Essen. Digital oder analog? Das ist mit Blick auf den Abstimmungsmarathon des 127. Deutschen Ärztetags am Freitagmorgen (19. Mai) einmal mehr die Frage gewesen. Einen Antrag, die bisherige Online-Abstimmung gerade bei Beschlüssen mit absehbarer großer Mehrheit doch wieder durch die analoge Wahl per gelbem Kärtchen zu ersetzen, lehnten die Delegierten mit knapper Mehrheit ab: 94 sprachen sich dafür aus, grundsätzlich bei der Online-Abstimmung zu bleiben, 74 hätten diese lieber nur in Fällen eingesetzt, in denen das Wahlergebnis knapp ist.
Zur Erinnerung: Der Deutsche Ärztetag stimmt in diesem Jahr erstmals online über die Anträge ab. In der Regel hatten die Abgeordneten dafür ein 30-sekündiges Zeitfenster. Gerade bei Beschlüssen mit eindeutiger Mehrheit oder gar Einstimmigkeit kann dies jedoch dazu führen, dass bereits nach zehn Sekunden das Ergebnis ersichtlich ist und 20 Sekunden “Wartezeit” entstehen.
Welches Prozedere ist schneller?
Aus diesem Grund hatte eine Delegierte angeregt, ob die Abstimmung per gelbem Kärtchen und Augenmaß nicht deutlich schneller wäre. In einer Gegenrede wurde jedoch gegengerechnet, dass eine grundsätzliche Abstimmung per Kärtchen, die nur in knappen Fällen durch Online-Abstimmung ergänzt würde, in Summe deutlich mehr Zeit benötige. Dieser Argumentation folgte schließlich die Mehrheit.
In der Tat hatte es in den vergangenen Tagen zwar den ein oder anderen technischen Ruckler gegeben, auf den sich hier bezogen wurde – in Summe waren die Online-Abstimmungen jedoch mit nur wenigen Problemen über die Bühne gegangen.
Gerade jüngere Delegierte haben gegenüber “Der Hausarzt” betont, dass digitalere Prozesse, beispielsweise die Online-Abstimmung oder perspektivisch auch die Online-Wahl, die in diesem Jahr jedoch abgelehnt wurde, als wichtiger Schritt für eine Zukunftsfähigkeit des Deutschen Ärztetags zu sehen sind.
Hausärzte: Reform des Ärztetags nötig
Auch Prof. Nicola Buhliner-Göpfarth, erste stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, hatte angemahnt, dass sich der Ärztetag reformieren müsse. „Es braucht eine deutlich fokussiertere Auseinandersetzung mit den drängenden Themen – auch, um sicherzustellen, dass klare Botschaften in Richtung Politik und Öffentlichkeit gesendet werden”, sieht sie eine Notwendigkeit.
Am Freitag hingegen stand in Essen “business as usual” auf der Tagesordnung: Rund 200 Anträge galt es abzustimmen.
Spontan stimmten die Delegierten daher einem Antrag zu, das Zeitfenster für die Online-Abstimmungen von 30 Sekunden auf 15 Sekunden zu reduzieren – in reiner Abstimmungszeit eine Zeitersparnis von 50 Minuten.