Bisher wurde das Fehlen eines Antidots als Nachteil für die Gruppe der NOAK gesehen. Nun wird für Dabigatran (Pradaxa®), das seit 2008 als erster oraler Gerinnungshemmer auf den Markt kam, auch das erste spezifische Antidot zur Verfügung stehen. Da die FDA die neue Therapieoption als „bahnbrechend“ eingestuft hat, wurde Idarucizumab beschleunigt geprüft und ist bereits unter dem Namen Praxbind® auch durch die EMA zugelassen. Indiziert ist es bei Patienten unter Dabigatran-Therapie, die eine rasche Aufhebung der gerinnungshemmenden Wirkung im Vorfeld einer Notoperation benötigen sowie bei denjenigen, die eine lebensbedrohliche oder nicht beherrschbare Blutung aufweisen. „Die Wirkung setzt innerhalb von Minuten ein und führt rasch zu normalen Gerinnungswerten“, erklärte Prof. Harald Darius, Neukölln.
Idarucizumab ist ein humanisiertes Antikörperfragment (Fab), das hochspezifisch an Dabigatran-Moleküle bindet und dessen antikoagulatorischen Effekte aufhebt, ohne dabei in die Gerinnnungskaskade einzugreifen. Wie die aktuell publizierte Zwischenanalyse der noch laufenden Phase-III-Studie „RE-VERSE AD“ bei Dabigatran-Patienten in 38 Ländern erkennen lässt, führte die Standarddosis von 5 g Idarucizumab zur sofortigen Aufhebung der Dabigatran-Wirkung [1]. Schwerwiegende Nebenwirkungen jenseits der Grunderkrankung traten dabei nicht auf. „Auch wurde kein prothrombotischer Effekt nach Gabe des Antidots beobachtet“, betonte Prof. Charles Pollack, klinischer Leiter der RE-VERSE AD“-Studie. Da die Substanz spezifisch an Dabigatran bindet, kann sie nicht als Antidot für andere NOAKs gelten.
Quelle: Pressekonferenz: „The Next Advancement in Anticoagulation Care“, 17.11.15, Frankfurt, Boehringer Ingelheim GmbH
Literatur: 1. Pollack C V et al.: NEJM 2015 June 22