiel eine hohe Zahl betreuter Pflegeheime. Demnach wären auch Landärzte mit sehr vielen Patienten aufgrund niedriger Arztdichte in der Region entlastet.
- Verordnungen von Behandlungen im Krankenhaus sowie Vorsorge- oder Reha-Einrichtungen unterliegen künftig nicht mehr den Prüfungen. Dies gilt auch für Blankoverordnungen von Heilmitteln.
Regresse bei Impfstoffen bald Vergangenheit?
Bei der Bestellung von Grippeimpfstoffen für ihren Sprechstundenbedarf sollen Ärzte künftig einen “Sicherheitszuschlag” einkalkulieren können, ohne Regresse befürchten zu müssen. Laut TSVG wird pro Impfsaison eine “angemessene, mindestens jedoch zehnprozentige Überschreitung” gegenüber der erst im Nachhinein tatsächlich feststellbaren Menge erfolgter Impfungen noch als “wirtschaftlich” gewertet.
In Niedersachsen wurde dies – unabhängig vom TSVG – bereits verabschiedet: Ärzte dürfen hier zunächst bis zu 90 Prozent des Mittelwerts der verimpften Dosen der vergangenen drei Grippesaisons bestellen, zehn Prozent dürfen dann nachbestellt werden, ohne dass Regresse drohen. Mehr: https://hausarzt.link/Z1gXf
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Das Gesetz im Überblick: https://hausarzt.link/rhw18 lesen Sie, welche Änderungen Hausärzte jetzt umsetzen müssen.