Interview mit Prof. Dr. Michael P. Manns, Hannover
Herr Professor Manns, die Hepatologen sprechen derzeit von einem neuen Zeitalter in der Hepatologie. Wie begründet sich das?
Manns: Vor 23 Jahren galt die Hepatologie noch als langweiliges Fach, das von therapeutischem Nihilismus geprägt war. Das hat sich grundlegend geändert. Die Hepatologie gehört mittlerweile zu den spannendsten Bereichen in der Medizin und zu den Fachgebieten mit den meisten Therapiefortschritten. Möglich wurde dies durch intensive Forschungsaktivitäten. So konnten wir die Ursachen verschiedener Lebererkrankungen genauer eruieren und die Pathogenese besser verstehen. Auch gibt es gute Chancen, neue medikamentöse Therapieansätze zu entwickeln, die sich zielgenau gegen diese Ursachen richten und damit effektiver sind.
Bei welchen Krankheiten gibt es aktuell die relevantesten Fortschritte?
Manns: Die wohl größten Fortschritte gibt es aktuell bei den cholestatischen Lebererkrankungen. Mit Obeticholsäure ist bereits eine neue Option für Patienten mit primär biliärer Cholangitis verfügbar, wenn diese nicht adäquat auf Ursodesoxycholsäure ansprechen. Weitere Neuerungen sind in klinischer Entwicklung. Bei der primär sklerosierenden Cholangitis gibt es mit nor-Ursodesoxycholsäure eine neue Option, die erfolgreich im Rahmen einer Phase II-Studie geprüft wurde und auf die wir große Hoffnungen setzen. Es werden bei diesem Krankheitsbild zudem weitere erfolgversprechende Ansätze erprobt, die bislang v.a. bei der Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen angewendet wurden. Vielen
Dank für das Gespräch.