Im aktuellen Fehlerbericht (s. Box oben) zeigt sich ein Szenario, an dem wir einige Punkte zum Thema Risiko- und Sicherheitskultur in der Hausarztpraxis illustrieren möchten. Denken Sie an Ihre Famulaturen zurück: Haben Sie Kritik geäußert? Wie reagieren Sie auf (studentische oder nichtstudentische) Kritik in Ihrer Praxis?
Unabhängig davon, wie Ihre Antworten auf diese Fragen ausfallen, hängt Ihr Verhalten wahrscheinlich auch von dem Umfeld ab, in dem Sie arbeiten. Ein fester Rahmen für Feedback kann beispielsweise helfen, Hemmungen abzubauen.
Für die Patientensicherheit ist es wünschenswert, dass sich alle Mitarbeitenden ermutigt fühlen, Kritik in einem respektvollen, vertrauensvollen Rahmen zu äußern. Denn davon profitieren letztlich auch die Praxis und die Patientinnen und Patienten.
Was bringen Teamsitzungen?
Vier gute Gründe für Teamsitzungen zur Verbesserung der Risiko- und Sicherheitskultur in Ihrer Praxis finden Sie hier:
1. Teamsitzungen können Klarheit schaffen
Gut vorbereitet und durchdacht können Teamsitzungen Klarheit schaffen, indem alle Teammitglieder auf einen Stand gebracht werden. Hierbei können Verbesserungspotenziale erörtert werden. Mindestens genauso wichtig ist das Betonen von Abläufen, die bereits gut funktionieren. Wer versteht, warum er etwas tut, und auch selbst von der Sinnhaftigkeit überzeugt ist, wird langfristig motivierter bleiben und so mehr zu einer sicheren Patientenversorgung beitragen können.
2. Teamsitzungen können Kräfte bündeln
In der Praxis arbeitet man selten ganz allein. Teamsitzungen können helfen, das Potenzial der Mitglieder des Praxisteams zu erkennen. Die Einbeziehung der Potenziale aller Teammitglieder kann nicht nur die Ärztinnen und Ärzte entlasten, sondern auch ein motivierendes Klima für alle in der Praxis fördern.
3. Teamsitzungen können motivieren
Wer sich gebraucht fühlt, ist in der Regel motivierter. Dieses Gefühl kann bei gut geführten Teamsitzungen entstehen, wenn Teammitglieder auf Augenhöhe angeregt werden, ihre Gedanken zu Abläufen in der Praxis zu teilen. Hierbei ist es wichtig, auf die Regeln guten Feedbacks zu achten.
4. Teamsitzungen können helfen, den Zusammenhalt zu stärken
Hilfreich ist das bewusste Formulieren von gemeinsamen Zielen. Denn sind die Ziele gemeinsam formuliert und entsprechen sie den Vorstellungen der Teammitglieder, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie motiviert verfolgt werden.
Engagement der Führung nötig
Patientensicherheit sollte Führungsaufgabe sein – vor allem in der Hausarztpraxis. Der Impuls kann durchaus auch von engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommen, allerdings ist für die nachhaltige Etablierung einer Sicherheitskultur auch das Engagement der Führung unerlässlich.
Wenn Sie an einer schnellen Selbsteinschätzung zu den Themen Patientensicherheit und Qualitätsmanagement interessiert sind, empfehlen wir die Durchführung des Praxischecks der KBV; ebenfalls empfehlenswert sind die frei zugänglichen Arbeitsmaterialien des Aktionsbündnis Patientensicherheit zu Fehlermanagement in der Teamsitzung (s. Link-Tipps unten).
Klimawandel bedenken
Neben den Aspekten der Risiko- und Sicherheitskultur zeigt der Fall auch den Zusammenhang zwischen Patientensicherheit und Klimawandel auf. Gerade im Hinblick auf das vermehrte Auftreten von Lungenerkrankungen durch den Klimawandel ist eine korrekte Diagnostik und adäquate Therapie relevant.
Die Lunge ist eines der von klimatischen Veränderungen am stärksten betroffenen Organe. Durch Hitzeperioden, Schadstoffbelastung und veränderte Allergenexposition nehmen sowohl Prävalenz als auch Exazerbation verschiedener Lungenkrankheiten stetig zu. So haben etwa allergische Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten weltweit zugenommen, insbesondere durch die veränderte Exposition zu Aeroallergenen.
Unter anderem wegen einer verlängerten Pollenflugsaison, eines Anstiegs der Pollenkonzentration, der Verschiebung der Vegetationszonen und der Einwanderung von Neophyten leiden immer mehr (vor allem junge) Patientinnen und Patienten an allergischem Asthma bronchiale. Die Zunahme an Extremwetterperioden mit überdurchschnittlich heißen Tagen führt zudem zu einer vermehrten Exazerbation verschiedener chronischer Lungenkrankheiten (zum Beispiel COPD) durch Hitzestress.
Eine qualitativ hochwertige Basisdiagnostik von pulmonalen Erkrankungen wird in der hausärztlichen Versorgung demzufolge immer relevanter. Zum anderen verursacht der Gesundheitssektor in Deutschland circa fünf Prozent aller Treibhausgasemissionen.
Ein bewusster und ressourcenschonender Umgang mit Medikamenten ist hier von großer Bedeutung. Eine nicht indizierte Verordnung von Medikamenten wie in diesem Fehlerbericht sollte wenn möglich durch sorgfältige Diagnostik vermieden werden.
Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.