Häufig suchen Patienten mit "unruhigem Puls" ihren Hausarzt auf. Ein typisches Beispiel ist Herr W. (s. Kasuistik). Bei der Abrechnung sollte man besonders beim Langzeit-EKG aufmerksam sein. Denn hier machen EBM und GOÄ unterschiedliche Vorgaben für den Arzt. Auch bei der INR-Bestimmung lohnt es sich, in der GOÄ genauer hinzuschauen.
EBM
Bei Erstkontakt im Quartal rechnet der Hausarzt die Versichertenpauschale 03000 ab samt der in der Tabelle aufgelisteten Pauschalen, die die Kassenärztliche Vereinigung (KV) automatisch zusetzt. Das Langzeit-EKG kann man mit den GOP 03241 und 03322 abrechnen, wenn man eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) besitzt. Für die Spirometrie zur Ausschlussdiagnostik setzt man die GOP 03330 an.
Die INR-Bestimmung als POCT in der Praxis (Point of Care Test) kann mit der GOP 32026 berechnet werden. Ein weiterer Vorteil: Da das Ergebnis sofort vorliegt, wird der Praxisablauf gestrafft. Nachdem das Langzeit-EKG vorliegt, bespricht der Hausarzt Diagnose und Prozedere mit Herrn W. – für die 25 Minuten kann er zweimal die Nr. 03230 ansetzen.
GOÄ
In der GOÄ werden Beratung und Ganzkörperuntersuchung mit den Nrn. 1 und 8 abgerechnet. Zusätzlich kann der Hausarzt ein Ruhe-EKG (651) und die Spirometrie (605, 605a) beim Erstkontakt in Rechnung stellen. Die erste Heparininjektion erfolgt noch in der Praxis (Nr. 252), nachdem mit einer POCT-Messung die INR bestimmt wurde (Nrn. 250, 3530). Übrigens: Bei Analyse in der Praxis erbringt die INR-Bestimmung (Nr. 3530) das Zweieinhalbfache an Honorar als bei Analyse über das Labor (Nr. 3605).
Das Patientengespräch am Folgetag kann der Arzt mit der Nr. 34 abrechnen, zusätzlich zu einer erneuten Untersuchung der Thoraxorgane (Nr. 7).
HZV
Einfacher gestaltet sich die Abrechnung, wenn Herr W. an einem Hausarztvertrag (HZV) teilnimmt.Aufgrund der Vielfalt der HZV-Verträge wird exemplarisch der bundesweite TK-Vertrag genannt: Dabei kann man die kontaktabhängige Pauschale P2 abrechnen sowie die Pauschale P3, soweit eine entsprechende Diagnose vorliegt. Die hier infrage kommenden Laboranalysen sowie das Langzeit-EKG sind durch die Pauschale abgegolten, ebenso das ärztliche Gespräch.
Schwerpunkt: Langzeit-EKG
Während Hausärzte im EBM eine besondere Genehmigung der KV brauchen, um ein Langzeit-EKG abzurechnen, ist dies bei der GOÄ nicht erforderlich. Für die KV-Genehmigung braucht man nicht nur entsprechende Kenntnisse der Elektrokardiografie mit Fokus auf Rhythmusstörungen. Darüber hinaus muss man nachweisen, dass man mindestens 100 kontinuierlich aufgezeichnete Langzeit-EKG-Untersuchungen selbstständig ausgeführt, ausgewertet und beurteilt hat. In beiden Gebührenordnungen beträgt die Mindestaufzeichnungsdauer 18 Stunden.
Im EBM gibt es eine Position für das Anlegen des Langzeit-EKG (GOP 03322) und eine für die Auswertung (GOP 03241). Besitzt der Hausarzt keine Auswerteeinheit, kann er die Auswertung auch mit einer Überweisung an einen Kardiologen schicken.
Die GOÄ fasst beide Leistungen in der Nr. 659 zusammen. Bei fehlender Auswerteeinheit muss der Hausarzt die Auswertung privat bei einem Kardiologen einkaufen (Regelung im Innenverhältnis) und darf diese Leistung dann komplett dem Patienten in Rechnung stellen; eine eigene Rechnung durch den auswertenden Kollegen ist nicht möglich.
Kasuistik
Anamnese: Seit einigen Wochen spürt der 66jährige Vorruheständler Herr W., dass sein Herz zeitweise für wenige Minuten unruhig schlägt. Bei Belastung bekommt er nur schwer Luft. Als eine solche Attacke jetzt eine Stunde anhält, sucht er seinen Hausarzt auf. Keine Dauermedikation. Nikotin: Seit zehn Jahren Nichtraucher, davor 30 py. Alkohol: täglich eine Flasche Bier. Früherer Beruf: Beamter bei Schreibtischtätigkeit ohne Publikumsverkehr.
Befund: 66 Jahre alter Mann in gutem AEZ. Haut und sichtbare Schleimhäute ausreichend durchblutet, keine Zyanose, keine Dyspnoe. Herz und Lunge klinisch unauffällig. RR 140/75 mmHg, HF zum Untersuchungszeitpunkt 76/min, rhythmisch. Keine Struma. Keine kardiopulmonalen Insuffizienzzeichen. EKG (15 Minuten nach klinischer Untersuchung): reines VF, Ventrikelfrequenz um 60-70/min.
Langzeit-EKG: Über 23 Stunden häufiger Wechsel zwischen SR (ca. 30 Prozent) und VF (ca. 70 Prozent), Frequenz durchgehend im normalen Bereich, vereinzelt monomorphe VES (67/23 Std.). Labor o.B., keine Elektrolytstörungen oder SD-Funktionsstörungen. Keine laborchemisch erfassbaren Risikofaktoren.
Diagnose: Aufgrund der Vorgeschichte und der Untersuchungsbefunde handelt es sich bei Herrn W. um ein periodisches Vorhofflimmern. Auskultatorisch besteht kein Hinweis auf ein Vitium cordis, anamnestisch keine Angina-pectoris-Symptomatik.
Therapie: Der Hausarzt injiziert subkutan Heparin und plant eine Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten, weshalb er beim Erstkontakt schon den INR-Quotienten in der Praxis bestimmt. Ein kardiologisches Konsil schließt ein Klappenvitium sowie eine signifikante KHK aus.
Quelle:
hausarzt.link/f8zTh (EBM);
hausarzt.link/eNZRR (GOÄ);
hausarzt.link/01BC2 (HZV)