Keuschlamm, Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus)
Vom Mittelmeergebiet bis nach Nordindien wächst das Keuschlamm, auch Mönchspfeffer genannt. Schon in der Antike war Keuschlamm als Medizinpflanze hoch geschätzt. Hauptindikationen waren früher – außer gynäkologischen Erkrankungen – Störungen der Libido. Mönche verwendeten die Pfeffer-ähnlichen Früchte als Gewürz, um ihren Geschlechtstrieb zu dämpfen, daher der Name "Mönchspfeffer". Der botanische Name "agnus castus" und damit das deutsche "Keuschlamm" sollen auf Dioskurides, den griechischen Arzt aus dem ersten Jahrhundert, zurückgehen, der der Pflanze den Namen "agnos" gegeben hat: von "a" (weg von) und "gonos" (Nachkommenschaft).
Heute ist Vitex agnus-castus eine wichtige Arzneipflanze für Frauenleiden. Hauptindikationen sind zyklusabhängige Beschwerden wie prämenstruelles Syndrom (PMS), Mastodynie und Regeltempoanomalien. Vitex agnus-castus kann auch bei Infertilität, die durch Corpus-luteum-Insuffizienz bedingt ist, und bei Dysmenorrhö eingesetzt werden. Es gibt viele pharmakologische und klinische Studien, deshalb gilt der Einsatz von Keuschlamm-Präparaten als evidenzbasierte Therapieoption.
Zu den Wirkstoffen des Keuschlamms gehören Iridoidglykoside wie Agnusid und Aucubin, lipophile Flavonoide wie Casticin und bizyklische Diterpene.
Vitex agnus-castus gehört zu den best untersuchten pflanzlichen Arzneimitteln. Er zählt zu den Phyto-SERM, also zu den pflanzlichen selektiven Östrogenrezeptormodulatoren. Diese Pflanzenextrakte stimulieren den Östrogen-β-Rezeptor, haben eine LH-supprimierende Wirkung und greifen teilweise in zentralnervöse, endokrine Regulationsmechanismen ein.
In Studien hat sich gezeigt, dass Keuschlammfrüchte die Prolaktinsekretion hemmen, eine Dopamin-antagonistische Wirkung haben, die Katecholaminausschüttung beeinflussen und hormonelle Dysbalancen harmonisieren. Zudem scheint Vitex agnus-castus über eine Bindung an Opioidrezeptoren zu wirken und kann spasmolytische Effekte auf den Uterus haben.
Produktbeispiele, in denen Mönchspfeffer enthalten ist: Die meisten Studien sind mit dem Spezialextrakt BNO 1095 gemacht worden, dem Wirkstoff von Agnucaston® (Bionorica). Weitere Präparate sind Agnolyt® Madaus (Meda), Strotan® (Strathmann), Femicur® N (Schaper & Brümmer) sowie Mastodynon® (Bionorica).
Steckbrief
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Familie: Lippenblütler (Lamiaceae), früher Eisenkrautgewächse (Verbenaceae)
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Gattung: Vitex
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Art: Keuschlamm oder Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus)
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Verwendete Pflanzenteile: Früchte
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Anwendungsbereiche: PMS, Mastodynie, Regeltempoanomalien
Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa, auch Actaea racemosa)
Aus den Wäldern Nordamerikas stammt die Traubensilberkerze. Der unangenehme Geruch der eleganten Pflanze vertreibt Insekten und Blattwanzen – daher der botanische Name Cimicifuga (von Lateinisch „cimex“, die Wanze, und „fuga“, die Flucht). Der andere deutsche Name, „Wanzenkraut“, bezieht sich aber auch darauf, dass die Traubensilberkerze zur Abwehr von Insekten verwendet wurde.
Seit langem wird die Traubensilberkerze von den Indianern Kanadas und dem Norden der heutigen USA als Heilpflanze eingesetzt, zum Beispiel gegen Schlangenbiss und zur Erleichterung der Entbindung. Die Ärzte der europäischen Siedler wurden bald auf die Pflanze aufmerksam. Im 17. Jahrhundert wurde Cimicifuga zum ersten Mal beschrieben. Nach Europa kam die Traubensilberkerze aber erst im 19. Jahrhundert.
Haupteinsatzgebiet von Cimicifuga sind heute neurovegetative Beschwerden im Klimakterium. Weitere Indikationen sind PMS und Dysmenorrhö.
Inhaltsstoffe und Wirkweisen
Unter den Wirkstoffen des Wurzelstocks der Traubensilberkerze gilt das Triterpenglykosid Cimigenol-3-O-alfa-L-arabinosid als Leitsubstanz. Weitere Inhaltsstoffe sind Actein, Cimifugosid, Flavonoide, darunter die Isoflavonoide Formonetin und Genistein, sowie Phenolkarbonsäuren. Cimicifuga zählt zu den Phyto-SERM, bindet also an Östrogenrezeptoren und wirkt östrogenartig. Aufsteigende Hitzewallungen und tachykarde Anfälle werden blockiert. Der dahintersteckende Wirkmechanismus läuft über eine Dämpfung des hypothalamischen LHRH-Pulsgenerators. So werden die pulsatile LH-Sekretion gesenkt und gleichzeitig die Aktivität hypothalamischer Temperatur-und Herz-Kreislauf-regulierender Nervenzellen gehemmt. Außerdem sind in Studien osteoprotektive und zytostatische Effekte nachgewiesen worden.
Arzt und Patientin brauchen zunächst Geduld. Meist bessern sich die klimakterischen Beschwerden unter Cimicifuga erst nach vier Wochen. In der Praxis wird deshalb anfangs oft mit einer Hormontherapie kombiniert.
Produktbeispiele, in denen Traubensilberkerze enthalten ist: Die weltweit meisten Studien sind mit einem isopropanolischen CR-Spezialextrakt gemacht worden, dem Wirkstoff von Remifemin® (Schaper & Brümmer). Weitere gut untersuchte Präparate sind zum Beispiel Klimadynon®/ Klimadynon® Uno (Bionorica) und Femikliman® uno (Hexal).
Steckbrief
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Familie: Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae)
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Gattung: Actaeae
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Art: Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa, syn. Actaea racemosa)
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Verwendete Pflanzenteile: Wurzel, Wurzelstock
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Anwendungsbereiche: klimakterische Beschwerden, PMS, Dysmenorrhö