Die Standardtherapie der Herzinsuffizienz kann die Mortalität und Morbidität der Patienten entscheidend senken (Abb. 1). Doch die Leitlinien gelten nur für die Therapie der chronischen systolischen Linksherzinsuffizienz (Abb. 2) und berücksichtigen die Ätiologie und eine eventuelle genetische Prädisposition nicht systematisch. Die bisherigen Therapiekonzepte sind zwar sehr erfolgreich, aber mit ihren Möglichkeiten offenbar ausgereizt (Abb. 1).
Problem Komorbiditäten, Lösung DMP?
Neben Alter, männlichem Geschlecht, Auswurfleistung des Herzens und Schweregrad der Herzinsuffizienz sind es vor allem Komorbiditäten wie Niereninsuffizienz, COPD oder Diabetes, die für die Prognose, aber auch für die Lebensqualität von Patienten mit Herzinsuffizienz entscheidend sind. Kognitive Störungen oder eine Depression belasten die Morbidität und Mortalität erheblich.
Sorgfältig angelegte Disease-Management-Programme (DMP), basierend auf einer engen Kooperation zwischen Klinik, Hausarzt und Kardiologen und speziell geschulten Herzinsuffizienzschwestern, können die Lebenserwartung und Lebensqualität von Patienten mit schwerer Herzinsuffi zienz und Komorbiditäten entscheidend verbessern. Die apparative Telemedizin kann solche Programme vielleicht unterstützen, zumindest profitieren Patienten mit implantierten Devices (ICD) davon.
Ein wesentlicher Mechanismus der Wirkung des DMP dürfte die konsequente Umsetzung der Standardtherapie einschließlich einer konsequenten Auftitration der Medika mentendosis sein. Wenn dies gewährleistet ist, kann die Therapie bei leichteren Stadien in der Hand des Allgemeinarztes bleiben.
Diastolische Herzinsuffizienz
Die Prävalenz der Herzinsuffizienz mit erhaltener systolischer Pumpfunktion (HFpEF) und auch die Multimorbidität scheinen in unserer alternden Gesellschaft zuzunehmen. Die Therapieversuche bleiben jedoch höchst frustrierend. Konzepte, die bei der systolischen Herzinsuffizienz wirk sam waren, konnten bei der HFpEF nicht überzeugen. Das Problem könnte sein, dass die Komorbiditäten den Verlauf der Erkran kung dominieren und den Wirkungsnach weis von spezifischen Medikamenten ver hindern.
Akute Herzinsuffizienz
Die akute Dekompensation einer Herzin suffizienz, die meist zur Krankenhausein weisungen führt, ist eine gravierende Kom plikation und belastet die Prognose. Die Behandlung der akuten Herzinsuffizienz stellt sich als schwierig dar. Diuretika und Vasodilatantien kommen zum Einsatz, wenn der Blutdruck dies erlaubt oder gar erfordert. Aber weder die klassischen Medikamente, die bei der chronischen Herzinsuffizienz hilfreich sind, noch eine Reihe von Neuent wicklungen wie Levosimendan, Nesiritid, Rolofyllin, Tezosentan und Omecamtiv Me carbil haben sich in klinischen Studien bei akuter Herzinsuffizienz bewährt.
Kürzlich hat das Peptidhormon Relaxin-2, das in der Schwangerschaft den Kreislauf und die Nierendurchblutung reguliert, bei der Therapie der akuten Herzinsuffizienz auf sich aufmerksam gemacht. Es reduzierte die Atemnot und die 180 Tage Mortalität. Es gibt allerdings noch eine Reihe von offenen Fragen, die in derzeit laufenden Studien beantwortet werden sollen. Die Suche nach weiteren Kandidaten für die Therapie der akuten Herzinsuffizienz geht weiter.
Individualisierte Medizin
Im Alltag sind wir grundsätzlich gezwun gen, unsere Therapie für die spezifischen Bedürfnisse unseres Patienten zu indivi dua lisieren. Es gibt sinnvolle, auf der Patho physiologie basierte Konzepte der Indivi dualisierung. Ein Beispiel mag die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) sein, für deren potenzielle Unwirksamkeit und damit eine gute Patientenselektion das EKG sichere Hinweise gibt.
Schon heute kann anhand von Genvarianten das Risiko für eine durch Anthrazyk lin induzierte Kardiotoxizität eingeschätzt und so vielleicht in Zukunft eine präventive Therapie gesteuert werden. Allerdings sind die meisten Herzkrankheiten polygenetisch und darüber hinaus transkriptionell, translational und posttranslational geregelt und nicht zuletzt umweltbedingt.
Die Mehrzahl unserer Patienten muss sich daher bis auf Weiteres auf die ärztliche Kunst und Kenntnis verlassen, alle zur Ver fügung stehenden Krankheitsinformatio nen zu nutzen, heute vorrangig die klinischen Informationen, die Leitlinien auf die individuelle Situation anzuwenden und an zupassen.
Neue Therapieprinzipien
Die zusätzliche Gabe eines Angiotensin-Rezeptor-Blockers (ARB) oder des Renin-Inhibitors Aliskiren zu ACE-Hemmern hatte keine additiven positiven Effekte. Studien mit Ivabradin haben gezeigt, dass die Herzfrequenzreduktion ein wesentliches Therapieprinzip für Patienten ist, die Betablocker nicht vertragen. Ob es diesen aber überlegen ist, bleibt wiederum unklar. Wichtig ist die PARADIGM-HF-Studie, die gezeigt hat, dass LCZ696, ein dualer Wirkstoff bestehend aus dem AT1-Rezeptor-Blocker Valsartan und dem Neprilysin-Inhibitor Sacubitril (ARNI), der Standardtherapie mit Enalapril überlegen ist.
Ein neues Wirkprinzip bietet die Eisen-carboxymaltose. Ihre Wirkung scheint unabhängig vom Vorliegen einer Anämie zu sein. Andere Konzepte wie die Gen-, mikroRNA- oder Zelltherapie sind prinzipiell interessant, aber noch nicht so weit entwickelt.
Die interventionelle und Device-Therapie hat in den letzten Jahren dramatische Entwicklungen gesehen. ICD- und CRT-Geräte sind heute nicht nur therapeutische, sondern auch wichtige diagnostische Geräte. Die Interventionen an den Aorten-, (TAVI)- und Mitralklappen werden zur Routine und helfen inoperablen Patienten mit Aortenklappenstenose und Mitralklappeninsuffizienz. Allerdings steht der Nachweis eines Nutzens bei Patienten mit Herzinsuffizienz noch aus.
Auch bei der Herzinsuffizienzchirurgie tut sich Einiges. Während die Transplantation eher an Boden verliert, geht die Entwicklung mechanischer Unterstützungssysteme rasch weiter voran. Verfahren zur Verkleinerung des linken Ventrikels haben sich bisher nicht bewährt, hier werden neuerdings auch interventionelle Verfahren getestet.
Therapieziele überdenken
Wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir in Zukunft die Anzahl an Medikamenten bei unseren multimorbiden herzinsuffizienten Patienten reduzieren können. Schließlich ist zu hinterfragen, ob für unsere häufig alten und multimorbiden Patienten eine Reduktion der Mortalität als Behandlungsziel noch eine so entscheidende Rolle spielt oder ob nicht vorrangig eine Verbesserung der Lebensqualität gewünscht wird?
Fazit
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Herzinsuffizienz ist ein wachsendes Problem für unser Gesundheitssystem, das neue transsektorale Versorgungsmodelle erfordert, da die Therapie komplex ist und im Verlauf stetig individuell angepasst werden muss.
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Eine konsequente Umsetzung der medikamentösen Therapie kann die Mortalität und Morbidität einschließlich häufiger Krankenhausaufenthalte deut lich senken und muss ein wesentliches Ziel der Kooperation von Allgemein medizinern, Kardiologen, Kliniken und spezialisierten Zentren sein.
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Neue Medikamente für die chronische und die akut dekompensierte systolische Herzinsuffizienz sind in Sicht.
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Die ebenso häufige Herzinsuffizienz mit erhaltener systolischer Pumpfunktion behandeln wir heute noch symptomatisch, wobei vor allem die Therapie der Komorbiditäten berücksichtigt werden muss.
Literatur beim Verfasser
Mögliche Interessenkonflikte: Klinische Studien mit Novartis, Bayer, Boehringer-Ingelheim, Vifor