Die Zwischenbilanz im Norden ist positiv: Mit dem Kompetenzzentrum Weiterbildung Allgemeinmedizin Schleswig-Holstein hat man einen wichtigen Schritt unternommen, mehr junge Ärzte für das Fach zu begeistern. Da sind sich sowohl Teilnehmer als auch Verantwortliche sicher. So berichtet etwa Dr. Jens Lassen, Arzt in Weiterbildung, wie gut das Schulungsprogramm im Norden ankommt: Er lobt seine Erfahrungen mit dem Curriculum als "hervorragend" (S. 22).
Auch Prof. Jost Steinhäuser, Direktor des Lübecker Instituts für Allgemeinmedizin, sieht sich in seinen Hoffnungen bestätigt: "Das liegt auch daran, dass wir im Norden ein hervorragendes Miteinander zwischen Ärztekammer, KV und den Lehrstühlen in Kiel und Lübeck haben. Das ist alles andere als selbstverständlich", betont er im Gespräch mit "Der Hausarzt". So werden Lehrinhalte mit den Unis, die Auswahl der Dozenten mit der KV abgestimmt. "Hier ist die Beteiligung der KV besonders wichtig. Sie kann mit Dozenten, die Themen zum Praxismanagement nahebringen, gezielt auf Bedenken hinsichtlich der Niederlassung eingehen. Damit wirken die Schulungen auch entängstigend."
Die Schulung der Ärzte in Weiterbildung ist ein zentraler Baustein des Kompetenzzentrums. Seit Dezember 2016 begleitet dieses junge Ärzte in ihrer Weiterbildung, im Oktober folgte dann der offizielle Startschuss. Aktuell können vier Mal im Jahr bis zu 100 angehende Hausärzte geschult werden.
Schulungen und Mentorprogramme
Die Einteilung in vier Gruppen und ausreichend Pausen ermöglichen Interaktion und Kommunikation, was die Vernetzung fördert – ein weiteres Ziel des Kompetenzzentrums.
Steinhäuser erwartet, dass die Kombination von regelmäßigen Schulungen zusammen mit weiteren Schritten – etwa dem Kompetenzbasierten Curriculum Allgemeinmedizin, Mentoring, einer strukturierten Rotation und Train-the-Trainer-Kursen – insgesamt zu deutlichen Fortschritten in der Allgemeinmedizin führen wird. Und genau das ist das Ziel der Kompetenzzentren, die auf der Grundlage des im Juli 2015 in Kraft getretenen Versorgungsstärkungsgesetzes aktuell in der gesamten Republik im Aufbau sind.
Große Hoffnungen sind mit ihnen verknüpft: Sie sollen die Weiterbildung verbessern und damit nicht zuletzt dafür sorgen, dass mehr junge Ärzte den Weg in die Allgemeinmedizin finden.
Es sind hochgesteckte Erwartungen, die sicher nicht von heute auf morgen zu erfüllen sind. Doch Steinhäuser ist optimistisch: Viele der von ihm im Norden etablierten Elemente hat er bereits in seiner Heidelberger Zeit mit dem Team der "Verbundweiterbildung plus" erfolgreich eingesetzt (Abb. 1). Die Erfahrungen zeigen, dass sich die Anstrengungen in der Versorgung niederschlagen – insbesondere in Kombination mit einer finanziellen Förderung.
Darauf weist eine Evaluation hin, die Steinhäuser auf Basis der Daten von 769 Ärzten in Weiterbildung analysiert hat, die zwischen 2008 und 2011 in Baden-Württemberg mit dem "Förderprogramm Allgemeinmedizin" unterstützt wurden. Das Ergebnis: 81 Prozent der geförderten Allgemeinmediziner haben nach ihrer Facharztanerkennung eine Tätigkeit im ambulanten hausärztlichen Bereich in Baden-Württemberg aufgenommen. 55 Prozent praktizierten in einem Radius von fünf, 80 Prozent in einem Radius von 25 Kilometern von ihrer letzten Weiterbildungsstätte. Die Kompetenzzentren könnten helfen, diesen Bezug zu stärken. "Wir gehen davon aus, dass wir durch die intensive Vernetzung aller beteiligten Akteure deutlich mehr junge Ärzte erreichen und für eine spätere Tätigkeit als Hausarzt gewinnen können", ist auch Dr. Simon Schwill überzeugt. Er leitet die Administration des Kompetenzzentrums Weiterbildung Baden-Württemberg, das auf der "Verbundweiterbildung plus" basiert.
Voneinander lernen
Bundesweit sind in den vergangenen Monaten Zentren in 14 KV-Regionen entstanden (s.u.) – zwölf davon werden, wie auch in Heidelberg, von allgemeinmedizinischen Universitätsinstituten koordiniert. In der Ausgestaltung des Versorgungsstärkungsgesetzes hatte sich der Deutsche Hausärzteverband deutlich für eine solche flächendeckende Struktur zur Stärkung der Weiterbildung eingesetzt. So forderte etwa das Forum Ärzte in Weiterbildung wiederholt eine stärkere Verzahnung von Aus- und Weiterbildung – was durch den Aufbau der Kompetenzzentren nun geschieht.
Dabei geht es gerade in der Aufbauphase auch darum, voneinander zu lernen. Lübeck und Heidelberg etwa sind bislang die Standorte, die anderen Kompetenzzentren die Durchführung von Train-the-Trainer-Kursen nahebringen. Dabei wird auch mit völlig neuen Schulungsmethoden gearbeitet: Ärzte in Weiterbildung können künftig etwa Patientengespräche per Video aufzeichnen lassen und anschließend gemeinsam mit ihrem Trainer bewerten.
Für KV und Kammer im Norden knüpfen sich an den Aufbau noch ganz andere Hoffnungen: Sie erhalten über das Zentrum die Chance, frühzeitig den Kontakt zu den jungen Ärzten zu pflegen. Bislang war das aufgrund einer fehlenden Erfassung sogar für die Kammern eine Herausforderung.
Insgesamt werden die Kompetenzzentren zu mehr Struktur in der Weiterbildung beitragen können, ist Steinhäuser überzeugt. Prof. Hanna
Kaduszkiewicz, Direktorin des Kieler Instituts für Allgemeinmedizin, hofft zugleich, dass der frühe Austausch Verzögerungen in der Weiterbildung vorbeugt, die oft aus organisatorischen Gründen auftreten. Die Weiterbildungszeit könnte so zum Teil deutlich reduziert werden.
Fazit
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Auf Grundlage des Versorgungsstärkungsgesetzes (Paragraf 75a SGB V) sind seit Jahresbeginn in 14 KV-Regionen Kompetenzzentren tätig, die die allgemeinmedizinische Weiterbildung verbessern sollen.
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Rund ein Jahr nach den ersten Schulungen in Schleswig-Holstein ziehen Teilnehmer und Verantwortliche ein positives Zwischenfazit.
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Die Hoffnung: Durch begleitende Seminare, Veranstaltungen und individuelle Mentorenprogramme können mehr junge Ärzte für die Allgemeinmedizin begeistert werden.
Informationen für Weiterbilder
Ansprechpartner für Ärzte, die in ihrer Praxis weiterbilden wollen und sich für eine Förderung interessieren, sind die Kassenärztlichen Vereinigungen. Für die allgemeinmedizinische Weiterbildung gibt es – neben dem monatlichen Gehaltszuschuss für Ärzte in Weiterbildung von 4.800 Euro pro Vollzeitstelle – weitere Zuschüsse, wenn die weiterbildende Praxis in einem unterversorgten Gebiet (500 Euro) oder in einem von Unterversorgung bedrohten Gebiet liegt (250 Euro).
Der Hausärzteverband hat Qualitätskriterien als Hilfe für weiterbildende Praxen definiert. Checkliste und offizielle Selbstverpflichtung gibt es unter hausarzt.link/Px9Nq
Wie läuft die Umsetzung in Ihrer Region?
Lesen Sie dazu auch:
* [“Die Allgemeinmedizin erneuert sich gerade”](/hausarzt/2018/02/22.php)
* [Kommentar: Kompetenzzentren bringen Struktur in die Weiterbildung](/hausarzt/2018/02/23.php)