Neurodermitis-Alltag
Menschen mit Atopischer Dermatitis (AD, Neurodermitis) müssen nicht auf die tägliche Dusche oder das tägliche Bad verzichten. Tägliches Baden oder Duschen verschlimmert den Hautzustand und die Ekzeme nach einer Metaanalyse von 13 prospektiven, kontrollierten Studien nicht, teilweise scheint die Haut sogar davon zu profitieren.
“Sie sollen nur hinterher ihre Haut rückfetten”, sagte Prof. Werfel, Erstautor der Leitlinie zur AD, bei der diesjährigen Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie (FOBI).
Bei akuten Verschlechterungen einer AD sollte auch an den Einfluss von Aeroallergenen auf die Ekzeme gedacht werden, wenn eine entsprechende Sensibilisierung vorliegt. Wenn anamnestisch ein Zusammenhang mit Aeroallergenen und Hautexazerbationen wahrscheinlich ist, sollte man den Patienten empfehlen, den Kontakt zu Aeroallergenen so weit wie möglich zu reduzieren. Werfel nannte als Beispiel Encasings bei einer Hausstaubmilbenallergie.
Bei Graspollenallergie empfahl er, die Kleidung abends vor dem Schlafzimmer aufzuhängen, die Haare vor dem Schlafengehen zu waschen und Pollengitter an den Fenstern anzubringen. Die grundsätzlich empfohlene tägliche Basispflege kann auch auf die Aeroallergen-getriggerten Ekzemexazerbationen günstig einwirken, ergänzte er.
Bei therapierefraktären Ekzemen sollte je nach Lokalisation auch an eine gleichzeitig bestehende Kontaktallergie gedacht werden. Bei Nickelallergie sind Ekzeme am Bauch in Höhe des Hosenknopfs typisch, bei Textilfarbenallergie sind Kontaktekzeme häufig in Beugen und intertriginös zu finden – da wo es feucht und warm ist. Bei anamnestischem oder klinischem Verdacht sollte eine Kontaktallergie durch Epikutantestung bestätigt werden.
Zwanghaftes Hautgezupfe
Skin Picking ist häufiger als gedacht. Eine repräsentative Stichprobe zu Hautproblemen in Deutschland ergab eine milde Form bei 11,7 Prozent der Befragten, moderat betroffen waren 3,4 Prozent, schwer oder sehr schwer 1,9 Prozent, berichtete Prof. Dr. Uwe Gieler, Gießen.
Da die Hautsymptome meist sichtbar sind, kann das Problem in einem empathischen Gespräch angesprochen werden, riet er. Häufig haben die Betroffenen schon selbst versucht, das Verhalten abzustellen, und öffnen sich für Unterstützungsangebote.
In vier Schritten kann die Habit Reversal Technik auf eine Verhaltensänderung hinwirken: Der erste Termin dreht sich um die Wahrnehmung des eigenen Skin-Picking-Verhaltens. Die Patienten sollen ein Tagebuch führen und einer nahestehenden Person erlauben, auf das zwanghafte Verhalten hinzuweisen.
Als Hilfestellung im Alltag heißt es: Cremen statt kratzen, beispielsweise mit einer antiseptischen Creme. Der zweite Termin zielt darauf ab, Selbstvorwürfe, Selbstekel und Scham abzustellen. Als praktische Unterstützung beim Auftreten des Skin-Picking-Verhaltens werden Coolpacks empfohlen.
Im dritten Schritt lernen die Betroffenen, dass man neues Verhalten einüben und automatisieren kann, ähnlich wie beim Autofahren. Als zusätzliches Hilfsmittel wird ein Igelball angeboten. Beim vierten Termin sollen die Betroffenen realistische kleine Etappenziele definieren und sich selbst eine Belohnung in Aussicht stellen, wenn sie diese Ziele erreichen.
Nach einer Studie mit 34 Betroffenen kann sich nach vier Sitzungen mit dieser Technik der Schweregrad des Skin Picking im Vergleich zu einer Warteliste-Kontrollgruppe deutlich verbessern. Die Betroffenen waren anschließend auch weniger psychosozial belastet und gaben weniger dysfunktionale Gedanken an. Die Effektstärken für die Endpunkte waren groß, betonte Prof. Gieler, sagte aber auch, man müsse die Patienten dazu regelmäßig sehen – idealerweise häufiger als einmal im Quartal.
Schön durch Rotlicht?
Im Internet wird Rotlicht als Mittel gegen Falten angepriesen. Durch die Absorption des roten Lichts in der Haut sollen die mitochondriale ATP-Produktion und die Signalaktivität angeregt, die Synthese von Wachstumsfaktoren angekurbelt und oxidativer Stress vermindert werden.
Die Werbeversprechen sind wissenschaftlich wenig belegt, monierte Dr. Jérôme Srour, München. Er fand nur eine Studie, in der 20 Frauen zur Behandlung von Krähenfüßen drei Monate lang zweimal pro Woche über zwölf Minuten eine Maske mit kaltem Rotlicht (630 ± 10 nm, 15,6 J/cm2) anwendeten.
Nach drei Monaten ergaben Messungen tatsächlich eine geringere Tiefe der Krähenfüße und eine verbesserte Hautfestigkeit und Hautelastizität. Für eine evidenzbasierte Empfehlung reicht das aber nicht.
Reicht eine HPV-Impfung?
WHO und EU-Kommission haben als Ziel definiert, dass ≥ 90 Prozent der Mädchen und deutlich mehr Jungen als bisher gegen das Humane Papillomvirus (HPV) geimpft werden. In Deutschland waren 2020 erst 51,0 Prozent der 15-jährigen Mädchen vollständig geimpft, die Impfquote bei den Jungen lag 2021 bei 26,5 Prozent.
Nach der Pandemie ist zudem eine Impfmüdigkeit spürbar, meinte Prof. Dr. Alexander Kreuter, Oberhausen. Die WHO stellte fest, dass schon eine HPV-Impfung vor HPV-assoziierten Karzinomen schützt. In vielen Ländern stellt das bereits die offizielle Impfempfehlung dar. In Deutschland wird noch eine Impfserie von zwei bzw. drei Impfungen gefordert.
Benzol-Risiko in Aknecremes
In den USA haben in einem Labortest 94 von 99 Topika mit Benzoylperoxid (BPO) den Benzol-Grenzwert von 2 ppm bei Zimmertemperatur überschritten. Nach Lagerung bei höheren Temperaturen über 18 Tage fanden sich teilweise Überschreitungen um mehr als das 800-Fache, berichtete Prof. Dr. Martin Schaller, Tübingen.
Ursache sind nicht Verunreinigungen, sondern Benzol als ein BPO-Abbauprodukt. Dermatologische Fachgesellschaften empfehlen, BPO-haltige Aknetopika im Kühlschrank oder zumindest bei einer Temperatur von unter 25 Grad Celsius zu lagern, eine Packung nicht länger als drei Monate zu verwenden und sie nicht der Wärme oder UV-Strahlung auszusetzen.
Instant-Braun
Eine braune Hautfarbe lässt sich auch von innen heraus erzeugen. Melanotan II ist zwar nicht zugelassen, angewendet wird die “Barbie- und Ken-Droge” dennoch seit Jahren, berichtete Prof. Dr. Christiane Bayerl, Wiesbaden. Entsprechende Präparate wie Injektionslösungen oder Nasensprays sind frei im Internet erhältlich.
Melanotan II ist eine synthetische Substanz mit ähnlichen Wirkungen wie das natürlich α-Melanozyten-stimulierende Hormon. Als unerwünschte Nebenwirkung wird eine Vermehrung von Muttermalen und Sommersprossen berichtet. Es gibt aber auch Fallberichte von Melanoma in situ und Melanomen im Zusammenhang mit einer Melanotan-Anwendung.