Allgemeinmedizinische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bearbeiten bevorzugt Forschungsfragen, die sich aus der Praxis ergeben. Die Definition von Forschungsthemen und -schwerpunkten stellt einen komplexen Prozess dar. In der medizinischen Forschung dürften heute die Interessen kommerzieller Entwickler (z.B. pharmazeutische Industrie), die Vorgaben von Zulassungsbehörden und biomedizinische Zielsetzungen (Aufklärung von Mechanismen) den größten Einfluss haben. Wiederholt ist beklagt worden, dass Fragestellungen, die von Klinikern formuliert werden, nicht selten ohne ausreichende Relevanz für die hausärztliche Praxis sind (Tunis et al. 2003). Hausärztliche Forschung bearbeitet hingegen hauptsächlich Probleme aus der täglichen Praxis. Ihre Ergebnisse sind meist unmittelbar praxisrelevant. Die allgemeinmedizinische Forschung hat in den 80er Jahren mit Hausärztinnen und Hausärzten begonnen, die systematisch die Morbidität ihrer Praxispopulationen untersucht haben (Braun 1988, Pickles 1983). Inzwischen ist akzeptiert, dass die Ergebnisse aus der spezialisierten Sekundär- und Tertiär-Versorgung meist nicht ohne weiteres auf den hausärztlichen Sektor verallgemeinert werden können. Hier sind vielmehr eigene Forschungsansätze unverzichtbar. In Deutschland ist in den vergangenen Jahren die Versorgungsforschung gestärkt worden. Diese spielt in der allgemeinmedizinischen Forschung schon immer eine große Rolle und dadurch können mehr Forschungsgelder aquiriert, mehr Projekte erfolgreich durchgeführt und mehr Ergebnisse veröffentlicht werden.
Quellen: Braun RN. Wissenschaftliches Arbeiten in der Allgemeinmedizin. Berlin/Heidelberg: Springer; 1988. Pickles WN. Epidemiology in country practice. London: Keynes Press; 1983. Tunis SR, Stryer DB, Clancy CM. Practical clinical trials: increasing the value of clinical research for decision making in clinicaland health policy. JAMA 2003; 290:1624-1632