Um dem steigenden Bedarf nach Hausärzten in Nordrhein-Westfalen schneller als bislang zu begegnen, sollen künftig verstärkt Quereinsteiger angeworben werden. Das sieht eine Vereinbarung des Landesgesundheitsministeriums, der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Ärztekammern sowie den Kassen im Land vor.
Deren Inhalt stößt beim Deutschen Hausärzteverband jedoch auf deutliche Kritik: Die Förderung des Quereinstiegs sei zwar prinzipiell ein sinnvoller Ansatz, die konkrete Umsetzung gehe jedoch in die “völlig falsche Richtung”. “Wir lehnen es entschieden ab, wenn die hohen Qualitätsstandards in der allgemeinmedizinischen Weiterbildung herabgesetzt werden”, betont Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands.
Der Wechsel in den Hausarztjob soll künftig durch finanzielle Anreize attraktiver werden. Das Angebot richtet sich vor allem an Allgemeininternisten, aber auch an Fachärzte für Anästhesiologie und Chirurgie. Quereinsteiger können künftig ein bis zwei Jahre lang eine finanzielle Förderung von bis zu 9.000 Euro pro Monat erhalten.
Der Hausärzteverband kritisiert vor allem die verkürzte Weiterbildungszeit, die das Programm vorsieht: Denn Ärzte, die bisher ausschließlich im Krankenhaus tätig waren, sollen nach zwölf Monaten in der ambulanten Weiterbildung den Facharzt für Allgemeinmedizin erwerben können.
Zur Erinnerung: Junge Ärzte in der regulären Weiterbildung sind verpflichtet, mindestens 24 Monate in einer hausärztlichen Praxis zu absolvieren. Der Titel Facharzt für Allgemeinmedizin könne nicht im Schnellverfahren vergeben werden, kritisiert Weigeldt. “Hierfür sind ganz andere Kompetenzen gefragt!”
Auch Anke Richter-Scheer, Vorsitzende des Hausärzteverbands Westfalen-Lippe, betont, dass durch den Quereinstieg das Fach Allgemeinmedizin nicht in seiner Kompetenz geschmälert werden darf. So beinhalte die Arbeit als Hausarzt essenzielle Bereiche, die Klinikärzte oft erst lernen müssten: den Einschluss von sozialen Belangen in der Anamnese etwa oder das Übernehmen von Verantwortung ohne Monitoring. “Um diese wichtigen Teilprozesse erlernen zu können, benötigt man Zeit und Erfahrung.”
Richter-Scheer setzt darauf, dass dies auch im Landesgesundheitsministerium erkannt wird. So habe Minister Karl-Josef Laumann (CDU) im Gespräch bestätigt, dass ihm der Kompetenzerhalt genauso wichtig sei wie dem Hausärzteverband.