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Hausarzt MedizinZwei Krankheiten mit ähnlichen Symptomen

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind die beiden häufigsten Formen chronisch entzündlicher Darmerkrankung. Beide können sowohl aufgrund ihres Befallsmusters als auch wegen ihres klinischen Verlaufs ein unterschiedliches Bild mit individuell divergierenden Beschwerden bedingen.

Die Entwicklung der Symptome kann sich bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa relativ akut innerhalb weniger Tage oder Wochen manifestieren, es gibt jedoch auch Krankheitsverläufe, bei denen der Patient schon über Jahre zuvor reizdarmähnliche Symptome beklagt.

Die Manifestation der Colitis ulcerosa beginnt mit wenigen Ausnahmen im Rektum und setzt sich kontinuierlich in die weiter proximal gelegenen Dickdarmanteile fort (Proktitis, Linkseitenkolitis, Pankolitis). Daher wird die Symptomatik bei dieser Erkrankung häufig durch den Befall des Enddarms, der in der Regel am intensivsten betroffen ist, determiniert; blutige Durchfälle sind das häufigste Erscheinungsbild.

Im Gegensatz dazu gibt es bei Morbus Crohn nur bedingt eine typische Verlaufsform; als diese wird der Befall des terminalen Ileums betrachtet. Jedoch können auch ganz andere Teile des gesamten Magen-Darm-Trakts befallen sein, so dass unterschiedliche Aspekte das klinische Bild beherrschen können. Außerdem bestehen variable Verlaufsformen, bei denen einerseits entzündliche, andererseits auch strikturierende oder penetrierende Aspekte die Darmsymptomatik beherrschen.

Beide Erkrankungen (insbesondere der M. Crohn) sollten jedoch nicht nur als isolierte Darmerkrankung, sondern als Systemerkrankung verstanden werden.

Gastrointestinale Beschwerden

Seitens der Häufigkeit sind abdominelle Symptome wie Bauchschmerzen und Diarrhöen sicherlich die typischen Zeichen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED). Nichtsdestotrotz ist die diagnostische Abgrenzung zum Reizdarmsyndrom oder auch zu z. B. Lebensmittelunverträglichkeiten schwierig, und bei allen Ursachen ist das Bild deutlich von den Lebensgewohnheiten und der Ernährung abhängig. Reizdarmtypische Symptome können auch bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen vorhanden sein. Während der Bauchschmerz bei der aktiven Colitis ulcerosa häufig im linken Unterbauch eher diffus lokalisiert ist, entspricht der Schmerz einer Ileitis terminales Crohn häufig dem einer Appendizitis; bei anderen Befallsmustern kann es jedoch zu einer deutlich divergenten Symptomatik kommen, z. B. werden bei einer Duodenalstenose Schmerzen eher in den Oberbauch projiziert. Bemerkenswert ist, dass das Symptom Schmerz bei Colitis ulcerosa zwar seltener ist als bei M. Crohn, jedoch relativ häufig als das dominante Problem seitens der Patienten genannt wird.

Auch wenn die Häufigkeit der Stuhlgänge nicht zwingend mit der Aktivität einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung korreliert, so können doch einige typische Phänomene insbesondere bei einer Colitis ulcerosa auftreten: Die Patienten leiden vor allem unter intensiver morgendlicher Darmaktivität mit Blutabgängen bereits ohne Nahrungsaufnahme, in deren Folge sie zum Teil über 2 bis 3 Stunden wiederholt die Toilette aufsuchen müssen, was bei einer geregelten Arbeitstätigkeit Schwierigkeiten bereitet (auch Schülern wird es u. U. Probleme bereiten, rechtzeitig die Schule zu erreichen). Frühe Mahlzeiten werden daher oft gemieden. Demzufolge sollten auch topische Applikationen, die gerade bei Colitis ulcerosa eher zu selten eingesetzt werden, konsequenterweise abends erfolgen, wenn die Symptomatik häufig weniger ausgeprägt ist.

Beim M. Crohn mit distalem Befallsmuster kann die Symptomatik ähnlich sein. Spezieller wird die subjektive Problematik bei perianaler Crohnaktivität mit z. B. einer Analkanalstenose oder auch perianalen Fisteln: Stuhlgänge werden häufig von starken Schmerzen begleitet und sind aufgrund der Obstruktion wechselhaft; intensive lokale Pflegemaßnahmen werden aufgrund der chronischen Reizung notwendig. Blutabgänge weisen hier auf einen distalen Befall hin.

Bei intensiver Aktivität der Erkrankung treten nächtliche Stuhlgänge hinzu, die bei funktionellen Erkrankungen untypisch sind. Die damit verbundene eingeschränkte Nachtruhe trägt häufig erheblich zum klinischen Bild bei. Diese Problematik kann als Indikator für eine signifikante Aktivität gewertet werden und sollte Überlegungen zu therapeutischen Konsequenzen veranlassen.

Ein weiterer wichtiger Punkt in Hinblick auf die Durchfallsymptomatik ist die Kontrolle des Stuhlgangs: Eine Vielzahl der häufig jungen Patienten wird bereits Erfahrung mit Inkontinenz gemacht haben. Häufig ist dies eine Ursache für individuelle Präventionsmaßnahmen oder auch einen sozialen Rückzug. Bei der Colitis ulcerosa korreliert die Problematik mit der aktuellen Aktivität der Grunderkrankung und sollte durch eine konsequente Therapie (insbesondere Lokaltherapie) beherrschbar sein. Bei therapierefraktären Verläufen kann jedoch eine Frequenz von 5 bis 8 unkontrollierten Stuhlgängen subjektiv deutlich belastender sein als ein postoperativer Zustand nach ileoanalem Pouch, bei dem die gleiche Frequenz mit jedoch in der Regel deutlich besser kontrolliertem Ablauf zu erwarten ist.

Die Stuhlkontrolle bei M. Crohn kann neben der akuten Aktivität der Erkrankung auch maßgeblich durch strukturelle Schäden im Bereich des Enddarms bedingt sein, die in Form bzw. als Folge von Fisteln, Abszessen und Stenosen auftreten können.

Der perianale Befall wird als Risikofaktor für einen komplizierten Verlauf der Erkrankung gesehen und sollte die Diskussion hinsichtlich einer langfristig ausgerichteten Therapie (Biologika) immer zur Folge haben. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass strukturelle Schäden u. U. nicht mehr regenerationsfähig sind. Daher sollten operative Maßnahmen auf ein Minimum beschränkt und mit gastroenterologisch bzw. chirurgisch auf diesem Gebiet erfahrenen Experten interdisziplinär abgesprochen werden. Sollte die perianale Erkrankung nicht kontrollierbar sein, so ist evtl. ein definitives Stoma die Konsequenz, das für die betroffenen Patienten eine erhebliche Entlastung sein kann.

Systemische Symptome

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen führen neben gastrointestinalen Symptomen bei vielen Patienten auch zu systemischen Effekten. Ein typisches Problem ist der Gewichtsverlust bzw. die Unterernährung. Das absolute Maß an Unterversorgung ist mitunter schwierig zu beurteilen und sollte nicht allein am Gewicht beurteilt werden. Gerade bei älteren Patienten kann auch bei formal normgewichtigen Patienten eine erhebliche Verteilungsstörung mit Sarkopenie vorliegen.

Ein akuter, signifikanter Gewichtsverlust (> 10 Prozent des Körpergewichts) als Folge einer hochaktiven chronisch entzündlichen Darmerkrankung tritt sowohl bei der Colitis ulcerosa als auch beim M. Crohn auf und sollte in beiden Fällen als relevanter, prognostischer Prädiktor gewertet werden, der sowohl für die Notwendigkeit einer dauerhaften, intensivierten Therapie steht auch als für das Auftreten vor allem infektiöser und operativer Komplikationen.

Da die wesentliche Resorption der Nahrung im Dünndarm stattfindet, tritt das Problem in der Langzeitbehandlung (abgesehen von einer inadäquaten Kontrolle der Entzündung) typischerweise beim Dünndarmbefall des M. Crohn oder auch postoperativ nach einer Dünndarmresektion auf, im Extremfall als irreversibles Kurzdarmsyndrom. Daher sollte gerade bei einem primären Dünndarmbefall des M. Crohn eine effektive Langzeittherapie erwogen werden, um dauerhafte, gravierende Probleme zu verhindern.

Aber auch ohne einen ausgedehnten Befall des Dünndarms kann es zu einem relevanten Gewichtsverlust kommen, z. B. bei Stenosierungen oder enteralen Fistellungen, in deren Folge die Nahrungsaufnahme bzw. -verwertung systematisch eingeschränkt wird und sich Patienten langfristig unterernähren. Das Körpergewicht sowie das Albumin sollten in solchen Situationen als Langzeitmarker für die Erkrankung beobachtet werden, da sich außerhalb dieser Parameter häufig ein bemerkenswert unauffälliger Befund zeigt.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass insbesondere bei Kindern und Jugendlichen die Entwicklung des Körpergewichts kritisch beobachtet werden sollte, da eine durch eine Unterversorgung während der Adoleszenz bedingte Wachstumsstörung irreversibel sein kann. Bei Erwachsenen sollte die häufig inadäquate Eisenversorgung kontrolliert und gerade bei postoperativem M. Crohn die Vitamin-B12-Versorgung sichergestellt werden.

Extraintestinale Symptome

Neben diesen nutritiv bedingten systemischen Symptomen können chronisch entzündliche Darmerkrankungen zu einer Reihe von extraintestinalen Symptome beitragen, die gelegentlich auch schon vor dem Auftreten der Darmerkrankung manifest werden können. Diese betreffen vor allem die Gelenke und die Haut, seltener können auch zahlreiche weitere Organe (u. a. Augen, Leber) beteiligt sein. Daneben sollten auch regelmäßig medikamentöse Nebenwirkungen als Alternative von Symptomen bedacht werden.

Soziale Auswirkungen

Umfragen unter Patienten zeigen, dass die deutliche Mehrheit sich in ihrem Arbeitsleben beeinträchtigt fühlt, ca. 40 Prozent haben ihr Arbeitsleben angepasst (z. B. Teilzeitarbeit), ein signifikanter Anteil hat wegen der CED seinen Job verloren oder aufgegeben. CED-Patienten können inzwischen eine Beamtenlaufbahn einschlagen, sind jedoch z. B. von einer Ausbildung bei der Polizei oder Bundeswehr in der Regel ausgeschlossen. Ein signifikanter Anteil der Patienten vor allem mit M. Crohn wird bereits zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr frühberentet. Die ausgeübte Tätigkeit spielt in der Beurteilung eine maßgebliche Rolle; so werden Dachdecker, Arbeitnehmer mit signifikanter Reise- oder auch unregelmäßiger Tätigkeit sehr viel mehr Probleme mit wechselndem akuten Stuhldrang haben als z. B. Verwaltungsangestellte.

Wenig beachtet werden häufig auch Beeinträchtigungen der Sexualität infolge z. B. eines gestörten Selbstbilds, aber auch operativer Eingriffe und u. U. eingeschränkter Kontinenz.

Die Vielfältigkeit und Chronizität der Symptomatik und die daraus resultierenden Konsequenzen lassen erahnen, dass Stress ein sehr häufig genannter Faktor ist, der zum Teil auch ursächlich für einen Schub der Erkrankung von Seiten der Patienten genannt wird. Damit verbunden sind chronische Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Ansatzpunkte zur entsprechenden Therapie sollten daher ggf. nicht nur in der medikamentösen Therapie und Substitution z. B. eines Eisenmangels gesucht werden. Das Ansprechen individueller Problembereiche kann bereits weiterhelfen und auch neue Therapieansätze eröffnen, ggf. ergänzt durch eine psychosomatische Behandlung.

Fazit

  • Die Schmerzbehandlung und die Kontrolle des Stuhldrangs/der Kontinenz sind wichtige Therapieziele bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.

  • Die Beurteilung des Ernährungszustands ist vor allem für Kinder und ältere Patienten relevant. Ein signifikanter Gewichtsverlust ist ein deutlicher prognostischer Hinweis für einen schweren Verlauf.

  • Viele Aspekte des Alltagslebens, u. a. die Arbeitsfähigkeit, werden durch die Chronizität der Erkrankungen signifikant beeinträchtigt und sollten bei der Behandlung bedacht werden.

Literatur beim Verfasser.

Mögliche Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert

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