Inzwischen kommen sie täglich, die Schreckensmeldungen: wieder ein Terroranschlag, immer mehr Flüchtlinge, Nordkorea spielt mit dem Atomkrieg und die Euro-Krise spitzt sich zu … Das schürt Ängste. Und die haben heute andere Auslöser als noch vor ein paar Jahren. Mit den gesellschaftlichen Umbrüchen wandeln sich auch die Ängste.
Beunruhigend viele Beunruhigte
„Haben Sie Angst und wenn ja, wovor?“ – das wurden tausend erwachsene Deutsche im Alter zwischen 18 und 75 Jahren gefragt. Einmal 2011 [1] und jetzt erneut Anfang Februar 2017 [2]. Wie sich laut Joachim Bacher, Marktforschungsinstitut Kantar TNS zeigte, sind die Ängste insgesamt nur wenig angestiegen. Allerdings leiden immer noch 24 Prozent, also fast jeder Vierte, sehr häufig oder häufig unter Angstgefühlen. Nun ist Angst lebenswichtig und nicht krankhaft per se, wie Prof. Dr. Peter Zwanzger, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Ärztlicher Direktor der kbo-Inn-Salzach-Klinikum GmbH, weiß. „Problematisch wird es, wenn Angst zu oft, zu lange, zu stark und in Situationen auftritt, in denen keine Gefahr besteht“. Das ist nach wie vor bei vielen beunruhigend oft der Fall.
Andere Angstmacher
Was sich in den letzten sechs Jahren verändert hat, so Bacher, sind die Ursachen der Ängste. Das gilt besonders für die Älteren zwischen 56 und 75 Jahren. „Global bedrohliche Themen wie Terrorgefahr, Kriege oder Atomkatastrophen standen 2011 nicht im Mittelpunkt“. Vielmehr sorgte man sich um sozialen Abstieg, die Zukunft der Kinder und den Arbeitsplatz. Heute ist das weniger relevant. An erster Stelle stehen jetzt Altersarmut und Pflegebedürftigkeit mit einem Anstieg um jeweils rund zehn Prozent. Die Angst vor Terror und Krieg folgt gleich danach; sie ist um 14,6 Prozent angestiegen.
Interessant ist, dass die Ängste mit zunehmendem Alter insgesamt abnehmen: „In der Gruppe der Älteren sind nur noch 18 Prozent betroffen“. Ganz anders, so Bacher weiter, sieht es bei den 18- bis 35-Jährigen aus. Bei ihnen haben die Ängste im Vergleich zu 2011 am stärksten zugenommen. Die zentralen Themen, die sie belasten sind der Verlust des Arbeitsplatzes, Zerbrechen der Partnerschaft und Einsamkeit. Globale Bedrohungen wie Krieg und Terror bereiten ihnen deutlich weniger Sorgen als älteren Menschen. Diese Angstmacher belegen bei ihnen die hinteren Plätze.
Diverse Bewältigungsstrategien
Die Bewältigung der Sorgen erfolgt am häufigsten durch den Austausch mit dem engen sozialen Umfeld: mit dem Partner, der Familie und Freunden. Sport, Entspannungsmethoden und Hobbys sind weitere beliebte Strategien gegen die Angst. 14 Prozent der Befragten sucht ärztliche Hilfe. Inzwischen häufiger beim Facharzt – vermutlich, weil die Überweisungspflicht durch den Hausarzt nicht mehr besteht. Vor allem bei Männern und den Älteren ist die Bereitschaft gestiegen, sich professionell helfen zu lassen. Prof. Zwanzger begrüßt diese zunehmende Offenheit. Denn: Unruhe- und Angstzustände sind nicht zu unterschätzen: „Sie müssen rechtzeitig behandelt werden, sonst kann sich die Erkrankung weiter verschlechtern oder sogar chronifizieren“.
Quelle:
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[1] TNS Infratest: Die Ängste der Deutschen; Juli 2011/60.05.123370.
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[2] Kantar TNS: Die Ängste der Deutschen; Februar 2017/315114056.
Pressekonferenz „Die Ängste der Deutschen 2.0 – unsere Gesellschaft verändert sich. Die Ängste auch?”, Hamburg 25.04.2017