Morbus Crohn ist nicht gleich Morbus Crohn und auch bei der Colitis ulcerosa handelt es sich um ein heterogenes Krankheitsbild. Die Pathogenese kann auf vielen Faktoren beruhen, die ihrerseits die klinische Ausprägung der Erkrankung bestimmen.
Entscheidend sind neben der Genetik und diversen Umweltfaktoren wie etwa der Ernährung auch epigenetische Einflüsse sowie das Proteom, das Mikrobiom und das körpereigene Immunsystem.
Das Zusammenspiel der potenziellen pathogenetischen Faktoren wird jedoch noch zu wenig verstanden, betonte Prof. Claudio Fiocchi, Cleveland, beim Symposium 213 der Falk Foundation e.V. in Mailand.
Es ist zudem davon auszugehen, dass die Interaktionen sich gegenseitig beeinflussen können, so dass quasi auch von einem “Interaktom” auszugehen ist. Das kann im Einzelfall durchaus Auswirkungen auf die optimale Behandlungsstrategie haben.
Sind die Zusammenhänge bekannt, so können eher als bisher zielgerichtet wirksame Medikamente entwickelt werden. Deshalb wird es nach Fiocchi künftig von Bedeutung sein, nicht nur die klinische Diagnose eines Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa zu stellen, sondern auch den molekularen Subtyp und das jeweilige Interaktom zu erfassen: “Je konkreter dies auf individueller Ebene gelingt, umso eher ist eine personalisierte Therapie zu realisieren”, meinte dazu Prof. Vito Annese, Dubai.
Es reicht jedoch nicht, stets nur nach allgemeinen genetischen Markern zu suchen. Vielmehr müssen auch die Gensignaturen in der Mukosa und ihre Auswirkungen auf die von ihnen gesteuerten Signalwege und Regelmechanismen untersucht werden.
Sind die Expressionsprofile klar, so bahnt dies den Weg in die prädiktive Medizin bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen: “Wir können dann vermutlich auch mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagen, ob ein Patient auf eine bestimmte Medikation wie beispielsweise Anti-TNF-Wirkstoffe ansprechen wird oder nicht”.
Quelle: Symposium 213 “Tailored Therapies for IBD: A Look into the Future” der Falk Foundation e.V., 5.-6. Oktober 2018 in Mailand
“Therapieoptimierung vor Eskalation”
Interview mit Professor Axel Dignaß, Frankfurt
Herr Professor Dignaß, wie wichtig ist die Adhärenz bei Patienten mit chronisch ent- zündlicher Darmerkrankung?
Prof. Dignaß: Die Adhärenz spielt eine zentrale Rolle. Wir wissen, dass die Patienten ihre Medikamente vor allem in einer Ruhephase der Erkrankung nicht mehr so regelmäßig einnehmen. Die Therapietreue ist aber wichtig, um die Krankheitskontrolle zu erhalten. Wir haben vor allem bei der Colitis ulcerosa Daten, wonach bei mildem bis moderatem Verlauf durch Medikamente wie Mesalazin eine dauerhafte Remission erhalten werden kann. Nehmen die Patienten aber weniger als 75 % der verordneten Mesalazintherapie ein, steigt die Wahrscheinlichkeit für die Entwick-lung eines Rezidivs. Kommt es hierzu, wird oft die Therapie eskaliert. Es wäre vernünftiger, zunächst die Standardtherapie zu optimieren. Dazu gehört auch eine gute Adhärenz.
Wie motivieren Sie die Patienten hierzu?
Prof. Dignaß: Wir versuchen zu verdeutlichen, dass es sich um eine chronische Erkrankung handelt und wir alles tun sollten, um die Remission langfristig zu erhalten. Bei einem Rezidiv drohen Komplikationen und insbesondere eine höhere Rate von Neoplasien. Zudem müssen wir möglicherweise intensivere und damit auch nebenwirkungsträchtigere Medikamente einsetzen. Es hilft auch oft, wenn wir den Patienten erklären, dass Mesalazin eine effektive Medikation dar- stellt, die sie lebenslang einnehmen können. Wir sollten auch erläutern, dass sich mit der Einnahme nicht nur die Colitis ulcerosa in Remission halten und damit Komplikationen vorbeugen, sondern zugleich der Entwicklung von Darmkrebs entgegenwirken lässt.
Vielen Dank für das Gespräch.