Was haben wissenschaftliche Medizin und Akupunktur, Naturheilverfahren oder der mikrobiologischen Behandlung gemeinsam? Für viele Ärzte liegen diese Welten weit auseinander – die Integrative Medizin bringt sie zusammen.
Einteilung der Naturheilverfahren
Klassische Naturheilverfahren:
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Bewegungstherapie
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Ernahrungstherapie
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Hydrotherapie
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Phytotherapie
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Ordnungstherapie
Erweiterte Naturheilverfahren:
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Ausleitende Verfahren
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Elektrotherapie (Reizstrom, TENS)
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Mikrobiologische Therapie
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Neuraltherapie
Alle medizinischen Verfahren, die die Schulmedizin sinnvoll ergänzen, werden als Komplementärmedizin bezeichnet. Integrative Medizin meint in diesem Sinn die Anwendung wissenschaftlicher Medizin gemeinsam mit komplementären Behandlungsmaßnahmen. Eine solche integrative Therapie kann nicht nur die therapeutischen ergebnisse für den einzelnen Patienten optimieren, sondern auch Leid mindern und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.
Für die Orientierung an der Komplementärmedizin, d. h. an den Behandlungsmaßnahmen, die jenseits der etablierten schulmedizinischen Standards praktiziert werden, bestehen eine ganze Reihe verschiedener Beweggründe sowohl bei Patienten als auch bei deren Ärzten – sei es in der Onkologie oder in der Behandlung chronisch schmerzerkrankter Patienten, in der Gynäkologie, in der Rheumatologie oder zur Stärkung der Selbstheilungskräfte.
Zunehmende Verbreitung
Darüber hinaus wurden komplementärmedizinische Therapien längst zum Bestandteil vieler ärztlicher Verordnungen, ohne dass sich der behandelnde Arzt dessen immer bewusst wäre. Man denke nur an die „Fünf Säulen der klassischen Naturheilverfahren“, die nicht nur in die Therapie von Rehabilitationskliniken, sondern auch in kleineren und größeren Krankenhäusern eingebunden sind oder sich in den Behandlungsabläufen etablierter Universitätskliniken entdecken lassen.
Zunehmend finden sich auch Krankenhäuser und Klinikambulanzen mit komplementärmedizinischer Ausrichtung oder zumindest einzelnen Abteilungen, die mit naturheilkundlichen oder anthroposophischen Schwerpunkten arbeiten, die Homöopathie in die Behandlung einbinden oder ihren Patienten Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und Akupunktur anbieten.
Auch an einzelnen Universitätskliniken wird ein breites Spektrum von komplementären Behandlungsverfahren angewendet und in umfangreichen Forschungsaktivitäten bewertet, wodurch eine zeitnahe Umsetzung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Komplementärmedizin gewährleistet wird.
Ein kurzer Leitfaden
Sie brauchen Zeit, um sich und ihre Ideen zu entwickeln. Von außen betrachtet, sieht Vieles sehr einfach aus, denkt man. Aber von innen vielleicht nicht: Die Erfahrung fehlt, die Weiterbildung wurde noch nicht abgeschlossen, und die Zeit ist vielleicht noch nicht reif, der naheliegende Weg nicht immer der richtige. Sie brauchen die Schuhe, die Ihnen passen und sollten erst einmal einige wenige und überschaubare Schritte gehen; denn je nach persönlichem Interesse und speziellen Kenntnissen können einzelne oder auch mehrere Bereiche der Komplementärmedizin kombiniert werden.
Behandlungskonzept und -angebot mussen zu Ihnen und Ihren Möglichkeiten und den individuellen Rahmenbedingungen der Praxis passen. Dabei gilt es, ein tragfähiges Konzept zu entwickeln, um die Praxisabläufe den neuen Gegebenheiten anzupassen und die nötigen qualitativen und personellen Voraussetzungen zeitgerecht zu erfüllen. Wer die vielfältigen Methoden der Komplementärmedizin in seiner eigenen Arztpraxis anbieten möchte, sollte sich gut und ausreichend vorbereiten und seine Patienten frühzeitig über das erweiterte therapeutische Spektrum informieren.
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Die Neuausrichtung der Praxis setzt zunächst eine Analyse der Ausgangsbedingungen voraus. Nach persönlichen Interessen und Neigungen werden die Fortbildungskurse und Weiterbildungsmaßnahmen ausgesucht und die Umsetzung der Komplementärmedizin in der Praxis geplant.
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Natürlich sollten auch Schwachstellen wie beispielsweise zusätzliche Anforderungen an die Praxisorganisation oder die Kosten für Investitionen in neue medizinische Geräte oder zusätzlichen Raumbedarf und Schulungen der Praxismitarbeiter ebenso berücksichtigt werden, wie mögliche Umsatzsteigerungen oder die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten der Praxis.
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Eine komplementärmedizinisch ausgerichtete Arztpraxis unterscheidet sich in vielfacher Hinsicht von einer durchschnittlichen Arztpraxis. So benötigen Anamnese und Untersuchung nach den Regeln der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) oder eine homöopathische Erstanamnese in der Regel sehr viel Zeit, was bei der Terminvergabe und der Belegung der Praxisräume zu berücksichtigen ist.
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Auch bei der Auswahl der Mitarbeiter sollte das besondere diagnostische und therapeutische Spektrum der Praxis berücksichtigt werden. Das bedeutet, die Mitarbeiter müssen neben persönlichem Interesse auch den speziellen Anforderungen einer naturheilkundlich oder homöopathisch ausgerichteten Arztpraxis genügen.
Bei fast allen ärztlichen Leistungen zur Diagnostik und Therapie in der Komplementärmedizin sind ausführliche Beratungen und Untersuchungen erforderlich. Zu einer qualitativen Beratung gehört immer ein eingehendes und informatives Erstgespräch. Je länger der Krankheitsverlauf, je umfangreicher die Beschwerden und je untypischer das Beschwerdebild, desto mehr Zeitaufwand und Aufmerksamkeit benötigt der Patient und desto umfangreicher wird die Erstanamnese sein. Das betrifft vor allem Patienten mit chronischen Erkrankungen, malignen Erkrankungen oder chronischen Schmerzen.
Abrechnung nach GOÄ
Ob für Chinesische Medizin, Phytotherapie, anthroposophische Medizin oder Ayurveda, für Homotoxikologie oder die mikrobiologische Therapie – für all diese Verfahren und Methoden existieren in der GOÄ keine eigenen Abrechnungsziffern. Lediglich die Abrechnungsziffern für die Akupunktur (GOÄ-Ziffer 269 und 269a) und die Homöopathie (GOÄ-Ziffer 30 und 31) und für die Eigenblutbehandlung (GOÄ-Ziffer 284) bilden hiervon eine Ausnahme.
Allerdings bietet die GOÄ weitere Abrechnungsziffern, die auch im Rahmen der Komplementärmedizin abgerechnet werden können. An dieser Stelle sei noch einmal betont, dass alle Leistungen, die in der GOÄ beschrieben sind, auch nach der GOÄ abgerechnet werden müssen. In allen anderen Fällen muss nach Paragraf 6 (2) „entsprechend“, d. h. analog, abgerechnet werden.
IGeL
In den Bereich der Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) gehören alle Leistungen, die nicht in das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) fallen. Zu den IGeL zählen diagnostische und therapeutische Verfahren und Maßnahmen der Komplementärmedizin. Bedenken Sie bitte auch, dass bei Privatpatienten ebenfalls individuelle Gesundheitsleistungen möglich sind, die von der Privaten Krankenversicherung (PKV) des Patienten nicht erstattet werden.
Das bedeutet: Werden von einem Patienten Leistungen aus der Komplementärmedizin gewünscht und diese nicht von seiner Krankenversicherung (GKV oder PKV) erstattet, so handelt es sich um eine gewünschte IGeL, die vom Patienten – ob gesetzlich oder privatversichert – selbst zu bezahlen ist.
Abrechnung nach EBM
Wenn die Leistungen der Komplementärmedizin schon in der aktuell gültigen GOÄ kaum Berücksichtigung finden, so ist die Abrechnung nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) der gesetzlichen Krankenversicherung ein besonders trauriges Kapitel. Lediglich Akupunktur, Manuelle Therapie, Psychosomatische Grundversorgung, Übende Verfahren wie Autogenes Training und die Muskelentspannung nach Jacobsen sowie Hypnose sind im EBM mit eigenen Abrechnungsziffern repräsentiert und zu einem der jeweiligen Leistung kaum angemessenen Honorarsatz aufgeführt.
Übrigens: In der hausarztzentrierten Versorgung (HZV) werden komplementärmedizinische Leistungen überhaupt nicht berücksichtigt und demnach auch nicht vergütet. Trotz teurer und zeitaufwändiger Zusatzausbildung erbringen Sie beispielsweise die Akupunkturleistungen für HZV-Patienten ohne zusätzliches Honorar!
Fazit
In der Komplementärmedizin sind individuelle Behandlungskonzepte die Regel. Und für gute ärztliche Leistungen haben Sie auch einen Anspruch auf eine adäquate Bezahlung. Da die GOÄ viele Leistungen der Komplementärmedizin nicht aufführt und für die erbrachte Leistung keine Ziffer enthält, ist mit einem Hinweis hierauf eine analoge Abrechnung vorzunehmen. Ich möchte Ihnen empfehlen, sich Ihren eigenen Werkzeugkasten für die Abrechnung zusammenzustellen. Wenn Sie dann vor einem schwierigeren Problem stehen, können Sie zum passenden Werkzeug greifen und sich sofort an die Arbeit machen.
In Traditioneller Chinesischer Medizin hat sich Dr. Frank in China fortgebildet. Hier berichtet er von seinen Erfahrungen: "Nadeln, Kräuter und CT: Von China lernen"