Bei der Reiseberatung sind das Reiseziel, die Jahreszeit im Reiseland, die Art und Dauer der Reise und natürlich das Alter und der gesundheitliche Zustand des Reisenden zu berücksichtigen (Tab. 1).
Die Reiseart ist für die Auswahl der Prophylaxemaßnahmen bedeutsam. Denn in exotischen Ländern sind Rucksacktouristen anderen Infektionsrisiken ausgesetzt als Badeurlauber im 5-Sterne-Hotel. Während für eine Pauschalreise in der Regel die Standard-impfungen und – je nach Reiseland – Impfungen gegen Hepatitis A, ggf. Typhus und Gelbfieber sowie eine Malariaprophylaxe ausreichen, benötigen Trekkingreisende und Entwicklungshelfer oftmals weitere Impfungen:
Für Pauschalreisende:
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Basisimpfungen: Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis
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Hepatitis A
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Gelbfieber
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Typhus
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FSME
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Malariaprophylaxe
Zusätzlich für Trekkingreisende:
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Hepatitis B
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Tollwut
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Meningokokken
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Japanische Enzephalitis
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Für Ersthelfer in Katastrophengebieten: Cholera
Impfvorschriften
Nach den internationalen Gesundheitsbestimmungen (International Health Regulations) gibt es in bestimmten Ländern Impfvorschriften für die Gelbfieber- und Poliomyelitis-Impfung. Für die Gelbfieber-Impfung gilt dies in der Regel bei Ankunft aus Infektionsgebieten, für die Poliomyelitis-Impfung bei der Ausreise aus Ländern, in denen aktuell Polioerkrankungen gemeldet wurden. Damit soll eine Verschleppung der Erreger verhindert werden.
Zusätzlich können einzelne Länder weitere Impfvorschriften für die Ein- und Ausreise erlassen, wie z. B. gegen Meningokokken-Erkrankungen und selten auch gegen Cholera. Bei der Aufstellung des Impfplanes ist neben dem Reiseziel immer die Reiseroute zu berücksichtigen; Zwischenaufenthalte, auch im Transit, können die Impfpflicht ändern.
Impfungen für Pauschalreisende
Neben den Standardimpfungen (Tab. 2) werden folgende Reiseimpfungen für Pauschalurlauber empfohlen:
Die Hepatitis-A-Impfung gehört zu den klassischen Reiseimpfungen. Empfohlen wird sie bei Reisen in die Tropen und Subtropen sowie nach Süd- und Südosteuropa. Für die Grundimmunisierung sind 2 Impfungen notwendig. Die 2. Dosis ist für einen Langzeitschutz notwendig und soll 6 bis 12 Monate nach der 1. Impfung gegeben werden.
Die Gelbfieber-Impfung ist (neben der Meningokokken-Impfung für Mekka-Reisende) die einzige Impfung, die bei der Einreise in ein Reiseland auch heute noch als Pflichtimpfung verlangt werden kann. Viele Länder, z. B. auch zahlreiche asiatische Staaten, verlangen die Impfung bei der Einreise aus den Infektionsgebieten in Afrika und Südamerika, um die Einschleppung in ihr Land zu verhindern.
Das Expertenkomitee (SAGE) zu Impfungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht inzwischen von einem lebenslang bestehenden Schutz nach einmaliger Gelbfieber-Impfung aus. Auch die STIKO empfiehlt seit August 2015 keine Auffrischimpfung mehr. Offiziell wird die Änderung aber erst im Juli 2016 in Kraft treten. Bis dahin steht es den Ländern frei, ob sie die neue Regelung umsetzen oder weiterhin ein Gelbfieber-Impfzertifikat verlangen, das nicht älter als 10 Jahre ist. Die STIKO rät daher, sich vor jeder Reise über die Vorschriften des entsprechenden Reiselandes zu informieren.
Die Typhus-Impfung wird allen empfohlen, die in tropischen und subtropischen Ländern einer besonderen Infektionsgefahr ausgesetzt sind. Es gibt zwei verschiedene Einzelimpfstoffe: Die Schluckimpfung besteht aus 3 Impfstoffkapseln, die im Abstand von je 2 Tagen eingenommen werden (Impfschutz 1 Jahr). Die Injektionsimpfung wird einmal verabreicht (Impfschutz 3 Jahre). Zusätzlich gibt es auch Kombinationsimpfstoffe mit einem Hepatitis-A-Anteil für Reisende ab dem 15. bzw. 16. Lebensjahr. Die Impfungen sollten spätestens 14 Tage vor der Abreise gegeben werden.
Die FSME-Impfung wird Reisenden in Endemiegebieten innerhalb und außerhalb Deutschlands empfohlen. Die aktuelle Deutschlandkarte wird jedes Jahr im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht. Die vorbeugende Impfung besteht aus 2 Impfdosen im Abstand von (2 –) 4 bis 12 Wochen sowie einer 3. Impfung nach weiteren 5 bzw. 9 ( je nach Impfstoff ) bis 12 Monaten. Auffrischimpfungen sollten bei weiterhin bestehender Infektionsgefahr nach 3 bis 5 Jahren erfolgen. Und auch hier gilt seit 2013: Jede Impfung zählt!
Zusätzliche Impfungen für Trekkingreisende
Reisen unter schlechten hygienischen Bedingungen oder in abgelegene Gebiete, in denen medizinische Hilfe nicht sofort erreichbar ist, längere Trekkingtouren und Aufenthalte im Rahmen von Entwicklungsdiensten erfordern einige zusätzliche Schutzimpfungen.
Die Hepatitis-B-Impfung wird allen empfohlen, die sich länger im Reiseland aufhalten, z. B. Entwicklungshelfern und Trekkingreisenden, und voraussichtlich engen (intimen) Kontakt zur einheimischen Bevölkerung haben werden. Auch wer möglicherweise medizinische Hilfe in Anspruch nehmen muss oder in medizinischen Berufen arbeitet, sollte geimpft sein. Die Grundimmunisierung umfasst 2 Impfungen im Abstand von mindestens 4 Wochen und eine 3. Impfung nach mindestens 6 Monaten.
Eine Impfung gegen die Japanische Enzephalitis wird nur für Asienreisende empfohlen, die sich länger als 4 Wochen während der Regenzeit in Gebieten mit hohem Infektionsrisiko, z. B. in Reisanbau- und Sumpfgebieten, aufhalten. Zur Grundimmunisierung sind 2 Impfungen im Abstand von 4 Wochen nötig. Eine 3. Impfung sollte nach 12 bis 24 Monaten gegeben werden.
Saudi-Arabien verlangt von Mekka-Pilgern den Nachweis über eine Meningokokken-Impfung mit einem Vierfachimpfstoff (ACW 135 Y), der mindestens 10 Tage vor der Einreise ausgestellt wurde. In der Zeit von Dezember bis Juni kommen Meningokokken-Infektionen gehäuft im afrikanischen „Meningitis-Gürtel“ (südlich der Sahara vom Sudan bis nach Gambia) vor. Austauschschüler und -studenten sollten sich vor Langzeitaufenthalten impfen lassen, wenn es im Zielland eine Impfempfehlung gibt. Geimpft wird mit MenC- oder einem 4-valenten Konjugatimpfstoff entsprechend den Empfehlungen der Zielländer. Außerdem gibt es seit Ende 2013 einen Impfstoff gegen Meningokokken der Serogruppe B.
Eine vorbeugende Tollwut-Impfung wird empfohlen für Reisende in Länder mit hohem Tollwutrisiko vor allem bei Langzeitaufenthalten, unzureichender ärztlicher Versorgung vor Ort, Mangel an modernen Impfstoffen und Immunglobulin und einfachen Reisebedingungen. Hauptinfektionsquelle sind streunende Hunde. Das größte Risiko besteht in ländlichen Gebieten Zentral- und Südostasiens und Südamerikas.
Die vorbeugende Impfung besteht aus insgesamt 3 Impfdosen, die 2. nach 7 Tagen, die 3. Spritze nach 21 (28) Tagen. Nach einem Biss bzw. nach dem Kontakt mit einem tollwutverdächtigen Tier muss umgehend geimpft werden. 5 Impfdosen sind dann erforderlich, um den Krankheitsausbruch zu verhindern, zusätzlich wird im Allgemeinen zur 1. Dosis Immunglobulin verabreicht. Auch bereits vollständig Geimpfte erhalten 2 weitere Impfungen an den Tagen 0 und 3, aber kein Immunglobulin.
Eine Cholera-Impfung wird heute nur noch in Ausnahmefällen von einigen Ländern verlangt. Für Touristen besteht meist kein erhöhtes Risiko. Die Impfung kann bei Reisen unter extrem schlechten Hygienebedingungen sinnvoll sein und ist für Entwicklungs- oder Ersthelfer in Gebieten mit aktuellen Ausbrüchen empfehlenswert. Erwachsene und Kinder ab 6 Jahre erhalten 2 Dosen oral, Kinder von 2 bis 6 Jahren 3 Dosen oral im Abstand von mindestens 1 Woche, maximal 6 Wochen.
Malariaprophylaxe
Die meisten Malariagebiete befinden sich in Afrika südlich der Sahara, weitere in Mittel-und Südamerika, Süd- und Südostasien, der westlichen Pazifikregion und ein kleiner Teil im Mittleren Osten und Europa. Jährlich erkranken auch deutsche Touristen und Reisende an Malaria, meistens weil keine ausreichende Malariaprophylaxe durchgeführt wird. 2014 wurden in Deutschland 1.022 Malariafälle registriert, deutlich mehr als in den Vorjahren (600 – 700 Fälle).
Für verschiedene Reiseländer werden unterschiedliche Präparate zur Prophylaxe empfohlen, abhängig von der Resistenz situation und der Erregerverbreitung in dem betreffenden Land. In besonderen Fällen, z. B. wenn das Infektionsrisiko im Land gering oder der Aufenthalt im Malariagebiet nur kurz ist, kann es sinnvoll sein, kein Medikament zur Malariaprophylaxe einzunehmen, sondern für den Notfall ein Medikament zur Therapie mitzunehmen (Stand-by-Therapie).
Welche Prophylaxe für welches Reiseland notwendig ist, zeigt die Malariakarte der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit sowie die Malarialiste der Weltgesundheitsorganisation „International travel and health“.
Präparate für die Malaria-Prophylaxe und Malaria-Therapie:
Atovaquon/Proguanil: Zur Prophylaxe und Therapie einschließlich der notfallmäßigen Selbstbehandlung (Stand-by-Therapie) von unkomplizierten P. faciparum-Infektionen und zur Akutbehandlung anderer Malariaformen geeignet.
Artemether/Lumefantrin: Zur Therapie einschließlich der notfallmäßigen Selbstbehandlung (Stand-by-Therapie) von unkomplizierten P. falciparum-Infektionen und zur Akutbehandlung anderer Malariaformen geeignet. Zur Malariaprophylaxe nicht geeignet.
Chloroquin: Nur in Gebieten ohne Chloroquin-Resistenz, zur Prophylaxe und Therapie einschließlich der notfallmäßigen Selbstbehandlung (Stand-by-Therapie) geeignet.
Doxycyclin: Nur zur Prophylaxe alternativ zu Atovaquon/Proguanil oder Mefloquin, nicht zur Therapie geeignet. Dieses Medikament ist in Deutschland als Mittel zur Malariaprophylaxe nicht zugelassen, obwohl die WHO und andere Länder (z. B. USA, Australien) und die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG) es wegen guter Wirksamkeit und Verträglichkeit empfehlen. Eine Off-Label-Anwendung ist prinzipiell möglich, z. B. bei Unverträglichkeit oder Kontraindikation anderer Mittel.
Mefloquin: Zur Prophylaxe und unter Einschränkungen zur Therapie geeignet. Aufgrund seines Nebenwirkungsprofils und der vorhandenen Alternativen wird es von der DTG nicht mehr zur notfallmäßigen Selbstbehandlung (Stand-by-Therapie) empfohlen (Ausnahme bei schwangeren Reisenden).
Diese Impfempfehlungen basieren auf den STIKO-Empfehlungen, den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Empfehlungen zur Malaria-Prophylaxe auf den Daten der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin (DTG)
Literatur bei der Verfasserin; Interessenkonflikte: keine
Tab. 1: Wichtige Punkte/Fragen für eine individuelle Reiseberatung
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Impfstatus des Reisenden
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Vorerkrankungen des Reisenden
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Besteht eine Schwangerschaft?
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Alter des Reisenden
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Werden Kinder mitgenommen?
REISELAND
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Gelbfieber-Impfpflicht oder -Empfehlung?
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Malariaprophylaxe?
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Welche anderen Krankheiten sind endemisch?
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Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es vor Ort?
REISEZEIT
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Regenzeit
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Trockenzeit
REISEART
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Pauschalreise
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Trekking-/Abenteuerreise
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Entwicklungshelfer
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Ersthelfer im Katastrophengebiet
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Berufliche Reise
REISEDAUER
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1 bis 4 Wochen
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Länger als 1 Monat
Tab. 2: Empfohlene Standardimpfungen
STANDARDIMPFUNGEN FÜR ERWACHSENE
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Diphtherie: Letzte Impfung vor weniger als 10 Jahren?
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Tetanus: Letzte Impfung vor weniger als 10 Jahren?
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Pertussis: Wurde bei der letzten Diphtherie-/Tetanus-Auffrischimpfung ein Pertussisanteil berücksichtigt?
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Poliomyelitis: Grundimmunisierung (je nach Impfstoff 2 oder 3 Impfungen) plus 1 Auffrischimpfung. Der Impfnachweis wird bei der Ausreise nach einem Aufenthalt von mehr als 4 Wochen aus Afghanistan, Äquatorialguinea, Äthiopien, Irak, Israel, Kamerun, Kenia,Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien verlangt und darf nicht älter als 1 Jahr sein.
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Für über 60-Jährige und chronisch Kranke: Jährliche Influenza – und einmalige Pneumokokken -Impfung
STANDARDIMPFUNGEN FÜR KINDER
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Grundimmunisierung gegen Diphtherie, Tetanus, Poliomyelitis, Pertussis, Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis B sowie alle Auffrischimpfungen im Vorschul-, Schul- bzw. Jugendlichenalter.
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Grundimmunisierung gegen Pneumokokken bei Kindern bis 2 Jahren
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2 Impfungen gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken
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1 Meningokokken-C-Impfung (vor Reisen nach Empfehlung des Reiselandes auch ACWY-Impfstoff)
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HPV-Impfung für Mädchen zwischen 9 und 14 Jahren, Nachholimpfung bis 17 Jahre
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Impfung gegen Rotaviren für Säuglinge unter 6 Monaten